Vor zwei Wochen nahmen viele ehemalige Schüler und Arbeitskollegen an der Abdankung von Erni Keller teil. Der Landwirtschaftslehrer und Berater hatte ein reich erfülltes Leben und blieb lange über seine Pensionierung hinaus aktiv. Am 1. März 2024 ist er 98-jährig gestorben. Wir (Gabriel Popow und Hermann Brenner, ehemalige Weggefährten) durften mit Erni Keller mehrere Jahre zusammenarbeiten und von seinem enormen Fachwissen profitieren.
Aufbau der Zentralstelle für Pflanzenschutz und Engagement bei der landwirtschaftlichen Lehrmittelzentrale in Zollikofen
Erni Keller prägte in den 60er-, 70er- und 80er-Jahren den Pflanzenschutz in der Schweiz bedeutend mit. Nach dem Agronomiestudium an der ETH und einigen Wanderjahren im Ausland und an den Landwirtschaftsschulen Grangeneuve FR und Marcelin VD wurde er 1962 an die Landwirtschaftsschule Arenenberg berufen. Dort baute er die Zentralstelle für Pflanzenschutz des Kantons Thurgau auf und unterrichtete das Fach Pflanzenschutz.
Sein Unterricht war immer fesselnd, indem er die Themen mit verständlichen, anschaulichen Beispielen gestaltete und seine eigenen Fotos, zumeist eindrückliche Makroaufnahmen, einbaute. Seine Bilder stellte er grosszügig auch den Kollegen zur Verfügung. Der Unterricht war anspruchsvoll. Als strenger Lehrer forderte Erni Keller Disziplin, doch sein Wissen kam bei den Schülern an. Da keine entsprechende Literatur vorhanden war, engagierte er sich bei der landwirtschaftlichen Lehrmittelzentrale Zollikofen und wurde Autor von verschiedenen Lehrmitteln wie zum Beispiel dem Ordner «Einführung in den Pflanzenschutz» oder dem in eine Westentasche passenden «Bestimmungsbüchlein für Krankheiten und Schädlinge der landwirtschaftlichen Kulturpflanzen». Die Hilfsmittel sollten so gestaltet sein, dass sie der Landwirt auch im Alltag tatsächlich einsetzt. Noch heute finden sich seine Darstellungen über Entwicklungszyklen von Schädlingen und Pilzkrankheiten in den Lehrmitteln.
Ein Vordenker für den integrierten Pflanzenschutz
Der Zentralstelle für Pflanzenschutz oblag es damals u. a., den Bauern eine neutrale, objektive Beratung anzubieten. Die Zahl der bewilligten chemischen Pflanzenschutzmittel stieg laufend. Für den Landwirt, aber auch für den Berater (wie uns Erni sagte), wurde es immer schwieriger, einen Überblick zu behalten. Mit der Idee, die Pflanzenschutzmittel in kulturspezifischen Tabellen in einer Broschüre übersichtlich darzustellen, hat Erni Keller ein wichtiges Hilfsmittel im Pflanzenschutz geschaffen. Erstmals gab es einen über die Firmen hinweg gehenden Spritzplan. Unter Mitarbeit von Gabriel Popow wurde im Jahr 1979 die erste Ausgabe dem «Thurgauer Bauern» beigelegt. Die Broschüre hat sich bis heute bewährt und wird auch noch nach 45 Jahren herausgegeben.
Erni Keller war es immer ein Anliegen, dass der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nur bei Bedarf nach Bekämpfungsschwelle und gezielt auf den Schaderreger erfolgte. Er hat schon früh die Zusammenhänge in der Natur erkannt und setzte sich für einen integrierten Pflanzenschutz ein. Insbesondere die Bedeutung der Nützlinge hat er immer hervorgehoben. Die Probleme vernetzt und ganzheitlich zu betrachten, war ihm wichtig. In dem Sinne war er vorausschauend und ein Vordenker. In der damaligen Kommission für Pflanzenschutz im Bundesamt für Landwirtschaft setzte er sich schon früh für den IP-Gedanken und zweckmässige, in der Praxis umsetzbare Verordnungen ein.
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Einsatz für den Engerlingsfonds und Beitrag zur Maikäferbekäpfung
Während der ganzen beruflichen Laufbahn begleitete Erni Keller ein Thema: die Maikäfer! Bereits in den 50er-Jahren, damals noch in einer privaten Pflanzenschutzmittelfirma angestellt, befasste er sich mit der chemischen Maikäferbekämpfung. Als Zentralstellenleiter führte er dann auch im Kanton Thurgau Aktionen zur Maikäferbekämpfung durch. Im Frühling 1973 wurde dann eine bereits vorbereitete Bekämpfungsaktion sistiert. In der Folge wurden die 1974 entstandenen Schäden vom Staate vergütet. Unter Mitwirkung von Erni Keller wurde ein Gesetzestext ausgearbeitet, welcher die Bildung eines speziellen Fonds für die Vergütung von Engerlingsschäden vorsah. Um diesen Engerlingsfonds, der heute als Pflanzenschutzfonds weiter besteht, beneiden uns viele Kantone. Anstelle der chemischen Bekämpfung wurde in Zusammenarbeit mit der Forschungsanstalt Reckenholz die biologische Maikäfer- und Engerlingsbekämpfung mit einem Pilz entwickelt. Erni Keller leistete einen grossen Beitrag an das Gelingen der neuen Bekämpfungsmethode.
Nicht nur seine grossen fachlichen Kompetenzen, sondern auch seine menschlichen Qualitäten haben uns immer beeindruckt. Er hat uns jungen Lehrkräften und Beratern immer Mut gemacht und uns tatkräftig unterstützt. Er war uns in all den weiteren Jahren ein grosses Vorbild.