«Wir bauen dein Getreide an», so lautet der Slogan von Bioagrikultur Strauss aus dem zürcherischen Rickenbach. So persönlich wie es tönt, ist es auch gemeint: Das Betriebsleiterpaar Pascale und Jürg Strauss bietet seiner Kundschaft ein individualisiertes Getreide-Abo an. Darauf gekommen sind die beiden vor rund drei Jahren, als sie eine neue Möglichkeit zur Direktvermarktung suchten.
Zuerst die Bestellungen, dann die Planung
«Auf diese Weise lässt sich Überproduktion und Food Waste reduzieren, indem die Konsumenten zuerst überlegen, was sie brauchen, und wir als Produzenten entsprechend planen können», erläutert Pascale Strauss die Motivation dazu. Die Geschäftsidee blieb nicht ungehört in der Branche, das Landwirtepaar gewann dafür im vergangenen November den Grand Prix Bio Suisse.
Das Getreide-Abo funktioniert so: Anfang Jahr können die Kund(innen) ihre Bestellung aufgeben. Im Angebot sind verschiedenste Getreideprodukte wie Körner und Mehl von Dinkel, Weizen, Hafer und Buchweizen. Dazu kommen Flocken, Sonnenblumenkerne, Linsen und verarbeitete Produkte wie Teigwaren. Spitzenreiter bei der Nachfrage sind die Haferflocken. Die bestellten Mengen werden je nach Wunsch ein- bis viermal pro Jahr direkt nach Hause geliefert. Wer möchte, kann sie auch selbst abholen.
Eine bunte gemischte Kundschaft
Die Umsetzung der Idee geht nun ins dritte Jahr, zum Kundenstamm gehören inzwischen rund 50 Abonnentinnen und Abonnenten. Woher so viele in nur zwei Jahren? «In der Startphase erschien ein Bericht über uns in der regionalen Zeitung, das hat uns viele Anmeldungen eingebracht», erzählt Jürg Strauss.
Ein Grossteil der Abonnent(innen) kommt aus der Stadt Winterthur, zunehmend zeigen jedoch auch Leute aus der ländlichen Umgebung Interesse. Die Kundschaft ist bunt gemischt, sie besteht aus Studenten-WGs, Familien wie auch Einzelpersonen. Ganz unterschiedlich sind auch die bestellten Mengen, das Spektrum pro Lieferung reicht von wenigen Kilopackungen Mehl bis zu 25 Kilogramm-Säcken. Um Plastik zu vermeiden, wird das Getreide in Papiersäcke verpackt, die Sonnenblumenkerne in Weck-Gläser.
Die Logistik ist anspruchsvoll
«Die Idee mag zwar einfach tönen, es steckt jedoch viel Arbeit dahinter», sagt Pascale Strauss, die zudem Teilzeit als Regionalleiterin bei der Kontrollstelle Bioinspecta tätig ist. Sie nennt ein Beispiel: Weil die Abos mit unterschiedlichen Produkten, Mengen und Liefermodalitäten in hohem Mass individualisierbar sind, werde es logistisch anspruchsvoll. Es gebe kein Computerprogramm, welches eine Patentlösung ausspucke, beispielsweise den idealen Tourenplan. Aus diesem Grund habe der Lieferradius leicht eingegrenzt werden müssen.
Eine andere Herausforderung stellt sich in der Verarbeitung der Ernte. «Unser Ziel ist es, möglichst viel selber zu machen. Etwa das Entspelzen und Reinigen des Hafers mitsamt dem Quetschen zu Flocken», so Jürg Strauss. Dies sei anspruchsvoll, insbesondere, wenn die Qualität stimmen muss und am Schluss möglichst keine Steinchen mit in der Packung sein sollen.
Nicht alle Ideen funktionieren
Einige Verarbeitungsstufen sind dagegen ausgelagert. So werden etwa das Röllen des Dinkels und das Vermahlen des Korns von Mühlen aus der Gegend übernommen. Für die Verarbeitung zu Teigwaren fand sich eine Produktionsstätte im Kanton St. Gallen. «Das ist der weiteste Weg, den unsere Erzeugnisse zurücklegen», sagt Pascale Strauss, die wie ihr Mann Wert auf Regionalität legt.
Familie Strauss wagt es immer wieder, ihren Ideen Raum zu geben und Neues auszuprobieren. So haben sie etwa einen Agroforst angelegt und bauen Nischenkulturen wie Körnerleguminosen an. Letzteres ist nicht immer einfach, wie sie festgestellt haben. Drei Jahre hintereinander bauten sie ein Feld mit Weissen Lupinen an. Doch jedes Mal lag der Alkaloidgehalt über dem tolerierten Wert, die Verwendung als Lebensmittel kam nicht in Frage. «Weil nicht immer alles klappt, sind wir froh um unsere bewährten Ackerbaukulturen sowie um den Rebberg und die Hochstammobstanlage, welche bereits seit früheren Generationen zum Betrieb gehören», sagt der Biolandwirt.
Jeden Frühling ein Hofspaziergang
Einmal jährlich im Frühling laden Pascale und Jürg Strauss ihre Getreide-Abonnent(innen) zu einem Hofspaziergang ein. «Dies ist eine schöne Gelegenheit, mit unseren Kunden in persönlichen Austausch zu kommen. Auf der anderen Seite möchten diese gerne wissen, wo ihr Korn wächst.» Die Kommunikation mit der Kundschaft wird auch unter dem Jahr regelmässig gepflegt. So ist in Newslettern zu erfahren, wie weit die verschiedenen Ackerkulturen bereits gediehen sind. Nicht wenige Abonnent(innen) hätten auch schon Interesse bekundet, auf dem Betrieb mitzuhelfen. «Am meisten Hilfe benötigen wir jedoch gar nicht auf dem Acker, sondern bei der Wümmet», verrät Pascale Strauss lachend.
Weitere Informationen: www.getreideabo.ch