Die Landwirtschaftskammer des Schweizer Bauernverbands hat die Ja-Parole zum Ausbauschritt bei den Nationalstrassen beschlossen. Die Reaktionen der Medien liessen nicht lange auf sich warten. Wie kommt es, dass die Bauern sich hier nicht am Kulturlandverlust reiben? Die am 24. November 2024 zur Abstimmung stehende STEP-Vorlage (Strategisches Entwicklungsprogramm) verdient breite Unterstützung – auch aus landwirtschaftlicher Perspektive.
Quer über die Schweiz verteilt
Wer an die Olma mit dem Zug anreiste, wurde direkt von einem Plakat begrüsst: «Lieber Bratwurst mit Senf statt sechs Spuren bis nach Genf». Nun, dieser Satz ist vor allem eines – falsch. Worüber stimmen wir ab? Über sechs einzelne Projekte quer über die Schweiz verteilt. Die Hälfte der geplanten Projekte besteht aus Tunnellösungen. Von sechs Spuren bis nach Genf also keine Spur. Und ob die Bratwurst mit oder ohne Senf gegessen wird, ist für mich als Linthgebieter Fleischproduzentin mit etwas Distanz zu unserer geschätzten Kantonshauptstadt St. Gallen nicht wirklich zentral. Hauptsache, sie wird aufgegessen.
Als Landwirtin oder Landwirt sind wir täglich auf eine zuverlässige Infrastruktur angewiesen. Unsere Produkte sollen frisch und daher schnell und pünktlich in die Städte und zu den Konsumenten kommen. Staus und Verkehrsengpässe führen zu Lieferverzögerungen. Gerade kleinere Akteure können nicht einfach auf die Schiene wechseln, wie es von linker Seite gerne propagiert wird.
Negative Auswirkungen auf die Sicherheit
Scheinheilig ist es auch, wenn die Gegnerschaft mit Kulturlandverlust gegen die Vorlage weibelt. Allein die von Links-Grün geforderten 3,5 Prozent Biodiversitätsförderflächen auf offenen Ackerflächen hätten rund 6000 Hektaren landwirtschaftliche Nutzfläche gekostet. Da hat man sich nicht geziert. Zum Vergleich: Bei der STEP-Vorlage sind gerade mal acht Hektaren besonders fruchtbares Ackerland betroffen. Von Gewässerraumausscheidungen müssen wir gar nicht sprechen.
Hinzu kommt: Der zunehmende Ausweichverkehr, der durch verstopfte Nationalstrassen in Dörfer und ländliche Gegenden umgeleitet wird, hat negative Auswirkungen auf die Sicherheit und Lebensqualität der Landbevölkerung. Die STEP-Vorlage verspricht hier Abhilfe und sorgt dafür, dass der Verkehr auf den ausgebauten Hauptachsen bleibt und nicht in Ortschaften umgeleitet wird.
Generell gilt: Wir leben in einer Hochkultur, für welche Mobilität zum Freiheitsverständnis gehört. Es ist die bittere Realität: Der (Individual-)Verkehr nimmt nicht ab. In der Landwirtschaft sind wir Beteiligte wie auch Nutzniesser. Engpassbeseitigungen verbessern die absolut systemrelevante Verkehrsinfrastruktur, wovon die gesamte Wirtschaft, insbesondere auch KMUs entlang der Wertschöpfungskette der Landwirtschaft, profitieren. Verkehrsinvestitionen gilt es aus bäuerlicher Sicht immer kritisch zu prüfen und zu begleiten – aber auch wir müssen letztlich eine Gesamtabwägung zulassen, welche auch die vielen betroffenen Menschen rund um Knotenpunkte und die Wirtschaft als Ganzes berücksichtigt.
Das hat der Bauernverband getan und empfiehlt ein Ja am 24. November 2024 – und das tue ich auch.
Zur Person
Franziska Steiner-Kaufmann ist Bäuerin, Kantonsrätin und Präsidentin von Die Mitte St. Gallen. Sie schreibt für die Arena der BauernZeitung Ostschweiz/Zürich.
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