Ein im Februar von der Wirtschaftskommission des Ständerates (WAK) in die Vernehmlassung geschickter Gesetzesentwurf sieht vor, dass Risiken, die mit dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln für Oberflächengewässer, naturnahe Lebensräume und als Trinkwasser genutztes Grundwasser verbunden sind, bis 2027 um 50 Prozent reduziert werden müssen. Dies gegenüber dem Mittel der Jahre 2012 bis 2015.
Senken will die Kommission zudem die Risiken, die mit dem Einsatz von Biozidprodukten verbunden sind. Die Regelung schliesst somit neben dem Pestizideinsatz der Landwirtschaft auch jenen der öffentlichen Hand und Privater ein.
Breite Zustimmung
Eine Auswertung von Vernehmlassungsantworten durch die Nachrichtenagentur Keystone-SDA zeigt, dass die Vorlage insgesamt und auch das darin formulierte numerische Ziel bis 2027 bei Parteien und dem Schweizer Bauernverband (SBV) auf breite Zustimmung stossen.
- Die Grünen sehen darin einen wichtigen Schritt für den Ausstieg aus Pestiziden und Bioziden. Sie fordern zusätzlich ein sofortiges Verbot von Glyphosat und weiteren besonders schädlichen Pflanzenschutzmitteln.
- Die CVP lehnt ein generelles Verbot von Pestiziden als unverhältnismässig ab, betont aber, dass mit dem Bundesgesetz dem gestiegenen Interesse an Umweltschutz und Nachhaltigkeit in der Bevölkerung Rechnung getragen werde.
- Den vorgesehenen Absenkungspfad bezeichnet die SP Schweiz als wirksames und faires Instrument.
- Die SVP und der Bauernverband mahnen, die Ernährungssicherheit dürfe dadurch nicht beeinträchtigt werden. Pflanzenschutzmittel seien für die Erzeugung gesunder, sicherer und lagerfähiger Lebensmittel unerlässlich, schreibt der SBV.
Gleichbehandlung von Pestiziden und Bioziden
FDP, CVP, SVP und der SBV sprechen sich dafür aus, dass analog zu den Pestiziden auch Biozide mit konkreten Reduktionszielen mit einbezogen werden sollten. Biozidprodukte würden nämlich um einiges breiter eingesetzt als Pflanzenschutzmittel, etwa im Gartenbau, in der Forstwirtschaft, von Unterhaltsdiensten, Verkehrsbetrieben, im Gewerbe und von Privaten.
Zu wenig verbindlich für die Grünen
Die Grüne Partei Schweiz ist der vorgeschlagene Absenkungspfad für Pestizide und Biozide zu unverbindlich. Für die CVP ist das Reduktionsziel von 50 Prozent bis 2027 ambitioniert, aber realistisch. Genaue Eckwerte für einen späteren Zeitraum zu definieren, sei allerdings nicht angezeigt.
Auch der SBV lehnt eine gesetzliche Verankerung dieser Ziele über 2027 hinaus ab. Zunächst müssten durch den Bund klare Indikatoren zur Zielerreichung festgelegt und die Reduktionsziele im Jahr 2027 überprüft werden.
Bio Suisse will Fernziel «Netto Null 2050»
Grünliberale und SP vermissen hingegen einen weiteren Planungshorizont im Gesetzesentwurf. Sie fordern «eine ambitioniertere Absenkung des Risikos» mit einer Reduktion um 70 Prozent bis 2035 sowie um 90 Prozent bis 2040.
Noch weiter geht Bio Suisse. Der Dachverband der Schweizer Knospe-Betriebe verlangt einen zweiten zeitlichen Horizont für den Absenkungspfad nach 2027 sowie das Fernziel «Netto Null 2050» für chemisch-Synthetische Pestizide und Biozide.
Landwirtschaftliche Forschung fördern
Eine weitere Unterstützung der landwirtschaftlichen Forschung in Zukunft wünschen sich in ihren Vernehmlassungsantworten SVP, FDP und Grüne. Eine Risikoreduktion sowie auch die Reduktion des Pestizideinsatzes sei nur möglich, wenn praxistaugliche, innovative Alternativen zur Verfügung stünden, hält die FDP fest. Forschung und Entwicklung auf diesem Gebiet sei daher besonders Sorge zu tragen.
Die Grünen verlangen eine Förderung der biologischen Landwirtschaft und die Stärkung der Forschung im Bereich Pflanzenschutz. Insbesondere müssten die finanziellen Mittel für das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) erhöht werden.
Zwei anstehende Volksinitiativen
Die Gesetzesarbeiten stehen im Zusammenhang mit zwei Volksinitiativen. Um einen Gegenvorschlag handelt es sich gemäss früheren Angaben der Wirtschaftskommission des Ständerates aber ausdrücklich nicht.
Die Pestizid-Verbotsinitiative verlangt ein Verbot synthetischer Pestizide. Laut der Trinkwasserinitiative sollen nur noch jene Bauern Subventionen erhalten, die auf den Einsatz von Pestiziden, von vorbeugend oder systematisch verabreichten Antibiotika und auf zugekauftes Futter verzichten.