Üblicherweise zahlt eine Versicherung, wenn ein Schaden eingetreten ist. Eine Fachperson geht im Fall eines Kulturschadens zur Schätzung vor Ort und ein gewisser Betrag wird an den Versicherten ausbezahlt. Beim neuen Programm «Acker Basis» der Versicherung Schweizer Hagel ist das etwas anders: Die Entschädigungen für Kulturen, die von übermässigem oder fehlendem Regen betroffen sind, werden indexbasiert bemessen. «Wenn bewässert wird, ist das ein Beitrag an die daraus entstehenden Kosten. Ansonsten ist das Geld eine Kompensation für trockenheitsbedingten Ertragsausfall», erklärte Adrian Aebi, Direktor von Schweizer Hagel, vor den Medien. Nicht zuletzt werde so vermieden, einen Anreiz fürs Nichtstun und Inkaufnehmen von Schäden zu setzen.
40 Millionen Schaden im Jahr 2022
Mit dem neuen Versicherungsangebot reagiert die Genossenschaft nach eigenen Angaben auf einen mehrfach geäusserten Kundenwunsch und den Klimawandel. Dessen Auswirkungen schlagen sich deutlich in den Statistiken der Schweizer Hagel nieder. «Wir rechnen per Ende August 2022 mit einer Schadenssumme von 40 Millionen Franken», so Vizedirektor Hansueli Lusti. Ein Viertel davon sei die Folge von Trockenheit, die in diesem Jahr besonders die Westschweiz betreffe. Bei Schweizer Hagel gegen Trockenheit versichert seien knapp 15 Prozent der offenen Ackerfläche (ohne Grasland) oder 40'000 Hektaren. Die schweizweiten Schäden dürften demnach noch weitaus höher sein. «Acker Basis» soll eine Lücke im bisherigen Angebot zur Versicherung von Ackerkulturen vor zu viel oder zu wenig Niederschlag sowie Hagel schliessen.
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Während nach einem Hagelzug der Schaden noch wie gehabt im Feld geschätzt wird, kommt bei der Regenmenge ein Index zum Einsatz. Diesen berechnet Schweizer Hagel basierend auf der Abweichung vom langjährigen Mittel und dem Wasserbedarf der Kultur. Die Vegetationsphase ist dafür in überlappende Perioden à vier Wochen eingeteilt. Über- oder unterschreitet die tatsächliche Regenmenge den Erfahrungswert, wird gemessen am Bedarf und gewichtet nach dem Schadenspotential im betroffenen Entwicklungsstadium eine Zahlung ausgelöst.
Ohne Selbstbehalt
Werden die Kulturen durch einen Hagelschaden mit 20 Prozent oder mehr geschädigt deckt die «Acker Basis» den Schaden bis zu maximal 85 Prozent abzüglich 10 Prozent Selbstbehalt, bei fehlendem oder übermässigem Niederschlag orientiert sich die Entschädigung am örtlichen Niederschlagsgeschehen und zahlt bis zu je 30 Prozent ohne Selbstbehalt und ohne untere Deckungsgrenze. Ausserdem entfällt bei Regenmangel oder -überfluss die Schadensmeldung durch den Landwirt. «Die tiefere Deckung macht das Angebot günstiger als bei einer Pauschalversicherung», führte Hansueli Lusti aus. Pro Kultur sei bei «Acker Basis» die gesamte Ackerfläche versichert und die Versicherungssumme frei wählbar.
Wird z. B. eine Hektare Winterweizen mit APV Plus, dem Pauschalangebot von Schweizer Hagel, versichert, beläuft sich die Auszahlung bei einem vor Ort geschätzten Schadensgrad durch Trockenheit von 49 Prozent abzüglich des Selbstbehalts von 20 Prozent auf 29 Prozent. Bei «Acker Basis» braucht es im selben Szenario keine Schadensmeldung und keine Schätzung im Feld. Die Auszahlung beläuft sich auf 20 Prozent (kein Selbstbehalt) und wird automatisch ausgelöst – auch wenn die Kultur bewässert worden ist und in dem Sinn kein Schaden entstanden ist.
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Auch Auswuchs und Wiederherstellungskosten
«Acker Basis» deckt neben Hagelschäden und Kosten durch übermässigen oder fehlenden Niederschlag auch Auswuchs beim Brotgetreide und die Wiederherstellungskosten des Kulturlandes. «Der Klimawandel stellt uns vor Probleme, denen wir nicht allein mit einer Versicherung begegnen können», ist Adrian Aebi überzeugt. Für ihn gehört daher die Anpassung an die neuen Verhältnisse – z. B. via Sorten- und Kulturwahl, Bewässerungssysteme usw. – ebenso dazu.
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Adrian Aebi neu im Amt
In diesem August hat Adrian Aebi das Amt des Direktors von Schweizer Hagel von seinem Vorgänger Pascal Forrer übernommen, der nach 16 Jahren die operative Leitung abgegeben hat. Aebi ist auf einem Bauernhof aufgewachsen, hat Agrarwirtschaft an der ETH Zürich studiert und war u.a. als Vizedirektor des Bundesamts für Landwirtschaft tätig. Der Berner lebt mit seiner Frau und drei Kindern in Herzogenbuchsee BE.