In den Gebirgskantonen Wallis, Uri, Tessin, Glarus und Graubünden seien in diesem Jahr bereits gegen 1000 Schafe und Rinder gerissen worden. Das Thema Wolf ist aktueller denn je, schliesslich stehen in der laufenden Herbstsession die Beratungen zur Revision des Jagdgesetzes an. Die Regierungskonferenz der Gebirgskantone (RKGK) fordert in einer Mitteilung, dass ihre Erfahrungen berücksichtigt und ihre Empfehlungen vom Bund umgesetzt werden, um für eine «tragbare Koexistenz von Wolf, Mensch und Nutztieren im Alpenraum» zu sorgen.
Wolfsbestand aktiv regulieren
Die RKGK stützt sich auf zwei Studien, die in ihrem Auftrag vom Beratungsunternehmen für die Alpwirtschaft «Büro Alpe» und dem Institut für Wildtierbiologie und Jagd der Universität für Bodenkultur Wien durchgeführt worden sind.
Analog zum Steinbock soll die Zahl der Wölfe und Wolfsrudel in der Schweiz in Zukunft aktiv gesteuert werden, so die Forderung der RKGK. Heute gibt es hierzulande nach Angaben der Stiftung Kora 19 Rudel, die Gebirgskantone peilen 17 als Richtschnur an. Wolfsfreie Zonen soll es nicht geben, sondern Schutzgebiete, in denen schadenstiftende Tiere aber geschossen werden dürfen. Es gelte, die «Wolfsmanagementzone Schweiz» festzulegen.
Kantonale Abschusspläne für die Regulation
In der Mitteilung ist die Rede von einem «adaptiven» Wolfsmanagement. Für jeden Kanton solle es einen jährlichen Abschussplan geben, den der Bund bewilligt. Je nachdem, wie stark verbreitet der Wolf in einem Kanton ist, werden einzelne schadenstiftende Wölfe geschossen. Sobald ein ausreichend grosser Bestand das Überleben der Art sichert und für die betroffene Bevölkerung akzeptabel ist, sei die Anzahl Wölfe zu stabilisieren – immer mit der Möglichkeit, schadenstiftende Individuen abzuschiessen.
An den Kosten für das Wolfsmonitoring und -management solle sich der Bund mit einer «deutlich stärkeren finanziellen Unterstützung» für die Gebirgskantone beteiligen. Auch für den Herdenschutz wird mehr Geld aus der Bundeskasse gefordert, und zwar ausserhalb des Agrarbudgets.
Zusatzaufwände kompensieren
Die RKGK verlangt im Weiteren klare Kriterien dafür, wann eine Alp als nicht zumutbar schützbar gilt. Aus wirtschaftlichen Gründen sei der Herdenschutz oft nicht zumutbar. Ein Ausbau des Beitragssystems des Bundes soll die betrieblichen Zusatzaufwände teilweise kompensieren.
Mit Geld allein ist es aber nicht getan, auch die Rahmenbedingungen für das Alppersonal seien zu verbessern. Ausserdem brauche es einzelbetriebliche Herdenschutzkonzepte, die passende Massnahmen für jede Alp festlegen. «Das ist administrativ aufwändig, aber zielführend», ist die RKGK überzeugt.
Das erklärte Ziel der RKGK ist eine Lösung, die Nutzungs- und Schutzinteressen aufeinander abstimmt.
«Das zeigt, dass die Schweiz vernünftig mit dem Wolf umgeht»
In einer Stellungnahme bezeichnet die Gruppe Wolf Schweiz (GWS) die beiden Studien im Auftrag der Gebirgskantone als «interessanten Beitrag zur gesellschaftlichen Diskussion um den Wolf. Die differenzierten Resultate würden gegen wahllose Abschüsse sprechen, die Thesen seien aber nicht als neutrale, wissenschaftliche Erkenntnisse zu interpretieren. Dies, weil sie auf Workshops mit Behördenmitgliedern der Gebirgskantone basieren.
Die Hauptempfehlung, die ganze Schweiz zur Wolfs-Managementzone zu machen, ist nach Ansicht der GWS richtig. Das entspreche allerdings bereits der heutigen Situation und zeige somit, dass die Schweiz vernünftig mit dem Wolf umgehe.
Der Unterstützungsbedarf für besseren Herdenschutz, den die Studien feststellen, steht auch für die GWS ausser Frage. Es sei aber nicht sinnvoll, heute als nicht geschützt geltende Situationen neu als geschützt zu bezeichnen. Damit werde der Herdenschutz aufgeweicht und es gäbe zwar mehr zumutbar schützbare Alpen, die Konflikte würden aber verschärft.