Wird von automatisierten Stallsystem gesprochen, denken die meisten an den Melkroboter (AMS). Da sind aber noch viele weitere Heinzelmännchen, welche die Mannes- oder natürlich auch die Frauenkraft aus dem Stall verdrängt haben. Zu diesen fleissigen Helfern zählen die Futterschieber. Insbesondere bei einer steigenden Anzahl Kuhplätze in den Ställen verdrängen die automatischen Systeme die Heugabel.
«Der Ablauf des Melkens hat schliesslich dazu geführt, dass wir uns einen automatischen Futterschieber zugelegt haben», sagt Matthias Stoll. Der Landwirt aus Kernenried im Kanton Bern hat zusammen mit seiner Frau Ruth vor 12 Jahren einen Roboter-Milchviehstall für rund 75 Kühe erstellt. Die Betriebsstruktur habe ein System mit möglichst hohem Automatisierungsgrad erfordert, sagt er. Denn Stolls bewirtschaften zwei Betriebe: Zwei Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche, welche das Ehepaar heute zusammen mit Sohn Simon bewirtschaftet, liegen in der Gemeinde Limpach, wo Matthias Stoll aufgewachsen ist.
Man habe sich jedoch entschieden, in Kernenried zu leben, auf dem kleineren Betrieb, den Ruth Stoll-Bütikofer in die Ehe gebracht hat. Weit ist es nicht, aber der Weg von gut sieben Kilometern von der einen zur anderen Stalltüre muss dennoch täglich – und das zum Teil mehrmals – zurückgelegt werden. Denn in Limpach sind neben den Ackerbauflächen noch Mastschweine zu versorgen. «So, wie wir betrieblich aufgestellt sind, war klar, dass wir im Milchviehstall möglichst viel automatisieren müssen», sagt Stoll, der sichtlich gerne an der Arbeitseffizienz schraubt.
Betriebsspiegel der Familie Stoll
Ruth und Matthias Stoll-Bütikofer, Kernenried BE
LN: 36,4 ha
Kulturen: 11 Kartoffeln (davon 6 ha unter Vlies), 3,5 ha Raps, 8 ha Silo- und Körnermais, 2 ha Weizen, Rest Kunst und Dauergrünland.
Tierbestand: 74 Milchkühe, 60 Rinder im Aufzuchtvertrag, je 12 Aufzuchtkälber und Mastkälber, 250 Mastschweine
Arbeitskräfte: Betriebsleiterehepaar und Sohn Simon
Im 24-Stunden Betrieb füttern und melken
«Wir melken 24 Stunden, also ist es unabdingbar, dass auch 24 Stunden frisches Futter zur Verfügung steht», erklärt Matthias Stoll. Zu Beginn habe man noch selber Futter zugeschoben. Schon bald einmal war klar, dass dies kein gangbarer Weg ist. Zu intensiv, zu zeitraubend und zu wenig effizient. «Von Hand ist keine Option – definitiv nicht, da schaufelt man Tonnagen.»
Es gäbe unzählige Varianten, meint Stoll auf die Frage, warum er gerade dieses System gewählt habe. «Man kann das Futter zum Beispiel auch mit einem Stapler zuschieben. Aber das muss eben auch immer gemacht werden.» Da sie aber als Ackerbaubern die meiste Zeit des Tages in Limpach verbrächten, seien sie nicht im Kuhstall, um das Futter regelmässig vorzulegen, erklärt er. Im Sommer sei man viel mit den Kartoffeln beschäftigt. «Dann können wir nicht gleichzeitig im Kuhstall stehen und Futter zuschieben. Das sind nicht einzelne Tage, an denen man nicht da ist, das ist plötzlich der halbe Sommer», führt der Landwirt aus.
Die Investition hat sich gelohnt
Man habe sich schliesslich für ein horizontales System des österreichischen Herstellers Wasserbauer mit einer integrierten Walze entschieden – also für einen Roboter, der das Futter nicht nur zuschiebt, sondern auch noch umwälzt. «Vergleiche, wie andere Systeme auf anderen Betrieben funktionieren, habe ich keine. Wir sind überzeugt von unserer Wahl und schliesslich man muss auch an etwas glauben», bilanziert Stoll.
Die Tage an denen der Futterzuschieber aussteigt, seien selten – zum Glück, denn dann sei jeweils wieder Handarbeit gefragt und spätestens in jenen Momenten wisse man, dass sich die Investition von rund 20'000 Franken vor etwas weniger als 12 Jahren gelohnt habe.
Eine etwas andere Strategie gewählt
«Wir sind im Grunde kein moderner Betrieb», sagt der Landwirt schmunzelnd mit Blick in die grosse, offene und weitgehend automatisierte Scheune. Damit meint er aber nicht etwa die Einrichtung im Milchviehstall, sondern vielmehr die Ausrichtung. Heute gehe es sehr stark und politisch entsprechend getaktet in die entgegengesetzte Richtung – nämlich in Richtung Weidehaltung und Extensivierung.
In Stolls Stall sieht es aber nicht nach extensiver Fütterung aus. Was die Kühe 24 Stunden an der Fressachse abholen können, ist eine erstklassige Totalmischration. «Wir sind der Meinung, dass die Kühe die Milch geben sollen, die sie auch wollen», so Stoll. Und in der Herde aus Red Holstein, vereinzelten Holstein- und Swiss Fleckvieh-Tieren sind im Stall in Kernenried fleissige Bienen am Werk. Sie sollen bestens versorgt werden.
Verbessertes Tierwohl dank Automatisierung
Neben der sinkenden Arbeitsbelastung für den Menschen haben automatische Futterzuschieber auch für Tiere entscheidende Vorteile. Diese sind:
- weniger Aggressionen und Verdrängung der rangniederen Tiere
- regelmässigere Besuche der Kühe am Futtertisch
- verringerter Druck auf die Vorderklauen, da sich die Tiere weniger nach dem Futter strecken müssen
Effiziente Fütterung hat einen Einfluss auf die Milchleistung. Kühe in ihrem Leistungspotenzial auszuschöpfen, ist nicht nur wirtschaftlich, sondern schliesslich auch ökologisch.