Es roch nach Fondue und der Bundesrat war in aufgeräumter Stimmung: An der Medieninformation anschliessend an den Mercosur-Agrar-Gipfel im edlen Bernerhof schien alles in Ordnung. Zwar markierte Proviande-Präsident Markus Zemp Bedenken bezüglich der Gefährdung der Fleischbranche, grundsätzlich zeigte er sich aber erfreut, dass man darüber reden und diese Vorbehalte anmelden konnte.

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Neue Konsultationen, sobald Ergebnisse vorliegen

Ähnlich äusserte sich nach dem Treffen von Bundesrat Johann Schneider-Ammann mit Vertretern von Wirtschaftsverbänden sowie der Land- und Ernährungswirtschaft (Teilnehmerliste siehe Kasten) auch SMP-Präsident Hanspeter Kern. Der Gipfel habe vor allem dem Informationsaustausch gedient, Details seien noch keine verhandelt worden. Man habe aber vereinbart, dass die Branche wieder konsultiert werde, sobald neue Erkenntnisse vorliegen.

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Kern ist zwar nicht so optimistisch wie die gewerblichen Käser, die sich von einer teilweisen Grenzöffnung mit Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay grosse Exportchancen für Käse erhoffen, aber es sei wichtig, am Gespräch teilzunehmen, um im Bild zu bleiben. Dabei sei die Branche angehört worden und man nehme sie in der übrigen Wirtschaft durchaus ernst. Rund um den Tisch mussten alle Teilnehmer drei Fragen in Sachen Mercosur beantworten: "Bedeutung des Abkommens für die Branche?", "Chancen und Herausforderungen?" sowie "Ziele der Organisation für die Verhandlungen?"

Dreiphasenprogramm mit dem SBV

Nicht teilgenommen hat bekanntlich der Schweizer Bauernverband (SBV). Dieser wollte nicht mit zwei Dutzend anderen an einen Tisch sitzen mit dem Bundesrat. Vorher will man mit der Regierung direkt über die umstrittene "Gesamtschau" sprechen, die unter anderem auch ein Szenario mit Mercosur-Freihandel enthält. Die Nichtteilnahme hat der SBV in einer Medienmitteilung vom Dienstagmorgen noch einmal begründet.[IMG 5]Bundesrat Schneider-Ammann erklärte an der Medienkonferenz, er bedaure die Absenz des SBV, man werde aber früher oder später wieder ins Gespräch finden. Das verlaufe nach dem Dreiphasenprinzip: Im Moment stehe man nach der Abkühlung in der Beruhigungsphase, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinde. Deshalb wollte er auch nicht bestätigen, dass er ein direktes Gesprächsangebot gemacht hat, wie dies der SBV postuliert hat. Als drittes folge dann der Wiederaufbau des öffentlichkeitswirksamen Austausches, so Schneider-Ammann.

Lieber länger, dafür gut verhandeln

Was den Gipfel angeht zeigte er sich zufrieden. Man sei sich in konstruktiver Atmosphäre einig gewesen, dass es nun um Vertrauensaufbau gehe. Schneider-Ammann betonte, dass angesichts der Herausforderungen für die Gesamtwirtschaft klar sei, dass man beim Mercosur schnell zum Abschluss kommen müssen, anderenfalls drohe der Abbau von Arbeitsplätzen in der Schweiz (er erwähnte zweimal konkret das Rheintal, die Heimat von Markus Ritter) und eine drohende Verlagerung ins nahe Ausland nach Baden-Württemberg.

Der Wirtschafts- und Agrarminister hielt aber auch fest, dass Tempo nicht alles sei. Er werde im Dienste eines guten Ergebnisses lieber ein paar Monate länger verhandeln. Ein gutes Ergebnis könne zum Beispiel eines sein, dass auch die Nachhaltigkeit berücksichtigt, welche seit  dem 24. September 2017 verbunden mit Freihandel in der Verfassung steht.

Abschluss noch dieses Jahr möglich

Befragt nach dem Vorwurf des SBV, dass es beim Mercosur lediglich um ein Minipotenzial für die Schweizer Exportwirtschaft gehe, sagte Schneider-Ammann: "Es ist doch gut, dass es irgendwo auf der Welt noch einen Absatzmarkt gibt, der nicht vollkommen ausgeweidet ist."

Völlig unklar ist, mit welchen Konzessionen die Schweiz in die Verhandlungen zu gehen denkt, dies aus Rücksicht auf die Verhandlungspartner, denen man keine Schwäche zeigen will. Dass am Schluss dann die Fleischbranche ausgeweidet daliegen wird, davor hat Schneider-Ammann keine Angst. Man rechne lediglich mit Konzessionen im einstelligen Prozentbereich, sagte er. Den Gipfelteilnehmern habe man eine entsprechende "Milchbüechlirechnung" präsentiert, darüber sei allerdings Vertraulichkeit vereinbart worden.

Von einem Journalisten danach gefragt, ob man heuer mit einem Mercosur-Abschluss rechnen könnte, meinte der Bundesrat, wenn die EU noch im Februar abschliesse, sollte man es bis Ende Jahr schaffen. Die EU ist bereits länger am verhandeln mit Mercosur, am Ziel ist man allerdings noch nicht, auch hier hat die Landwirtschaft Bedenken angemeldet bezüglich weiterer Konzessionen an die südamerikanischen Kollegen.

akr