Stehendes Wasser in den Fahrgassen und deutlich sichtbare Reifenabdrücke auf dem Feld – in so nassen Jahren wie 2024 bietet sich vielerorts dieses Bild. «Man sieht allerdings, dass pfluglos bearbeitete Böden weniger Schaden genommen haben», bemerkt HAFL-Dozent Bernhard Streit. Wobei die oberflächlichen Spuren oft kosmetisch und bei einer normalen Stoppelbearbeitung nach der Ernte wieder ausgebügelt seien.

Bis 50 cm tief

Es ist allerdings zu unterscheiden zwischen oberflächlichen Verdichtungen und tieferliegenden Problemen. «Der Bodendruck von Mähdreschern mit vollem Tank kann auf nassen Feldern bis etwa auf 50 cm Tiefe wirken», erklärt Bernhard Streit. Entstehen dadurch Verdichtungen, lockert das selbst ein Pflug nicht mehr so einfach. Ausserdem laufe man beim Pflügen Gefahr, in einen Teufelskreis zu geraten: «Kurzzeitig werden Verdichtungen im Oberboden zwar gelöst, aber bei der nächsten Überfahrt unter nassen Bedingungen ist man wieder gleich weit oder verdichtet im ungünstigen Fall ‹dank› Fahrt in der Furche den Boden in noch tieferen Schichten», warnt Streit. Es entstehe eine immer ausgeprägtere Pflugsohle.

Unterschiedliche Bodenbearbeitungstiefen können aber helfen, die Situation zu entschärfen. Empfohlen ist, bei dem in nassen Jahren nur oberflächlich und bei trockeneren Bedingungen tiefer zu bearbeiten. «Für Letzteres muss es aber wirklich trocken sein, sonst entstehen Schmierschichten», ergänzt Streit.

Symptom der Instabilität

Eine genauere Beurteilung einer möglichen Verdichtung als der Blick aufs Feld verspricht die Spatenprobe (siehe Kasten). Auch nachträglich lässt sich zudem mit der Webseite Terranimo nachvollziehen, wie gross das Risiko einer Verdichtung bei den letzten Überfahrten oder der Ernte war. Bernhard Streit bezeichnet Verdichtung primär als Symptom einer instabilen Bodenstruktur. Um sie zu verbessern, helfen möglichst durchgehende Bedeckung und möglichst wenig Bearbeitung des Bodens. Eine Untergrundlockerung sei Ultima Ratio, betont Streit.

Gerätschaften für eine solche tiefe Bodenlockerung gibt es in den verschiedensten Ausführungen, vom Grubber mit Flügelscharen für Arbeitstiefen bis 30 cm bis zum Parapflug, bei dem die Scharspitzen seitlich abgewinkelt sind und somit nicht wendend bearbeiten. Wird nur gelockert – nicht gemischt – empfiehlt Bernhard Streit, einen Ackerboden anschliessend zwei bis drei Monate ruhen zu lassen und nicht zu befahren. «Das heisst, es muss vor der Tiefenlockerung eine Folgekultur gesät werden», gibt er zu bedenken. Ideal wären demnach eine Gründüngung oder eine Kunstwiese. Sobald diese Bestände 5 - 10 Zentimeter hoch stehen, könne die nichtwendende Untergrundlockerung erfolgen. «Das sieht dann nicht so schön aus», ist sich der Dozent bewusst. Vor die Lockerungs-Scharen montierte Scheiben sorgten dafür, dass das Gerät trotz Pflanzenmaterial auf der Fläche nicht verstopft.

Kalken heuer besonders wichtig

[IMG 2]Kalk gilt als wichtig für die Bodengesundheit, denn er unterstützt die Krümelbildung, verbessert die Nährstoffverfügbarkeit und fördert das Bodenleben. Ausserdem kann damit der Verschlämmung entgegengewirkt werden, da Regenwasser in krümeligen Böden schneller abfliesst (keine undurchlässige Kruste auf der Oberfläche). Weil Kalk gut wasserlöslich ist, sind die Kalkverluste aus landwirtschaftlichen Böden bei grossen Niederschlagsmengen erhöht. Daher macht es heuer umso mehr Sinn, den pH-Wert (oder die Basensättigung) des Bodens zurate zu ziehen, um die Kalkversorgung abzuschätzen. Optimal versorgte Ackerböden sollten einen pH-Wert zwischen 6,5 bis 7,2 aufweisen. Landor bietet einen Kalkrechner an, mit dem sich die benötigte Menge je nach Bewirtschaftung, Bodentyp und pH-Wert für die diversen Kalkprodukte kalkulieren lässt.

Kalkrechner: www.landor.ch/dienstleistungen/kalkrechner

Wurzeln als Armierungseisen

«Die Wurzeln der Gründüngung oder Kunstwiese stabilisieren den gelockerten Boden», fährt Bernhard Streit fort. Sie wirkten wie Armierungseisen im Beton und verhinderten – zusammen mit dem langen Verzicht auf Überfahrten nach einer Tiefenlockerung – Strassenbauverhältnisse auf dem Acker. Denn beim Bau von Verkehrswegen werde genau dieses Prinzip angewandt, erinnert Streit: «Zuerst lockern, dann verdichten». Daher rät er klar davon ab, auf einer tiefgelockerten Fläche mit einer Kreiseleggen-Kombination anzusäen.

Besser als auf offenem Ackerboden findet Bernhard Streit die Tiefenlockerung in einer Kunstwiese. Das sei zwar wegen des Mähens auch nicht besonders praktisch, der Untergrund aber durch die Wurzeln so weit stabilisiert, dass die Zeit bis zum nächsten Schnitt zur Regeneration ausreichen sollte. Das heisst: Wenn lockern, dann direkt nach dem Mähen, damit die Fläche anschliessend möglichst lange unbefahren ruhen kann.

«Fahrspuren von Traktoren auf den Feldern sind optisch nicht schön und zeigen ein Problem im Oberboden», fasst Bernhard Streit zusammen. Das verschwinde aber in der Regel mit dem Anbau der nächsten Kultur.

Gründüngung ist immer gut

In jedem Fall immer gut seien Gründüngen, gerade jetzt nach der Getreideernte. Die richtige Mischung, die in die Fruchtfolge passt und den Boden rasch bedeckt, schützt ihn vor weiteren Starkniederschlägen oder vor dem Austrocknen – sollte die Trockenheit doch noch kommen. «Für mich gehören Gründüngungen eigentlich schon zur Guten Landwirtschaftlichen Praxis», bemerkt Bernhard Streit.

Verdichtungen erkennen

In den Unterlagen zur Interpretation einer Spatenprobe finden sich Informationen zur Beurteilung verschiedener Formen von Verdichtungen:

[IMG 3]Im Oberboden: Durch schwere Maschinen oder Befahren bei zu nassem Boden. Zeigt sich etwa durch stehendes Wasser, kleine und gelbe Pflanzen oder nicht abgebaute Ernterückstände im Oberboden. Auflösung der Verdichtung durch schonende Bearbeitung und intensive Durchwurzelung unterstützen.

Im Unterboden: Entsteht häufig durch Fehleinschätzung der Befahrbarkeit (tiefere Schichten sind nasser als obere). Beim Graben der Spatenprobe sind Verdichtungen im Unterboden spürbar, ab etwa 20 cm wird die Entnahme schwieriger. Es fallen grosse, kantige und harte Aggregate mit wenig Poren auf.

Pflugsohle: Bei der Bearbeitung zu nasser Böden durch Verschmieren. Entstehe häufig, wenn der Boden oberflächlich schneller abtrocknet, weiter unten aber noch zu nass ist. Erkennbar durch sprunghaften Anstieg der Festigkeit beim Stechen einer Spatenprobe.

«Eine mechanische, tiefe Lockerung muss gut bedacht werden», heisst es in dem Merkblatt. Im Idealfall könne sie zwar die Durchwurzelung wieder fördern und die Strukturbildung unterstützen. Unter ungünstigen Bedingungen nehme der nach der Lockerung besonders empfindliche Boden aber Schaden. «Eine tiefwurzelnde und diverse Gründüngung mit Tiefwurzlern wie Daikon-Rettich ist mitunter zu bevorzugen.»
Die eigentliche Wiederherstellung der Struktur müsse ausserdem über biologische und chemische Prozesse in kleinen Schritten erfolgen und benötige daher Zeit.

Unterlagen zur Spatenprobe: www.spatenprobe.ch

Und regenerativ?

«Tiefenlockerung gehört nicht per se zum System Regenerative Landwirtschaft», stellte Berater Simon Jöhr an einem Online-Treffen von Regenerativ Europe klar. Ob eine Tiefenlockerung Sinn mache, hänge stark vom Vorhandensein bzw. dem Zuviel von Nährstoffen im Boden ab. «Phosphor-überdüngte Böden sacken oft zusammen», gab Jöhr ein Beispiel. Für oberflächlich verdichtete Weiden verweist er auf Geräte zur Belüftung (10–15 cm tief). Jöhr empfiehlt, wenn, dann eine Tiefenlockerung im Herbst in einer wachsenden Gründüngung durchzuführen. Der Boden solle nicht zu nass, aber auch nicht zu trocken sein. In jedem Fall sei vorher eine Spatenprobe durchzuführen. Auch, um die Bearbeitungstiefe zu bestimmen.

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