Lili Vogel ist mit ihrem Mann Hugo seit rund 20 Jahren verheiratet. Beide kennen die Kommunikationsgewohnheiten des anderen durch und durch – und sprechen sie bei Bedarf auch an. Bisweilen ist aber die Erwartungshaltung zwischen Frau und Mann eine andere.

Sec oder soft?

Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Kommunikation bestätigt auch die Berner Kommunikationsexpertin Renata Bürki. Allerdings relativiert sie: «Für mich gibt es nicht eine Frauen- und eine Männersprache an sich, sondern weibliche und männliche Sprachmuster.» Es gibt Frauen, die sehr männlich kommunizieren, und Männer, die sich weiblicher Sprachmusterbedienen. Aber nach wie vor setzen mehr Männer männliche Sprachmuster ein, reden sec und klar, während Frauen überwiegend beziehungsorientierte Sprachmuster anwenden. Männer kommen tendenziell schneller auf den Punkt. Frauen verpacken ihre Aussagen gern in eine moderate, bittende Form. Dass man einander dabei nicht immer versteht, scheint logisch. Frauen können den männlichen Stil eher als übergriffig erleben. Männer hingegen fragen sich: «Wann sagt sie endlich, was sie will?»

Gene versus Imitation

Ob solche Sprachmuster genetischer Natur oder erworben sind, darüber scheiden sich die wissenschaftlichen Meinungen. Die These «angeboren» stützt sich auf die unterschiedlichen Rollen unserer Vorfahren und Vorfahrinnen, als sie noch Jäger und Sammlerinnen waren. Auf der Pirsch durfte um des Erfolges willen nur kurz und klar kommuniziert werden. Anders im Lager unter Frauen, Kindern und alten Leuten. Hier konnte und musste das Leben in der Gruppe differenziert besprochen werden. Für Renata Bürki ist aber vor allem das Nachahmen der Erwachsenen im Kleinkinderalter dafür verantwortlich, dass sich geschlechterspezifische Muster halten.

Lachen entschärft

Kommunikation ist allerdings vielschichtiger. Auch die Kultur beeinflusst das gegenseitige Verstehen. Und nicht immer wertet beispielsweise der Empfänger den Inhalt einer Botschaft gleich wie der Sprechende. «Doch Männer und Frauen lernen mit der Zeit, wie sie im Alltag miteinander umgehen können. Wenn aber Konflikte auftreten, wird es schwieriger», erklärt die Expertin. Männer ziehen sich im Konflikt eher zurück, suchen eine Lösung, präsentieren diese – und damit ist für sie die Sache abgeschlossen. Frauen möchten lieber darüber reden. So wird die Situation für sie transparent und eine Lösung zeichnet sich ab. In solchen Momenten braucht es einen hohen Reflexionsgrad und eine sehr differenzierte Wahrnehmung, um immer wieder über die eigenen Muster lachen zu können.

Dritte können helfen

In manchen Beziehungen ist Lachen aber irgendwann nicht mehr möglich. Zu viele Kränkungen haben sich durch Missverständnisse ergeben. Dann wäre es sinnvoll, eine neutrale Drittperson als Mediator beizuziehen. In der Landwirtschaft liege die Schwelle aber eher hoch, bei Beziehungs- und Kommunikationsthemen Unterstützung zu suchen, hat Renata Bürki die Erfahrung gemacht. «Oft ist dann der ‹Verletzungspott› bereits gut gefüllt», schildert sie. «Und ab einer gewissen Menge Verletzungen ist der Weg zurück sehr steil.» Die Kommunikation ist in bäuerlichen Beziehungen nicht schlechter als in anderen. Aber wenn man tagtäglich zusammenarbeitet und auch das restliche Leben gemeinsam verbringt, ergeben sich viel mehr Reibungsflächen. Es lohnt sich, sensibel zu sein.

Sanna Bührer Winiger

Die Autorin ist Mitglied der Redaktionskommission des Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverbandes SBLV

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