Übersicht zur Gentechnik in der Schweiz: Per Scherenschnitt zur Resistenz

Leider enthält dieser Artikel verschiedene zwar oft gehörte, aber nicht zutreffende Vermutungen und Behauptungen, und erschwert den Lesern so eine Meinungsbildung.

"GVO-Lebensmittel würden wohl nicht gekauft":
Tatsächlich kann man in der Schweiz keine gekennzeichneten GVO Lebensmittel kaufen. Das liegt aber nicht am fehlenden Markt. Praktische Verkaufsversuche in mehreren Schweizer Städten im Rahmen des NFP59 (Projekt Philipp Aerni) zeigten, dass auch Konsumenten in der Schweiz sehr wohl Produkte aus hier zugelassenen gentechnisch veränderten Pflanzen kaufen. Wenn die Wahl zwischen Maisbrot aus IP Mais, Bio-Mais oder insektenresistentem Bt-Mais (GVO, klar gekennzeichnet) bestand, wählten 23% der Konsumenten mindestens ein Gentech-Mais-Brot. Im Alltag besteht diese Wahlfreiheit nicht, da Umwelt-Aktivisten den Detailhandel unter Druck setzen und mit Protestaktionen drohen, falls GVO-Produkte in das Sortiment genommen werden.

"Es fehlen Langzeit-Erfahrungen":
Gentechnisch veränderte Nutzpflanzen werden seit 1996 grossflächig angebaut, befinden sich aktuell daher bereits im 24. Anbaujahr. Die Anbaufläche ist auf über 190 Mio. ha gestiegen, das sind 13.5% der weltweiten Ackerfläche. Es gibt daher sowohl von der Zeit als auch von der Fläche her sehr wohl umfangreiche Erfahrungen damit. Die vor vielen Jahren befürchteten massiven Schäden für Gesundheit oder Umwelt haben sich nicht bewahrheitet. Natürlich lernt man – wie bei jeder neuen Methode in der Landwirtschaft – auch aus den Erfahrungen. So sind speziell bei der Unkraut-Bekämpfung Verbesserungen beim Resistenz-Management wichtig.

"Ökologisch konnten für GVO bisher kaum positive Effekte gezeigt werden":
Mehr als die Hälfte der weltweit angebauten GVO Nutzpflanzen sind gegen Insekten resistent, und ermöglichen so grosse Einsparungen bei Spritzbehandlungen mit Insektiziden. Das ist wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll, wurde in einer Vielzahl von Studien bestätigt, und ist auch kaum bestritten. Bei der Entwicklung von herbizidtoleranten Pflanzen stand nicht die Mengenreduktion von Spritzmitteln im Vordergrund, sondern eine einfachere und effizientere Unkrautbekämpfung. Zum Teil werden dabei mengenmässig auch mehr Herbizide verwendet. Leider werden die seit vielen Jahren realisierten Einsparungen bei Insektiziden verbreitet ignoriert, während ein steigender Herbizidbedarf betont wird. Auch die Phytophthora-resistenten Kartoffeln mit Resistenzgenen aus Wildkartoffeln, die wesentlich weniger mit Fungiziden behandelt werden müssen, bieten eine grosse Nachhaltigkeits-Chance für die Landwirtschaft, und werden bereits seit einigen Jahren erfolgreich in der Schweiz an der Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz im Freiland getestet. Leider erfährt man davon in den Medien kaum etwas, auch in diesem Artikel in der Bauernzeitung werden sie mit keinem Wort erwähnt. Entsprechend ist dieser vielversprechende Ansatz in der Bevölkerung praktisch unbekannt, obwohl die Versuche vor unserer Haustüre stattfinden.
Tatsächlich wären die wirtschaftlichen Vorteile gentechnisch veränderter Nutzpflanzen in der Schweiz wohl überschaubar, da das landwirtschaftliche Einkommen bei uns (im Gegensatz zu vielen anderen Ländern weltweit) nur zu einem Teil durch Kosten und Ertrag des Anbaus bestimmt wird, und andere Einkommens-Komponenten, die nicht direkt an die Produktion gekoppelt sind (Direktzahlungen) einen wichtigen Bestandteil ausmachen. Umso wichtiger wäre der Beitrag, den verbesserte Pflanzen, z. B. krankheitsresistente Sorten, für eine nachhaltigere Landwirtschaft leisten könnten. Hier würde eine bessere Information der Leserschaft über aktuelle Entwicklungen die Diskussion über neue Technologien in der Bevölkerung erleichtern.