Die agrarpolitisch eher ruhigen Herbstwochen neigen sich dem Ende zu. Mit der Wintersession der eidgenössischen Räte dürften wieder ein paar wichtige Pflöcke eingeschlagen werden.
Inoffizieller Gegenvorschlag
Die Session beginnt am 30. November, einen Tag nach dem ersten Advent. Schon am Mittwoch, 2. Dezember, kommt es zu einem ersten wichtigen agrarpolitischen Entscheid. Der Nationalrat wird sich gemäss dem aktuellen Programm über die Parlamentarische Initiative (PI) des Ständerats beugen. Die kleine Kammer hat dieser bereits in der Herbstsession zugestimmt.
Die PI fordert eine Risikoreduktion beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Sie gilt als inoffizieller Gegenvorschlag zu den Pflanzenschutz-Initiativen, welche am 13. Juni 2021 zur Abstimmung kommen.
Optimistischer SBV
Gleichzeitig enthält die PI seit der turbulenten Behandlung im Ständerat einen Passus, der eine «angemessene» Reduktion der Nährstoffemissionen fordert. Ursprünglich hatte die Wirtschaftskommission (WAK) des Ständerats strenge Vorgaben mit prozentualen Absenkungen bei Phosphor und Stickstoff vorgesehen, diese konnten im Plenum aber entschärft werden.
Einen weiteren Ergänzungsvorschlag fügte die WAK des Nationalrats an. Sie beschloss, den Artikel 6a des Landwirtschaftsgesetzes zu erweitern. Demnach sollten importierte Kunstdünger möglichst durch einheimische Hofdünger zu ersetzen sein. Ob sich diese Ergänzung aber durchsetzen kann, wird erst die Nationalratsdebatte zeigen.
Beim Schweizer Bauernverband (SBV) ist man optimistisch, dass die PI mehr oder weniger ungeschoren durch den Rat kommt und damit rechtzeitig vor den Abstimmungen unter Dach gebracht werden kann, wie Direktor Martin Rufer auf Anfrage der BauernZeitung erklärte.
Kommts zur Sistierung?
Noch fast wichtigere Weichen wird in der Wintersession der Ständerat stellen. Er debattiert vorbehältlich Programmänderungen am 14. Dezember über die Sistierung der Agrarpolitik 2022+ (AP 22+). Die WAK-S hat dem Plenum einen solchen Schritt empfohlen. Gleichzeitig hat sie ein Kommissions-Postulat verabschiedet, das dem Bundesrat eine ganze Reihe von Aufgaben beschert. Er soll u. a.:
- Massnahmen zur Aufrechterhaltung des Selbstversorgungsgrades erarbeiten.
- Die AP in Richtung einer ganzheitlichen Ernährungspolitik erweitern.
- Die Komplexität der AP reduzieren und diese auf besonders wirksame Instrumente fokussieren, womit auch der administrative Aufwand reduziert würde.
- Die Wettbewerbsverzerrungen zwischen Inlandproduktion und Importen abbauen.
Als Zweitrat muss im Frühjahr dann der Nationalrat die Sistierung diskutieren. Sollte das Paket in dieser Form durchkommen, würde sich die nächste Politrevision wohl um mindestens drei Jahre verzögern.
Es braucht nur einen Rat
Beim SBV ist man optimistisch, dass der Ständerat der Sistierung zustimmen wird. «Das Postulat ist dann effektiv eine gute Grundlage für die Weiterentwicklung der Agrarpolitik», sagt Direktor Martin Rufer. Er erinnert auch daran, dass es reicht, wenn nur einer der beiden Räte der Sistierung zustimmt. Das heisst (wie berichtet): auch wenn der Nationalrat das Vorhaben abweist, wäre die Sistierung der AP 22+ bei einem Ja des Ständerats beschlossen.