Deborah und Thomas hätten sich nie kennenlernen dürfen. Sie lebte in Aarau und arbeitete in Zürich, sie redete über Finanzen und Personalwesen. Sie kannte die Regeln: «Wenn du am Ende des Monats genug hast, kannst du dir Ferien und ein gutes Auto leisten.» Und das tat sie. Thomas stand auf einer Alp im Entlebuch, am Ende einer Einbahnstrasse, kaum breiter als sein Subaru. Hinter ihm war die Schrattenfluh, der Berg, den der Teufel im Kampf um eine Frau gekrallt hatte. Aber der Teufel hatte wohl die letzte erwischt. Also ging Thomas auf Tinder.

Zwei Jahre nach Thomas stieg Deborah in die Dating-App ein, 80 km und eine Welt entfernt. Sie stellte ihre Präferenz auf 20 km ein. Aber die Sterne standen günstig, und selbst der Teufel hörte auf zu atmen. Thomas lag mit einem Bänderriss im Spital in Wolhusen, und Deborah besuchte ihren Vater in Rothenburg, wie sie es jeden Sonntag tat. Sie waren weniger als 20 km voneinander entfernt, für ein paar Stunden.

Deborah hatte gewusst, dass etwas fehlte, bei jedem traurigen Gesicht auf jeder Zugfahrt zwischen Aarau und Zürich. Dieses Etwas war Thomas. Also tauschte sie ihren Mercedes gegen einen Subaru ein. Und ist jetzt mit Thomas hinter der Schrattenfluh.