«Wo ist denn der Muni?» Eine oft gestellte Frage von Nichtbauern, für die Stier und Kuh einfach zusammengehören. Die Realität sieht aber anders aus: Neun von zehn Besamungen werden heute mittels künstlicher Besamung (KB) gemacht. Nicht so auf dem Betrieb Grossbiel in Ennetbürgen NW. «
Die Stierenhaltung hat bei uns Tradition und wird schon seit Generationen betrieben», so Betriebsleiter Fredy Frank. Bis 60 Besamungen macht sein Muni pro Jahr. So kann er einen anständigen Betrag an Besamungskosten einsparen. «Der züchterische Fortschritt muss aber da sein, sonst stimmt die Wirtschaftlichkeit trotzdem nicht», betont der stolze Besitzer von 40 Original-Braunvieh-Kühen.
Beim Kauf eines Jungstieres achtet er darauf, dass auch die Mutterlinie über Generationen abgesichert ist. Gerne kauft er Tiere aus Betrieben mit einer ähnlichen Zuchtphilosophie und Betriebsstruktur wie seine eigenen. Gerade auf Bergbetrieben mit Alpung stehe die Zucht auf starke Klauen im Mittelpunkt. Ein für ihn sehr wichtiges Merkmal, da die Hälfte seiner Milchkühe den Sommer auf der Alp verbringt.
Ruhiger Umgang doppelt wichtig
Auf dem Heimbetrieb Grossbiel laufen die Kühe trotz Hörnern im Laufstall. Im Herbst, wenn alle Tiere wieder zusammenkommen, werde es zwar etwas unruhig, sonst funktioniere das System aber gut. Der Muni steht mit Sichtkontakt in unmittelbarer Nähe in einem eigenen Abteil. «Die Kühe zeigen die Brunst sicher besser, wenn ein männlicher Artgenosse im Stall anwesend ist. Ist der optimale Besamungszeitpunkt dennoch unklar, kann eine Kuh auch mehrmals geführt werden, und das ohne Mehrkosten.»
Fredy Frank hält nicht nur einen Stier, er verkauft jährlich auch einige männliche Jungtiere. Ein ruhiger Umgang mit diesen sei doppelt wichtig. «Der Stier vergisst ein unangenehmes Ereignis im Gegensatz zu einer Kuh nie», so der erfahrene Stierenhalter. Besonders bei zutraulichen Muni bestehe die Gefahr, dass man zu wenig aufmerksam sei und schwierige Situationen zu spät erkenne.
Eine ungewohnte Umgebung wie eine Ausstellung könne die Situation noch verschärfen. Landwirten ohne Erfahrung empfiehlt er, den Stier schon als Jungtier zu kaufen, so erkenne man dessen Charaktereigenschaften und man könne gegenseitiges Vertrauen aufbauen. «Dadurch erhält man auch Freude am eigenen Stier», betont der begeisterte Viehzüchter.
Schlachterlös oft höher als Kaufpreis
Freude an seinem eigenen Muni hat auch der Muotathaler Landwirt Oskar Pfyl. Er lässt seinen Stier während der ganzen Weidesaison mit den Kühen mitlaufen. «Der Stier übernimmt dabei die ganze Brunstüberwachung und zugleich den Besamungsdienst», so Pfyl. Das ist für ihn, der im Sommer eine grosse Alpkäserei betreibt, eine nicht unbedeutende zeitliche Entlastung.
«Zudem ist mir das natürliche Kuh-Stier-Verhältnis gefälliger als die künstliche Besamung.» Alternierend steht auf seinem Betrieb ein OB- oder ein Braunviehstier. Somit weisen seine Kühe trotz ansprechender Milchleistung eine gewisse Stärke aus, wobei er beim Kauf eines Jungstiers auf gehaltsstarke Kuhfamilien achtet. Die Investition in einen eigenen Zuchtstier ist meist bescheiden.
Oft übersteigt der Schlachterlös eines ausgewachsenen Muni den ursprünglichen Kaufpreis. Gerade Braunvieh-Stierenkälber mit sehr vielversprechenden Zuchtwerten sind in Zeiten der genomischen Selektion preiswert zu erwerben. Zudem verfügen diese bereits als Kalb über eine Sicherheit, die früher Altstiere kaum erreichten. Somit kann auch mit einem Privatstier ein hoher Zuchtfortschritt erreicht werden.
Reto Betschart