Karfreitag steht in der Zeitung und flimmert über die Bildschirme. Kriege erschüttern die Welt und bringen unermessliches Leid über die Menschen. Karfreitag bricht aber auch ins eigene Leben ein. Ein geliebter Mensch stirbt. Eine Diagnose zieht einem den Boden unter den Füssen weg. Eine schwere Krankheit lässt Menschen unerträglich leiden und Angehörige hilflos verzweifeln.
Auch die Passionsgeschichte in der Bibel erzählt von einem Leidensweg. Jesus wollte mit seinem Leben die Menschen und die Welt zum Guten verändern. Für die Hoffnung, dass eine andere Welt möglich ist, gab er sein Leben hin. Er brachte ein Stück Himmel in die Welt und zeigte, wie heilsam es ist, wenn Menschen sich berühren lassen vom Leiden des Mitmenschen und sich ihm in Liebe zuwenden. Dafür wollte er nicht sterben. Dafür hat er gelebt.
Ein Geschehen, für das es keine grellen Bilder gibt
An Ostern wird nicht einfach alles gut. Christus aufersteht verwundet. Daran erkennen ihn seine Freundinnen und Freunde: «Er zeigte ihnen die Hände und die Seite, da freuten sich die Jünger, weil sie den Herrn sahen» (Joh 20,20). Als Bild für die Auferstehung selbst und als Zeichen dafür, dass am Kreuz nicht die letzte Hoffnung gestorben ist, dient das leere Grab. Wer an die Auferstehung glauben will und daran, dass die Welt nicht in Krankheit, Tod und Vergeltung gefangen bleiben muss, vertraut sich einem Geschehen an, für das es keine grellen Bilder gibt.
Ostern ist ein flüchtiges Ereignis: Als die in ihrer Trauer gefangenen Jüngerinnen und Jünger den Auferstandenen erkennen, weil er das Brot bricht und vom Fremden zum Gastgeber wird, ist er schon «nicht mehr zu sehen» (Lk 24,31). Vielleicht lassen sich Ostermomente manchmal tatsächlich erst im Rückblick als das erkennen, was sie sind. Und dennoch gibt es sie.
Freundschaft, Liebe, Trost
Etwa dann, wenn Menschen einander über ethnische und religiöse Grenzen hinweg beistehen und Verfolgte Zuflucht finden. Wenn Religionen sich im gemeinsamen Glauben an den Frieden die Hand reichen, statt sich durch Hass und Hetze spalten zu lassen. Wenn sich in der Begleitung eines schwer kranken, sterbenden Menschen Momente der Nähe ergeben, in der die ganze Liebe, die verbindet, aufscheint. Wenn mitten in der Trauer ein gutes Wort oder eine liebevolle Geste eines Mitmenschen ein Licht des Trostes anzündet.
Ostergeschichten zeichnen die Karfreitagswelt nicht weich. Aber Ostern taucht sie in ein anderes, neues Licht. Ostergeschichten erzählen von der Hoffnung, dass Veränderung möglich ist. Dass es Menschen gibt, die füreinander da sind in Familie und Nachbarschaft und auch unter dem Druck der Repression immer wieder den Mut finden, aufzustehen für Gerechtigkeit und Freiheit, ohne die kein Friede möglich ist. Diese kraftvolle Zuversicht ist gespeichert im Oster-Ruf, der alle Christinnen und Christen über Generationen und Konfessionen hinweg verbindet: «Er ist wahrhaftig auferstanden!»
Felix Reich ist Redaktionsleiter der evangelisch-reformierten Zeitung «reformiert»