"Man sollte doch die Leute anstellen, die schon in der Schweiz sind", erklärt Beat Bösiger, auf dessen Gemüsehof in Niederbipp BE gestern Nachmittag ein Schnuppertag für Flüchtlinge stattfand. Der Bauernverband, die Caritas und der Betrieb Bösiger Gemüsekulturen AG organisierten den Anlass, bei welchem die potenziellen Arbeitskräften die verschiedenen Arbeitsfelder des Gemüsebaus und Möglichkeiten der Berufsbildung in der Landwirtschaft kennenlernen konnten.
Neue Arbeitskräfte gewinnen
18 junge Eritreer schnupperten am Anlass Landwirtschaftsluft. Vieles sei für sie gewöhnungsbedürftig, heisst es in einer Mitteilung des Berner Bauernverbandes: Die Betriebsstrukturen, Essgewohnheiten oder das Arbeiten mit Technik und Natur.
Mit dem Projekt will man neue Arbeitskräfte gewinnen. Im Kanton Bern beschäftigt die Landwirtschaft jedes Jahr rund 1000 Personen für saisonale Arbeiten. Der grösste Teil der Arbeiter kommen aus dem Ausland. Künftig möchte man das Inländerpotenzial von Asylsuchenden für diese Aufgaben gewinnen.
Integration ins Arbeitsleben
Auch für die Flüchtlinge sei die Arbeit in der Landwirtschaft eine Chance. So könnten sie ins Arbeitsleben einsteigen, meint Bösiger, der auf seinem Betrieb rund 160 Personen beschäftigt, die Hälfte davon saisonale Arbeitskräfte. Sobald sie die Sprache können, stehen ihnen die Türen für die Bildungslandschaft in der Schweiz offen, heisst es beim Berner Bauernverband. "Das sind ja nicht einfach irgendwelche, sondern oft gebildete Menschen aus ganz verschiedenen Branchen", so Beat Bösiger. Ein Teil würde aber in der Branche bleiben, und so den ausgetrockneten Arbeitsmarkt etwas entlasten.
Anspruchsvolle Anstellung
Der Nachmittag hat einen Erfolg zu verzeichnen, so gab es eine konkrete Anfrage eines Teilnehmers um eine Anstellung bei Bösiger Gemüsekulturen AG, so der Berner Bauernverband. Leider sei es aber nicht so leicht, Asylbewerber anzustellen, meint Bösiger: "Dafür braucht es einen speziellen Antrag und viel Zeit. Dann kann es schon mal sein, dass plötzlich die Saison vorbei ist, bevor man jemanden anstellen konnte."
Zudem fehle auch bei vielen Flüchtlingen der Anreiz, sich anstelle zu lassen. Denn die Asylbewerber müssten einen grossen Teil vom Lohn wieder bei der Gemeinde abgeben. Während ihre Kollegen ohne Arbeit am Ende des Monats fast noch mehr hätten. "Denn diese müssen keine Abgaben machen und bekommen die Krankenkasse und Unterkunft bezahlt", so Bösiger.
Bauer Ramser und die Eritreer
Ein aktueller Dokumentarfilm von SRF beschäftigt sich ebenfalls mit der Thematik Integration. Der Film erzählt die Geschichte des Eritreer Tesfu, welcher seit eineinhalb Jahren auf Bauer Markus’ Hof arbeitet. Markus ist überzeugt, dass Integration nur gelingen kann, wenn man sie lebt. Das Experiement hat aber seine Tücken. Der Kulturunterschied wird dem Bauer erst richtig bewusst, als Tesfu seine Frau nachholt. Der Dokumentarfilm über Tesfu und Markus ist am Donnerstag, 30.05.2019 um 20:05 Uhr auf SRF 1 zu sehen.