Was verbindet die global agierende Medtech-Industrie mit der Schweizer Milchwirtschaft? Gut 70 Exponenten der Agrarbranche folgten am 4. September unserer Einladung in die HAFL, um diese Frage zu beantworten. Die Schweiz ist ein Innovations- und Produktionsstandort für den Weltmarkt und will gleichzeitig attraktiv sein für lokal agierende Käser, Landwirte oder Molkereifachpersonen. Klappt das?

Mooh verfolgt eine Doppelstrategie

Im Hörsaal der HAFL haben sich die Welten berührt. Zu verdanken war das dem engagierten Dialog aller Gäste sowie den Referaten von Simon Michel, CEO Ypsomed, Nationalrat FDP, und René Schwager, Geschäftsführer Mooh. Mooh sucht Mehrwerte für 3800 Milchwirtschaftsbetriebe und verfolgt eine Doppelstrategie. Sie wollen sowohl national als auch international Absatz für ihre Produkte finden. National stehen Milchproduzenten im Wettbewerb mit Berufskollegen in geschützten Märkten (Getreide, Fleisch). Und im internationalen Vergleich haben Milchproduzenten in der Schweiz höhere Kosten als ihre Berufskollegen in den Nachbarländern.

Unternehmen wie Ypsomed agieren grossmehrheitlich am globalen Markt. Schutz durch Zölle: Fehlanzeige. Entscheidend ist für Ypsomed, dass für Marktakteure national und in der EU die gleichen Vorgaben für die Produktzulassung gelten. Keine Swiss-finish-Lösungen. Ein Standard. Was in der Schweiz zugelassen worden ist, soll ohne Hürden in restlos allen EU-Staaten vermarktet werden können. Seit dem Abbruch der Verhandlungen CH-EU für ein Institutionelles Abkommen durch den Schweizer Bundesrat am 26. Mai 2021 ist dies nicht mehr der Fall. Die Schweizer Medtech-Branche verlor die Konformität. Mit sehr hohen Kosten musste die Anerkennung in der EU neu aufgegleist werden.

Nicht derselbe ökonomische Spielraum

Was diese Hochpreisbranche gerade noch so verkraften konnte, sieht in vielen anderen Branchen, wie im Anlagenbau, bei Baustoffen oder Spielzeugen, aber insbesondere auch in der Land- und Ernährungswirtschaft, anders aus: Diese Branchen haben nicht denselben ökonomischen Spielraum und die Landwirtschaft profitiert über die Bilateralen I und II in der Beschaffung von Saat- und Pflanzgut oder bei der Anerkennung von AOP- oder IGP-Produkten.

René Schwager sieht Wert und Notwendigkeit der Bilateralen III, betont aber, dass Export für Milchproduzenten dann attraktiv ist, «wenn Unternehmen die Bauern und ihre Organisationen als Partner respektieren und mit ihnen Projekte auf Augenhöhe angehen». Davon hängt auch ab, ob die Schweizer Landwirtschaft die vom Bundesrat aktuell mit der EU verhandelten Bilateralen III als attraktiven Weg ansieht. Die Alternative zum bilateralen Weg ist die Aufdatierung und Erweiterung des bestehenden Freihandelsabkommens von 1972, und dieses wäre aus Sicht der Landwirtschaft deutlich schlechter. Dranbleiben!