Der Schriftführer des Komitees hinter der sogenannten Maienfelder Erklärung ist wohlbekannt: Biologe Marcel Züger hat 17 Vertreter(innen) aus Forschung und Lehre, Biosphären- und Naturpärken sowie andere Biologen und Naturschützer versammelt, die eine gemeinsame Botschaft an Politik und Öffentlichkeit richten. Die aktuelle Wolfspolitik mit strengem Schutz der Grossraubtiere sei ein Naturschutz-Problem.
«Weltweit bedrohte Besonderheit»
Die Maienfelder Erklärung argumentiert mit dem «gewaltigen Formen- und Artenreichtum», der in extensiv bewirtschafteten Kulturlandschaften mit ihren Wiesen und Weiden zu finden sei. Sie stellten eine weltweite Besonderheit dar, seien aber wegen der enorm arbeitsintensiven Bewirtschaftung aus ökonomischen Gründen gefährdet. «Gleichzeitig ist hier zuverlässiger Herdenschutz gänzlich unmöglich», heisst es in dem Schreiben.
Was Flächen oberhalb der Baumgrenze betrifft, hat Pro Natura im letzten Sommer ein gegenteiliges Argument ins Feld geführt. In dieser Höhe drohe keine Verbuschung und die Beweidung habe daher keinen biodiversitätsförderlichen Effekte. In der Schweiz würde das auf 40 Prozent der Sömmerungsflächen zutreffen, hiess es damals. Aus Sicht des Umweltverbands sollte sich die Alpwirtschaft daher auf jene Gebiete konzentrieren, wo sie der biologischen Vielfalt zuträglich ist – die Schafsömmerung sei neu zu denken und gemeinsam solle eine Gesamtstrategie erarbeitet werden. Nach den ausführlichen Debatten rund um die erste Bestandsregulation der Wölfe in der Schweiz in diesem Winter ist es um diesen Vorschlag ruhig geworden.
Dient auch dem Wolf
Auch aus der Landwirtschaft wurde in der Vergangenheit wiederholt auf die Gefahr hingewiesen, dass vielfältige Alpweiden aufgegeben werden könnten, falls sich kein gangbarer Weg für den Umgang mit dem Wolf findet. Die Unterzeichnenden der Maienfelder Erklärung ergänzen, ein regional differenziertes, aktives Wolfsmanagement diene auch der Grossraubtierart. Schliesslich würden Wölfe nur dann auf Dauer akzeptiert, wenn die Konflikte gelöst werden.
Sich nicht schuldig machen
Wie dieses aktive Wolfsmanagement bzw. der Umgang mit den Grossraubtieren in Europa aussehen sollt, skizziert das Komitee folgendermassen:
Weideschutzgebiete: Wo technisch kein Herdenschutz möglich ist oder Naturschutzgründe gegen die Anwesenheit von Wölfen sprechen, sollen sie nicht toleriert werden. Mit Pufferzonen will man wandernde Wölfe fernhalten.
Bestandsregulation: Das Ziel sei ein langfristig zwar überlebensfähiger, aber auch naturschutz- und sozialverträglicher Wolfsbestand. Der Genaustausch innerhalb der europäischen Population sei sicherzustellen.
Rote Linie: Unangemessenes Verhalten führt zum Abschuss von Wölfen. Dazu gehören fehlende Menschenscheu oder das Überspringen von Herdenschutzzäunen. Die Tiere sollen Siedlungen, Herdenschutzhunde und Grossvieh meiden.
Herdenschutzmassnahmen: Wenn der Herdenschutz zur Voraussetzung für Abschüsse gemacht werde, müsse der Saat sämtliche Kosten, Material und Arbeit (inklusive Unterhalt und Erneuerung) für die entsprechenden Massnahmen übernehmen.
«Ohne eine Anpassung der Wolfspolitik ist die zunehmende Gefährdung streng geschützter Arten unausweichlich», heisst es in der Erklärung weiter. Europa würde sich schuldig machen an einer grossflächigen Verschlechterung bedrohter Lebensräume. Daher halte man es für «dringend geboten» den Schutzstatus des Wolfs in der Berner Konvention «umgehend» zu senken.