Dass Wiesenmilch mit dem Ausbau des IP-Suisse-Sortiments im Detailhandel breiter verfügbar wird und grössere Mengen gefragt sind, begrüsst der Schweizer Tierschutz STS ausdrücklich. Gemäss seiner Labelbewertung gehöre das Wiesenmilch-Label dank Weidepflicht und graslandbasierter Fütterung zu den tierfreundlichen Haltungsformen. Dem Ausbau stehe aber die Kostenfrage im Weg, wie der STS in einer Mitteilung ausführt.
Umstellung lohnt sich nur bei kleinen Anpassungen
Eine vom STS und IP-Suisse mitfinanzierte Studie von Agroscope zur Wirtschaftlichkeit von Wiesenmilch kommt zum Schluss: Eine Umstellung lohnt sich nur dann, wenn das Produktionssystem lediglich wenig angepasst werden muss. Dann seien die 5 Rp./kg Prämie ausreichend, um die Kosten zu decken.
Agroscope konnte zeigen, dass der typisierte Wiesenmilchbetrieb sogar ohne Zuschlag wirtschaftlich bessergestellt ist als Modellbetriebe mit Ganzjahressilage und einer Milchleistung unter 10’000 kg. Das liege vor alle an den dank sommerlicher Weide tieferen Grundfutterkosten. «Mit einem Zuschlag von 5 Rp./kg erzielt der Wiesenmilchbetrieb dieselbe Arbeitsverwertung wie ein Silagebetrieb mit 11’300 kg Milchleistung», schreiben die Forschenden.
Nicht rentabel für Hochleistungsbetriebe
Müsste aber der Kraftfuttereinsatz aufgrund der Label-Anforderungen reduziert werden, brauche es hingegen eine wirtschaftliche Abwägung.
So seien Wiesenmilch- im Vergleich zu Weidebetrieben mit höherem Kraftfuttereinsatz wirtschaftlich ohne Prämie unterlegen. Mit dem Zuschlag hingegen seien sie bessergestellt als Weidebetriebe mit weniger als 9'800 kg Milchleistung.
Ausgehend von einer Hochleistungsstrategie sei der Wechsel zur Wiesenmilch «wahrscheinlich nicht rentabel» und unter Umständen auch nicht ohne Weiteres möglich. Dies aufgrund möglicherweise unpassender Tiergenetik, Maschinen, Einrichtungen zur Futterkonservierung usw., die evtl. weder umgenutzt noch verkauft werden können und so das wirtschaftliche Ergebnis belasten, schreibt Agroscope.
Kosten sind nur zu 84 Prozent gedeckt
Auch für die heutigen Wiesenmilchbetriebe ist die Produktion mit der heutigen Prämie gemäss den Agroscope-Forschenden nicht wirklich kostendeckend. 10 Betreibe haben die Forschenden im Rahmen der Studie untersucht. Ausgewählt wurden Produzenten, die möglichst gut den durchschnittlichen Wiesenmilchbetrieb abbilden (rund 26 Kühe, 7'200 kg Milch pro Tier und Jahr). Diese 10 Höfe können ihre Kosten laut Agroscope trotz Prämie nur zu 84 Prozent decken. Je nach Milchleistung sei die Kostendeckung bei konventionellen Betrieben höher, fährt der STS fort.
Nachhaltigkeit und Tierwohl nicht zum Nulltarif
Mit dem Ausbau der Wiesenmilch nehmen Verarbeiter und Detailhandel ihre Verantwortung für mehr Tierwohl und Nachhaltigkeit wahr, lobt der STS. Betriebe mit diesem Label würden ausserdem nur sehr wenig Mineraldünger einsetzen – mehr als die Hälfte nutze für die Wiesen ausschliesslich Hofdünger – und damit einen überdurchschnittlichen Beitrag zum Absenkpfad Nährstoffe leisten.
Aus Sicht des STS bestätigt aber die Agroscope-Sudie, dass «Nachhaltigkeit und namentlich Tierwohl nicht zum Nulltarif zu haben sind». Einerseits seien die Abnehmer gefordert, da die Wiesenmilchpräme steigen müsse. Aber auch den Bund sieht man in der Pflicht: Eine höhere Priorität bei der Tierwohlförderung und eine Leistungsvereinbarung mit Verarbeitern und Handel wären ein klares Zeichen und würde neben mehr Verbindlichkeit auch zusätzliches Profilierungspotenzial schaffen. «Diese Chance gilt es zu nutzen», findet der STS.