A wie Absenkpfad: Das Relikt aus der politischen Diskussion um die Agrar-Initiativen hielt die Branche bis fast in die Weihnachtstage auf Trab. Während die Reduktion der Pflanzenschutzmittelrisiken relativ ­unumstritten ist, bleibt der Nährstoffpfad stark umkämpft. Das bessere Ende behielt in der Wintersession die Mehrheit der ­Landwirtschaft und ihrer Vertreter(innen). Sie brachten auch im Nationalrat eine Mehrheit für die Motion Gapany zusammen, welche die Erhöhung der Absenkung von N und P auf 20 Prozent bis 2030 reduzieren will. Während die Bauern die Nährstoffe absenken sollen, kommt es aufgrund des Pfads zu einem Ausbau der Stellen beim BLW. Insgesamt dürfte vom allseits zumindest rhetorisch beabsichtigten Abbau der Administration rund um die Landwirtschaft am Schluss wenig übrig bleiben. Wobei von einem baldigen Abschluss der Diskussionen um die Agrarpolitik ohnehin nicht auszugehen ist. Neu auf den Plan kam im Lauf des Jahres der Begriff eines Minipakets (AP 22+) und bereits wird über AP 30+ diskutiert. Ein weiterer Dauerbrenner ist der Anbindestall. Während er in Österreich ab 2024 verboten wird, bleibt das System in der Schweiz zwar nicht unbestritten, aber ernsthaft gefährdet ist er nicht, dies auch dank dem Lobbying der IG, die es im laufenden Jahr sogar schaffte, Agrarminister Parmelin in einen Anbindestall zu lotsen. Dieser bleibt den Bauern übrigens weiter erhalten. Er hat seinem Departement in der Ämterverteilung nach der Bundesratswahlen die Treue gehalten.

 

B wie Biodiversität(s-Initiative): Nicht dass man sich dringend weitere Agrar­abstimmungen erhoffte, aber der nächste Urnengang wird kommen, voraussichtlich frühestens 2024. Vielmehr als vor der Initiative fürchtet man sich in der Branche vor einem indirekten Gegenvorschlag, beim Bauernverband geht man davon aus, dass bis zu 30 Prozent der Landesfläche der Biodiversität gewidmet werden sollen, so, wie dies etwa den Initianten vorschwebt. Viel zu reden gaben im zu Ende gehenden Jahr auch die Biodiversitätsflächen, kurz BFF. Zusätzlich zu den bereits realisierten BFF im Umfang von rund 19 Prozent der Landwirtschaftlichen Nutzfläche will der Bund künftig 3,5 Prozent BFF auf dem Ackerland. Trotz entsprechender Anstrengungen im Parlament ist es den Bauernvertretern aber nicht gelungen, diese Pläne zu vereiteln. Apropos Bio: Interessanterweise hat im laufenden Jahr ausgerechnet der Discounter Aldi ein neues Biolabel lanciert, das strengere Richtlinien sein Eigen nennt als die Knospe von Bio Suisse. Zwar handelt es sich hier nur um eine kleine Nische, aber der eine oder andere Biovertreter soll aufgrund der Nachricht leicht erbleicht sein.

 

C wie Corona: Im dritten Jahr seiner Herrschaft hat das Virus stark an Dominanz verloren. Die Vorsichtsmassnahmen wurden weitgehend abgebaut, am sichtbarsten ist im öffentlichen Leben der Wegfall der Maskenpflicht. Das hatte auch Auswirkungen auf das traditionell sehr aktive bäuerliche Versammlungsleben zwischen Carouge und Romanshorn. Man traf sich – so der Eindruck des Chronisten – häufiger als je zuvor. Dabei waren die einleitenden Worte der Vorsitzenden meist identisch. Sie priesen durchs Band die Bedeutung des physischen Zusammenkommens. Eine solche Veranstaltung, allerdings nur im kleinen Kreis mit einigen Journalist(innen) organisierte auch die Milchverarbeiterin Cremo. Dort bäckt man kleinere Brötchen als auch schon, nach der Schliessung des Standorts Steffisburg holt nun auch Lucens das gleiche Schicksal ein. Ganz anders Coop, die munter weiter wächst. «Schweizer Produkte sind das Wichtigste für uns», beteuerte CEO Philipp Wyss im April beim Interview mit der BauernZeitung. Das hörten wir natürlich gern, allerdings stimmen uns die Aktionsinserate der Firma zuweilen skeptisch, ob er das wirklich ernst gemeint hat.

 

D wie Düngermangel: Es war vor diesem Jahr kaum vorstellbar, dass ein Düngermangel Tatsache wird. Doch der Konflikt in der Ukraine hat die Branche eines Besseren belehrt. Das war nicht der einzige Moment der Dämmerung in diesem Jahr, auch in anderen Bereichen war plötzlich alles knapp oder mindestens massiv teurer, vom Baustoff bis zum Zeitungspapier.

 

E wie Energieknappheit: Zu den unerwarteten Begleiterscheinungen der russischen Invasion in der Ukraine gehörte auch eine Energiekrise. Plötzlich diskutierte man in der Schweiz die Abschaltung des Stroms, und der Bund lancierte Sparkampagnen, welche an die Eierkochak­tion namens Bravo von Adolf Ogi anno 1990 erinnerte. Nur dass alles diesmal noch viel ernster ist. Zwar dürften wir diesen Winter einigermassen ungeschoren überstehen, aber man warnt bereits vor langfristigen Engpässen. Keinerlei Energieknappheit verzeichneten dagegen die bäuerlichen Vertreter am ESAF in Pratteln. Nicht weniger als 64 böse Bauern, Agronomen und Landmaschinenmechaniker stiegen im Baselbiet ins Sägemehl. Den Königstitel holte sich am Joel Wicki aus Sörenberg LU. Der Baggerunternehmer und Landwirt in Ausbildung schlug seinen Berner Kollegen Matthias Aeschbacher in einem packenden Schlussgang und sorgte in seiner Heimat für Euphorie. Davon zeugten unter anderem auch die Gratulationen auf Leintüchern und Schaltafeln quer durchs ganze Entlebuch.