Der Nationalrat will den Kantonen vorschreiben, bis 2035 für den Trinkwasserschutz Zuströmbereiche von Grundwasserfassungen von öffentlichem Interesse zu bezeichnen. Die Pflicht würde gelten, wenn die Fassungen regionale Bedeutung haben oder in ihrer Umgebung Tätigkeiten ausgeführt werden, die das Wasser verschmutzen können.
Umstrittenes Vorgehen
Umstritten ist nicht der Vorschlag, sondern das Vorgehen - der Ständerat nahm im Herbst eine Motion mit demselben Anliegen an. Am Mittwoch wollte die Mehrheit der Wirtschaftskommission (WAK-S) die Passage nicht in die Vorlage aufnehmen, ohne die Kantone und betroffene Kreise angehört zu haben. Auch der Bundesrat plädiert für diesen Weg.
Die von Roberto Zanetti (SP/SO) angeführte Minderheit hingegen wollte das Verfahren abkürzen und dem Nationalrat folgen, um keine Zeit zu verlieren. Auf eine Vernehmlassung könne verzichtet werden, da die Interessierten sich bereits geäussert hätten, sagte Zanetti im Rat. Die Minderheit unterlag aber mit 14 zu 26 Stimmen.
Nicht ganz einverstanden ist der Ständerat auch mit der Offenlegungspflicht. Wer Dünger und Futtermittel in Verkehr bringt, müsste gemäss einem Entscheid des Nationalrats dem Bund Daten zur Abgabe an Bauern melden. Wer meldepflichtig ist, entscheidet der Bundesrat. Das soll darauf hinwirken, dass Mineraldünger durch Hofdünger ersetzt wird.
Umstrittene Futter-Offenlegung
Namentlich die Erfassung des Futters störte die kleine Kammer. Beat Rieder (CVP/VS) schlug als Kompromiss vor, beim Futter auf die Offenlegungspflicht zu verzichten. Unmut über eine zusätzliche administrative Belastung der Bauern äusserten auch andere Votanten.
Beim Hofdünger gebe es das vorgesehene System bereits, entgegnete Maya Graf (Grüne/BL). Ohne Einbezug der Futtermittel sei eine Bilanz nicht möglich, betonte auch Bundespräsident Guy Parmelin.
Rieders Einzelantrag obsiegte nach ausgiebiger Diskussion mit 23 zu 22 Stimmen. Einen Antrag von Werner Salzmann (SVP/BE), den Passus ganz aus der Vorlage zu streichen, lehnte der Rat aber ab.
Grundzüge stehen bereits
Die Vorlage, mit der die Risiken für das Trinkwasser durch Pestizide verringert werden sollen, hat in den Räten zu teilweise emotionalen Diskussionen geführt. Die Grundzüge stehen aber bereits.
Die mit dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verbundenen Risiken für Flüsse und Seen, naturnahe Lebensräume und als Trinkwasser genutztes Grundwasser müssen bis 2027 um 50 Prozent reduziert werden, gegenüber dem Mittel der Jahre 2012 bis 2015. Ist absehbar, dass das nicht gelingt, muss der Bundesrat handeln.
Gesenkt werden sollen auch die Nährstoffverluste der Landwirtschaft. Konkrete Reduktionsziele nennt die Vorlage aber nicht. Der Nationalrat hat sich hier dem Ständerat angeschlossen. Stickstoff und Phosphor müssen demnach bis 2030 im Vergleich zum Mittel von 2014 bis 2016 «angemessen reduziert» werden.
Suisse-Bilanz soll angepasst werden
Mit einer Motion seiner Wirtschaftskommission (WAK-S) verlangt der Ständerat zudem, die Suisse-Bilanz der Bauernbetriebe für Dünger und Futter an die effektiven Verhältnisse anzupassen. Standort, Ertragspotential der Kulturen und Futterverbrauch müssen demnach besser berücksichtigt und an die Praxis angepasst werden.
Die WAK-S begründete die Motion mit dem Absenkpfad für Dünger und Nährstoffe, den die Vorlage neu vorschreiben will. Der Rat nahm die Motion mit 26 zu 15 Stimmen an, gegen den Willen des Bundesrates.
Entgegnung auf Initiativen
Formell ist die Vorlage der ständerätlichen Wirtschaftskommission (WAK-S) zwar kein indirekter Gegenvorschlag zur Trinkwasser-Initiative und zur Pestizidverbots-Initiative, über die im kommenden Juni abgestimmt wird. Er soll den Volksbegehren aber den Wind aus den Segeln nehmen.
Die Vorlage der WAK-S beinhaltet Anpassungen im Chemikaliengesetz, im Landwirtschaftsgesetz und im Gewässerschutzgesetz. Diese und auch die Motion der WAK-S gehen nun an den Nationalrat.