Zugegeben – es ist verwirrend. Aber das ist mit der Flut an Neuerungen im Rahmen der Tierzuchtverordnung, die im Laufe des Jahres in Kraft tritt, auch nicht zu vermeiden.
Bislang kamen die Freibergerzüchterinnen und -züchter in den Genuss der Stutenprämien in der Höhe von 500 Franken, die für ein Fohlen bei Fuss jährlich ausbezahlt wurde. Mit Einführung der neuen Erhaltungsprämie für Schweizer Rassen mit dem Gefährdungsstatus «kritisch» und «gefährdet» wird die Freibergerrasse neu analog zu den anderen Schweizer Rassen über diese Massnahme gefördert. Die zusätzlichen Beiträge zur Erhaltung der Freibergerrasse werden aufgehoben. Startschuss dieser Erhaltungsprämien ist der 1. Juni 2023. Eine grosse Mehrheit der Fohlen wird aber vor diesem Datum geboren. Was heisst das?
Fohlen bis Ende Mai
Die BauernZeitung hat beim Bundesamt für Landwirtschaft nachgefragt: «Bis zum Start der neuen Erhaltungsbeiträge am 1. Juni 2023 muss ein Freibergerzüchter vorgehen wie bisher, um die Unterstützung geltend zu machen», erklärt der BLW-Kommunikationsverantwortliche Jonathan Fisch. Das heisst, Fohlen, die zwischen dem 1. November 2022 und dem 31. Mai 2023 geboren werden, müssen im Herbst 2023 an der Fohlenschau mit der Stute aufgeführt werden. Dort werden die Fohlen identifiziert und im Herdebuch eingetragen sowie in der Tierverkehrsdatenbank registriert. Zusätzlich muss das Fohlen von einem im Herdebuch der Freibergerrasse eingetragenen Hengst abstammen.
Fohlen ab Anfang Juni
Züchterinnen und Züchter, deren Fohlen erst nach dem 1. Juni 2023 geboren werden, müssen anders vorgehen. Sie müssen dem Verband einmalig mitteilen, dass sie diese Beiträge zu erhalten wünschen. «Dann meldet uns der Verband zum Schluss der Referenzperiode am 31. Mai 2024 die Stuten, welche die Bedingungen für Erhaltungsbeiträge erfüllen. Basierend auf dieser Information zahlen wir die Beiträge an den Verband und dieser wiederum an die betreffenden Züchter aus», erklärt Jonathan Fisch.
Neu ist das Programm nicht, aber mit Inkrafttreten der aktualisierten Tierzuchtverordnung erhält es nun deutlich an Gewicht. Die Rede ist von «Poulain Virtuel», dem Programm aus der Schublade des Schweizer Nationalgestüts in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Freibergerverband.
Ein Fohlen kreieren:
Das Programm «Poulain Virtuel oder zu Deutsch «Virtuelles Fohlen» kann, was der Name verspricht. Es ist in der Lage, ein fiktives Freibergerfohlen zu kreieren. Die Züchter wissen natürlich nicht, wie der Sprössling dereinst aussehen dürfte, aufgrund der Verwandtenleistung sind aber Zuchtwerte erkennbar. So kann zum Beispiel auch errechnet werden, ob das Fohlen mehr weisse Abzeichen als seine Mutter haben dürfte.
Ein weiterer und neu ganz entscheidender Vorteil ist zudem die Möglichkeit, den exakten Inzuchtgrad des geplanten Fohlens und seinen Verwandtschaftsgrad mit der Population zu errechnen. Beide Werte befinden sich innerhalb der Rasse im Anstieg.
Laut Programm sollte der Inzuchtkoeffizient des Fohlens den Wert von 7 % nicht übersteigen. Alles, was darunter liegt, ist in grüner Farbe und alles, was darüber liegt, ist in roter Farbe markiert. Je nach Stute und Stationierung der Hengste in der Region erweist sich das Ganze als ein schwieriges Unterfangen, denn gerade die H-Linie hat mit vielen gefragten und damit breit eingesetzten Vererbern viel Platz in der Zucht eingenommen. So kommt es nicht selten vor, dass beispielsweise der Name Hendrix gleich mehrfach auf einem Abstammungsschein zu lesen ist.
Obschon die Meinungen unter Züchtern hier auseinandergehen und die einen sagen, der Inzuchtgrad spiele eine untergeordnete Rolle, legt der Bund selbst, mit der Anpassung in der Tierzuchtverordnung, Wert auf einen möglichst tiefen Inzuchtkoeffizienten. So erhalten künftig nur noch Freibergerstuten die Prämie für Schweizer Rassen mit dem Status kritisch, wenn ihr Fohlen bei Fuss den Inzuchtgrad von 10 % nicht übersteigt. Wie mehrere Züchter(innen) auf Anfrage mitteilten, haben sie bislang im Bereich des Inzuchtgrads keinerlei Berechnungen durchgeführt. Ebenfalls kam das Programm Virtuelles Fohlen nur vereinzelt zum Einsatz.