Wirtschaftsvertreter schauten Markus Zemp mit grossen Augen an. «Sie haben gesagt, wir haben bei einem Mercosur-Abkommen null Exportchancen für Schweizer Fleisch. Das kann doch nicht sein! Wenn man mit Bio-Fleisch nach Südamerika geht, muss sich doch etwas machen lassen?» So fiel eine Reaktion auf das Kurzreferat aus, das der Präsident der Branchenorganisation Proviande am Mercosur-Gipfel vom vergangenen 20. Februar über die Gefährdung seiner Branche gehalten hatte (wir berichteten).
Diese Begegnung schilderte Markus Zemp am Mittwoch an der Generalversammlung der Sals-Schweiz in Bern. Dort referierte er aus Sicht der Proviande zum Thema «Mercosur – was steht auf dem Spiel?»
Schweizer Fleisch hat keine bekannten Marken
Markus Zemp erzählte vor den interessierten Sals-Delegierten, wie er die Wirtschaftsvertreter darauf hingewiesen habe, dass «Bio» in den Mercosur-Staaten a) keine Rolle spielte und die Südamerikaner b) auf ihr eigenes Fleisch stolz seien, bei dem sie Weltmarktführer sind. Für Zemp ist klar: Exportchancen für Schweizer Fleisch im Rahmen eines Mercosur-Abkommens mit Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay «sind eine Illusion».
Der Fleischexport der Schweiz sei ohnehin schon marginal. Fleisch habe keine «international bekannten Marken wie beim Käse», mit der einzigen Ausnahme Bündnerfleisch, wofür der Rohstoff aber bekanntlich oft gar nicht aus der Schweiz stamme. Exportiert werden neben Bündnerfleisch hauptsächlich Schlachtnebenprodukte, etwa nach China.
Diese Punkte führte Markus Zemp in seinem Referat weiter an:
- Die Schweizer Fleischbranche profitiere durchaus vom hohen Grenzschutz.
- Der Fleisch-Import sei aber bereits heute hoch («Wir importieren heute schon mehr Rindfleisch als wir müssten»).
- Dazu kämen der hohe Einkauftourismus und der zunehmende Fleisch- schmuggel.
- Der Fleischkonsum dürfte generell in Zukunft sinken.
- Sinke der Grenzschutz, gingen Marktanteile verloren.
- Beim weissen Fleisch dürfe man gar keine Konzessionen machen.
- Spielraum gebe es nur beim roten Fleisch im Rahmen der Verhandlung mit der EU.
Feedlots sind Realität
Ein Zuhörer wollte nach dem Referat mehr zu der Mercosur-Expedition wissen, zu der Agrarminister Johann Schneider-Ammann Anfang Mai eine fünfzig Mann starke Delegation aus der (Land-)Wirtschaft geladen hatte (wir berichteten). Er wollte hören, welche Betriebe man gesehen habe und wie Markus Zemps Eindruck gewesen sei. Zemp selbst hatte allerdings nicht an der Reise teilgenommen, dafür Proviande-Direktor Heinrich Bucher.
Zemp selbst kenne die Verhältnisse vor Ort aus seiner Zeit als Präsident von Braunvieh Schweiz aber sehr gut, wie er sagte. «Einen Feedlot hat man den Leuten nicht gezeigt», hielt er fest. Man habe einen Pampa-Betrieb in Uruguay zu sehen bekommen, «das sieht natürlich gut aus», ändere aber nichts an der allgemeinen Realität. Die sieht laut Zemp so aus: Rindermast zum grössten Teil in Feedlots, über 50% Kraftfutter in der Ration, eine Fütterung, die die menschliche Ernährung direkt konkurrenziere sowie der Einsatz von Leistungsförderern.
jw