Auf dem Hof wie im Sport arbeitet die ganze Familie Luder zusammen. In ihrem Stall steht ein Pferdegespann von Weltklasse: Marcel Luder hat mit seinen Freibergern an der Weltmeisterschaft der Zweispännerfahrer vor einem Monat zwei Silbermedaillen geholt.

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Aber Geld lässt sich damit nicht verdienen – das ist die Aufgabe der Milchkühe und der weiteren Standbeine des Landwirtschaftsbetriebs im aargauischen Oftringen.

Es hat sich planmässig entwickelt

Marcel Luder begrüsst im Stallbüro mit Aussicht auf die 60-köpfige Red-Holstein- und Holsteinherde im Boxenlaufstall. Dieses Gebäude gab es erst auf dem Papier, als vor neun Jahren die BauernZeitung das erste Mal zu Besuch war. Damals hatte Marcel Luder das druckfrische Diplom als Meisterlandwirt in der Tasche und war offiziell in den elterlichen Betrieb in Form einer Generationengemeinschaft eingestiegen. Zwanzig Milchkühe standen im Anbindestall.

«Es hat sich planmässig entwickelt», zieht der heute 34-Jährige Bilanz. Die Betriebszweige Milchproduktion und Lohnarbeiten wurden ausgebaut, als zusätzliche Arbeitskräfte sind sein Bruder Patrick und ein Lernender eingestiegen. Marcel ist mittlerweile verheiratet und Vater eines einjährigen Sohnes. Seine Partnerin Andrea arbeitet täglich mit im Rindviehstall und beteiligt sich am Training und Bewegen der Pferde. Ihren Teilzeitjob als Primarlehrerin gibt sie Ende Jahr auf – zu Hause hat es Arbeit genug. Vater Willi arbeitet vorwiegend im Stall und leistet mit seinem topmodernen Klauenstand auf anderen Betrieben Dienste. Das Ressort von Mutter Käthi auf dem Betrieb ist der Pferdestall. Marcel fokussiert die Feld- und Lohnarbeiten; beim Milchvieh sei er mehr der Coach als der Handarbeiter.

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Arbeitsplanung findet spontan statt

Die Arbeitsplanung sei recht spontan, trotzdem funktioniere es gut, erzählt Marcel Luder. Besprechungen finden nach Bedarf statt. Es hilft, dass sich die Familienmitglieder regelmässig am Esstisch treffen, obwohl jede Generation ihren eigenen Haushalt führt, denn die Frauen wechseln sich teilweise ab mit kochen. «Als Landwirt musst du extrem flexibel sein, es kommt sowieso anders als erwartet», ist Marcel Luders Erfahrung. Dieses Jahr leider mehrmals im negativen Sinn, gibt er offen Auskunft. Es gab ungewöhnlich viele Reparaturen an Gebäuden, festen Einrichtungen und Maschinen.

Solche Phasen gebe es, nicht immer könne alles rund laufen, das kenne wohl jeder, relativiert der Landwirt. Er ist bekannt für seine guten Nerven, die helfen ihm auf dem Concours wie im Alltag. An der Weltmeisterschaft in Frankreich schaffte er einen grandiosen Sieg in der Teilprüfung Marathon (Video), und im Hindernisfahren gelang ihm als einzigem Teilnehmer ein Nullfehlerumgang in der Zeit. Zusammen mit einer guten Dressur resultierte die Silbermedaille als Einzelfahrer und nochmals Silber mit der Schweizer Mannschaft. Der Fahrer betont den Anteil seiner Familie am Erfolg. Mit dabei waren seine Frau als Turnierhelferin und Bruder Patrick als Beifahrer auf dem Wagen; die Eltern führten zu Hause den Betrieb.

Unkomplizierte Weltklassepferde

Luders Weltklassepferde sind alles andere als kompliziert. Sie verdienen sich ihr Heu auch mit Gesellschaftsfahrten, und kürzlich rollte Vater Willi den Gülle-Schleppschlauch zu Pferd aus, eine bodenschonende Alternative zum Traktor bei nassem Wetter. Wenn auf dem Betrieb viel Arbeit anfalle, hätten die Vierbeiner immer mal wieder Trainingspause und werden nur im Gelände bewegt, gemäss Marcel Luder überhaupt kein Schaden: «Dafür sind sie am Wettkampf voll motiviert.»

Das WM-Preisgeld deckt gerade mal die Kosten für den Trainer und für den Diesel des Pferdetransports; der Fahrsport rentiert finanziell nicht. Auf dem Betrieb gelten andere Massstäbe. Der Landwirt blickt noch einmal zehn Jahre zurück. «Während der Betriebsleiterschule haben alle von der Milchwirtschaft abgeraten», erinnert er sich. Er blieb dabei und bezog den neuen Stall 2016, als der Milchpreis auf einem Tiefpunkt war: «48 Rappen pro Kilo wurden damals ausgezahlt, derzeit sind es über 70 Rappen.»

Funktionelle Merkmale haben Priorität

Familie Luder produziert Wiesenmilch für Emmi. Der Herdenschnitt liegt bei 9200 Kilogramm. Er habe in der Anfangszeit zu viele Kühe nachgenommen, erklärt Marcel Luder, heute selektioniere er konsequenter. Während der Aufstockungsphase legte er bei der Anpaarung Wert auf Milch, aktuell setzt er die Priorität auf funktionelle Merkmale und insbesondere das Euter.

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Besamt werden die Milchkühe etwa zu einem Drittel mit gesextem Samen für die Eigenremontierung, zwei Drittel mit Mastrassen.

Zusätzliche Boxen gebaut

2021 wurden 23 Aussenboxen realisiert, die beim Neubau schon angedacht waren, und ein neuer Kälberstall mit zusätzlichem Gülleraum erstellt. Alle Kälber bleiben auf dem Betrieb, die Mastrassen verlassen ihn mit einem angestrebten Schlachtgewicht von 145 Kilo Richtung Schlachthof. Anfänglich wurde von Hand getränkt, heute kommt die Milch aus dem Tränkeautomat. «Eine Investition, die sich zu hundert Prozent gelohnt hat», wegen der Zeitersparnis wie auch im Hinblick auf die Zunahme und Gesundheit der Tiere.

Die älteren derzeit 17 Aufzuchttiere belegen im Winter den früheren Milchviehstall, während der Vegetationsphase ist das Jungvieh durchgängig auf der Weide und in den Sommermonaten auf der Alp.Wegen dieser extensiven Fütterung setzt Marcel Luder das ideale Abkalbealter bei 26 bis 28 Monaten an.

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Traum vom Vierspänner

Auf dem Betrieb gelte es nun zu konsolidieren, schaut der Landwirt auf die kommenden Jahre voraus, bei den Lohnarbeiten das Bestehende erweitern, aber nichts Neues anreissen.

Generelles Ziel ist ein runderes nächstes Jahr mit tieferer Arbeitsbelastung. Er weiss, dass er seinem Team viel zumutet und auch sich selber. Doch die Topform seiner Pferde ist verlockend: «Nächstes Jahr ein, zwei Turniere vierspännig fahren – das wäre ein Traum.»

Betriebsspiegel Generationengemeinschaft Luder
 
Betriebsleiter: Willi und Käthi Luder, Marcel und Andrea Luder
Standort: Oftringen AG
LN: 30 ha; Ackerbau mit Silomais, Weizen, Gerste, Raps; 3 ha Wald
Tierhaltung: Rund 60 RH- und HO-Kühe, Wiesenmilch für Emmi; gut 20 Aufzuchttiere; rund 15 Mastkälber; 6 Freibergerpferde, 1 Pony
Weiteres: Lohnarbeiten (Rundballen pressen und wickeln, Transporte mit Kranwagen, Mulden oder Anhänger, holzen, säen); Klauen schneiden
Arbeitskräfte: Betriebsleiterpaare, Patrick Luder (100 Prozent), ein Lernender.