Anfang Jahr machte die Aufgabe mehrerer Chabis-Produzenten im Berner Gürbetal Schlagzeilen. Etwas anders sieht die Situation im Berner Seeland aus. Nach einem schwierigen Sommer startet nun die neue Sauerkraut-Saison, wie die Dreyer AG mitteilt.
Produzentenpreise erhöht
«Unsere bestehenden Produzenten haben wir behalten können», sagt David Dreyer von der Dreyer AG auf Anfrage der BauernZeitung. Wegen gestiegener Kosten zahle man ihnen heuer zwei Franken mehr als 2022, als der Produzentenpreis ebenfalls bereits angehoben worden war. «Wie weit wir künftig mit den Preisen entgegenkommen können, müssen wir noch schauen.» Denn weder bei den Energiepreisen habe es eine Entspannung gegeben, noch sei das Verpackungsmaterial wieder günstiger geworden. Der Blick in den Nahen Osten verheisse mitunter auch energiepolitisch nichts Gutes, ergänzt der Unternehmer.
Ertragsausfälle im September
David Dreyer schätzt sich aber glücklich, ausreichend Kabis in genügender Qualität in der Region beziehen zu können. «Bei 30 Grad stellt die Pflanze ihr Wachstum ein», schildert er. Der Anbau erfolgt mit verschiedenen Sorten gestaffelt, damit auch Stück für Stück die Felder geerntet und die Chabisköpfe direkt verarbeitet werden können. Am meisten gelitten habe der Kabis in der zweiten Hitzewelle im September, was teilweise zu Ertragsausfällen führte. Die Köpfe liegen nun bereits zerkleinert in den Gärtöpfen. «Es ist ein Spagat, immer genug Ware zu haben, die Staffelungen den Böden der Produzenten anzupassen und gleichzeitig die immer extremeren Wetterbedingungen zu berücksichtigen. Man kann den Produzenten nicht das volle Anbaurisiko aufzubürden», ist sich Dreyer bewusst. Auf der anderen Seite liess die anhaltende Wärme die für eine spätere Ernte eingeplanten Kabisflächen schneller reifen, was nun zu Herausforderung für die rollende Verarbeitung wird.
Maschinell geernteter Kabis
Für die Dreyer AG erntet man den Kabis maschinell, die Handarbeit beschränkt sich auf ein letztes Rüsten in der Verarbeitung. Für die Landwirte ist das eine grosse Entlastung. «Wenn noch alles von Hand zu ernten wäre, würden wir wohl viele der Produzenten verlieren oder mit deutlich mehr, aber kleineren Produzenten zusammenarbeiten», denkt David Dreyer. Der Nachteil ist aber, dass der maschinell geerntete Kabis nicht lagerbar ist. Er kommt mit gewissen Schäden vom Feld und muss entsprechend unmittelbar verarbeitet werden. Der Einzugsradius von 15 km um die Dreyer-Fabrik ist da ein entscheidender Vorteil, besonders bei Wetterbedingungen wie in diesem Jahr.
Warten geht nicht
Aufgrund der Schäden durch die maschinelle Ernte ist es Dreyer aber nicht möglich, mit der Sauerkraut-Produktion auf bessere Absatzzahlen zu warten. Wenn sich in einem Herbst wie diesem das kühlere Wetter einfach nicht einstellen will und die Lust auf Sauerkraut damit ausbleibt, wird es schwierig.
«Zum Teil lagern andere Verarbeiter handgeernteten Chabis schon», sagt David Dreyer. Vielleicht werde das für seine Firma auch einmal ein Thema. Die Lagerhaltung sei aber teuer und ausserdem in dieser Jahreszeit im Seeland nicht leicht, da die Hallen jeweils mit Gemüse gut gefüllt sind.
Bewässerung ist ein Muss
Wasser ist neben Schädlingen wie der Kohlfliege und Thripse im Gemüsebau des Berner Seelands ein Dauerthema. Diesen Sommer haben gemäss David Dreyer viele Kabis-Produzenten Wasser aus der Aare bzw. dem Broye-Kanal nutzen können. Von regional geltenden Einschränkungen der Wassernutzung seien diese Landwirte noch nicht betroffen gewesen. Leitungswasser zum Bewässern wäre in diesen Mengen kaum bezahlbar. «Aber in einem Sommer wie diesem gibt es ohne Bewässerung einen Totalausfall», so David Dreyer.
Maximale Arbeitszeiten für Angestellte machten es den Landwirten ausserdem schwer, alle Arbeiten termingerecht zu erledigen. Hinzukommen wegfallende Wirkstoffe für den Pflanzenschutz. Damit produziere man im ganzen Gemüsebau bergeweise Food Waste, während mit immer weniger Landwirten auf immer weniger Fläche eine wachsende Bevölkerung zu versorgen wäre, kritisiert der Unternehmer. «Der Gipfel ist dann, dass Importe mit genau diesen Pflanzenschutzmitteln behandelt wurden.»
Nicht zu viel Billig-Konkurrenz
«Wir bräuchten mal wieder ein gutes Jahr», hält David Dreyer fest. 2021 gab es im Seeland grosse Hagelschäden, 2022 und 2023 waren von Hitzesommern geprägt. Trotz allem schätzt Dreyer die Lage nicht als zappenduster ein. «Der Absatz ist zwar unter dem Rekord-Niveau der Corona-Pandemie, aber höher als vor ihr und der Trend zum Fermentieren ist da», erklärt er. Ausserdem sei der Sauerkraut-Markt nicht von ausländischer Billig-Konkurrenz überschwemmt und man könne sich mit der Regionalität alleinstellen. Auch wenn es David Dreyer ein Rätsel ist, wie die tiefen Preise der Importware überhaupt möglich sind. «Die Endverkaufspreise in Deutschland decken bei uns nicht einmal die Kosten für Rohware, Verpackungsmaterial, Energie und Transport», erklärt er.
Ein neues Verkaufsargument
Angesichts der Teuerung kommt neben der schnellen Zubereitung und der gesunden Inhaltsstoffe ein weiteres Verkaufsargument hinzu: «Sauerkraut ist günstig, aber sättigend und gibt auch ohne Fleisch eine gute Mahlzeit», sagt David Dreyer. In einer Krise steige tendenziell der Konsum von Sauerkraut.