Der Nationalrat sprach sich am Montag mit 117 zu 66 Stimmen und bei 4 Enthaltungen dafür aus, Einzelkulturbeiträge an Bauern und Grenzschutz für Zucker gesetzlich zu verankern. Beide Elemente sind derzeit bis zum kommenden September auf Verordnungsstufe geregelt.
Angestossen hatte die Vorlage der frühere Bauernverbandsdirektor und Nationalrat Jacques Bourgeois (FDP/FR), mit Blick auf Entwicklungen in der EU. Die EU gab 2017 die Produktionsmengen frei und hob Exportbeschränkungen auf. Das brachte den Zuckerpreis in der Schweiz unter Druck und macht den Rübenanbau wirtschaftlich uninteressant.
Ein «Paradebeispiel»
Bauernverbandspräsident Markus Ritter (Mitte/SG) sagte, Schweizer Zucker sei um 30 Prozent nachhaltiger als jener aus der EU. «Für Schweizer Zucker muss auch kein Regenwald abgeholzt werden.» Die Anbaufläche für Zuckerrüben sei unterdessen auf noch 16'000 Hektare im Jahr 2021 zurückgegangen.
Jacqueline Badran (SP/ZH) sprach von einem «Paradebeispiel von inländischer Kreislaufwirtschaft», von der Rübe über die Zuckerfabrik, die Nutzung in der Lebensmittelindustrie bis zur Verwertung als Futter.
Zuckeranbau sei bedenklich
Gegen die Vorlage stellten sich der Bundesrat und auch Grüne, FDP und GLP. Regula Rytz (Grüne/BE) fragte, weshalb gerade ein gesundheitlich bedenkliches Produkt wie Zucker derart stark gefördert werden solle. Heute sei der Zuckerrüben-Anbau wegen der eingesetzten Pestizide und wegen der maschinellen Belastung der Böden ökologisch bedenklich, ergänzte Roland Fischer (GLP/LU).
Beat Walti (FDP/ZH) wies auf die Praxis hin, Einzelheiten auf Verordnungsstufe zu regeln. Gesetzesbestimmungen stellten ein Präjudiz und eine Ungleichbehandlung dar. Landwirtschaftsminister Guy Parmelin sagte, die Regelungen müssten flexibel angepasst werden können. Daher seien Verordnungsbestimmungen der richtige Weg.
Parmelin mahnte zudem, die Dinge nicht zu vermengen: Das Ziel von Einzelkulturbeiträgen sei es, eine Versorgung mit bestimmten Produkten zu sichern. Ökologische Produktionssysteme dagegen müssten über das Direktzahlungssystem gefördert werden.
Mindestgrenzschutz im Gesetz
Den Mindestgrenzschutz für Zucker will die Mehrheit im Nationalrat bei mindestens 70 Franken pro Tonne belassen, dies aber neu im Landwirtschaftsgesetz verankern.
Christian Wasserfallen (FDP/BE) beantragte vergebens, diesen Passus zu streichen. Ein fixer Mindestgrenzschutz sei ein untaugliches Mittel und ein «klassisches Eigentor», gab er zu bedenken. Sein Antrag wurde jedoch mit 109 zu 73 Stimmen abgelehnt.
70 Franken Grenzschutz pro Tonne Zucker mache pro Tafel Schokolade einen Mehrpreis von gerade 0,3 Rappen aus, sagte Marcel Dettling (SVP/SZ). Der Bundesrat ist gegen den Mindestgrenzschutz, weil er Nachteile für die Lebensmittelverarbeiter sieht.
Zur Stützung der Schweizer Zuckerwirtschaft hatte die Wirtschaftskommission des Nationalrats (WAK-N) als zweites Element Einzelkulturbeiträge für Zuckerrüben vorgeschlagen. Ihr Antrag, die Beiträge für den konventionellen Anbau zu senken und dafür Beiträge an ökologische Anbaubetriebe auszurichten, unterlag allerdings mit 29 zu 155 Stimmen.
Befristete Beiträge für Kulturen
Der Rat beliess es beim heute ausgerichteten Beitrag von 2100 Franken pro Hektare und Jahr. Er ergänzte ihn mit einem Zuschlag von 200 Franken für biologisch oder nach IP-Richtlinien angebaute Rüben.
Dass sich die SVP- und die Mitte-Fraktion mit ihrem Vorschlag durchsetzten, dürfte am Einzelantrag von Martina Munz (SP/SH) gelegen haben. Sie übernahm die Zahlen des zu Gunsten ihres Antrages zurückgezogenen Minderheitsantrages von SVP und Mitte, verlangte aber eine Befristung der Bestimmung bis 2026.
«Es geht um alles oder nichts für die Zuckerproduktion in der Schweiz», sagte Leo Müller (Mitte/LU), Verwaltungsrat der Schweizer Zucker AG. Beiträge für fünf weitere Jahre seien eine gute Lösung, sagte auch Dettling. Während dieser Zeit könne die Forschung für eine ökologischere Produktion vorangebracht werden.
Motion für ökologischen Anbau
Mit 166 zu 20 Stimmen angenommen hat der Nationalrat eine Motion der WAK-N. Diese verlangt, den ökologischen Anbau von Zuckerrüben mit Direktzahlungen zu fördern. Da immer mehr Pestizide nicht mehr gebraucht werden dürften und Krankheiten den Rüben zusetzten, brauche es Ressourcen, um neue Wege für den Anbau zu finden. Der Bundesrat ist gegen die Motion, weil das Verlangte bereits umgesetzt wird, wie Parmelin sagte.
Die Vorlage und die Motion gehen nun an den Ständerat.
Erleichterung in der Zuckerbranche
In einer gemeinsamen Mitteilung zeigen sich der Schweizerische Verband der Zuckerrübenpflanzer, die Schweizer Zucker AG und der Schweizer Bauernverband erfreut über die Entscheide des Nationalrats. Dieser habe sich für den Schweizer Zucker ausgesprochen.
Man betont in der Mitteilung aber auch, dass das Geschäft noch nicht abgeschlossen sei. Die Branche hoffe darauf, dass auch der Ständerat sich von den Argumenten der gesamten Schweizer Zuckerbranche überzeugen lasse und dem Nationalrat folgt.