«Im ersten Jahr wusste ich manchmal nicht, wie ich das alles schaffen soll», sagt Angela Burkhard. Man spürt beim Zuhören, dass die Übernahme der Alp Schnurrberg für die junge Frau zwar die Erfüllung eines Traums, aber kein Zuckerschlecken war.
Seit 2011 sind sie und ihr Partner Julian Burkhard Bewirtschafter der Alp. Diese umfasst ein Restaurant, 30 Hektaren Wiesland für 80 Rinder, sowie sieben Hektaren eigenes Land mit zwölf Mutterkühen und Kälbern.
Immer nur die Zürcherin
Den Kanton Zürich verbindet man nicht in erster Linie mit Alpwirtschaft, aber ja, Burkhards wohnen ganzjährig auf der Alp, 722 m ü. M. Anfang Februar ist das Alpfeeling für Besucher besonders gross: Alles ist überdeckt mit einer dicken Schicht Schnee, die Sonne scheint. Die grossen Fenster der Gaststube bieten eine wunderbare Aussicht aufs Tösstal. Angela Burkhard ist gelernte Bäckerin-Konditorin. Sie liebt ihren Beruf.
Wenn sie von der Zeit in der Backstube erzählt, leuchten ihre blauen Augen. Trotzdem absolvierte sie mit 20 die Bäuerinnenschule im Kloster Fahr, obwohl sie nicht katholisch ist und kein Bauer als Freund in der Pipeline war. «Für mich war es eine Weiterbildung fürs Leben. Ich war ganz begeistert, was man dort alles lernen konnte. Und natürlich faszinierten mich die Nonnen», erinnert sie sich zurück.
Liebe auf den zweiten Blick
Erste Alperfahrungen machte sie mit ihrem Ex-Freund aus Obwalden. Sie lernte ihn während einer Wintersaison in Arosa kennen. Die Zeit auf der Rinder- und Kuh-Alp Trübsee NW war intensiv und sie spürte dabei, dass sie ihren Freund zwar sehr liebte, er ihr aber nicht die Zukunft bieten konnte, die sie sich wünschte. «Ausserdem musste ich mich bei den Obwaldnern als Zürcherin immer sehr behaupten.»
Wenn sie sagte, sie komme aus dem Zürcher Oberland, wurde immer nur Zürich gehört – mit all den dazugehörenden Vorurteilen. «Dabei wuchs ich auf einem Hof in Seelmatten auf.» Das ist ein kleiner Weiler, der zu Turbenthal ZH gehört.
Kennengelernt haben sich Angela und Julian Burkhard an einem Dorffest. Sie kannten sich bereits vom Sehen her. «Julian hatte schon lange ein Auge auf mich geworfen, aber das merkte ich nicht. Ich hatte ja einen Freund.» Am besagten Fest war sie aber wieder single. Der junge Mann trank sich genügend Mut an und sprach sie endlich an.
Als Angela Burkhard erwähnte, dass sie am nächsten Morgen mit der Schwester zusammen den Stall machen müsse, sagte er sofort, dass er helfen wolle. Das Herz des Zimmermanns schlug schon immer für die Landwirtschaft. «Um sechs Uhr war keine Spur von Julian im Stall.» Erst um acht raste ein Auto auf den Hofplatz. «Natürlich war ihm nicht recht, dass er verschlafen hatte. Er wollte sich bei einem nächsten Treffen revanchieren», erzählt die Bäuerin. Unterdessen sind die beiden verheiratet und haben einen dreijährigen Sohn, Leroy. Leroy? «Das kommt aus dem Französischen und bedeutet ‹der König›», kommt die Erklärung prompt.
Stall, duschen und Küche
Aber wieder zurück ins Jahr 2011. Angela Burkhard arbeitete als ländliche Familienhelferin und ihr Partner absolvierte in Aarau das letzte Jahr seiner Weiterbildung zum Bauführer. Zur gleichen Zeit wurde ein neuer Bewirtschafter für den Schnurrberg gesucht.
Angela Burkhards Vater war im Vorstand der Alpgenossenschaft und wusste, wie gerne seine Tochter und ihr Freund einen Hof bewirtschaften würden. So kam es, dass die junge Bäuerin im ersten Jahr jeweils früh am Morgen zuerst den Stall machte, duschte und dann alles für die Küche vorbereitete. «Wenn um 9.30 Uhr die ersten Gäste kamen, musste alles bereit sein.»
Am Wochenende halfen Freund und jemand aus der Familie mit. «Dummerweise war 2011 ein super Sommer. Mehr als einmal wünschte ich mir schlechtes Wetter», sagt Angela Burkhard rückblickend.
Noch besser werden
«Egal wie viel Arbeit ich habe, ich will auch leben und zwischendurch etwas anderes sehen», sagt Angela Burkhard bestimmt. Deshalb ist das Restaurant im Januar nur an den Wochenenden geöffnet; im Februar ist es für vier und im Sommer für zwei Wochen geschlossen. «In der ruhigeren Winterzeit kann ich endlich überlegen, was wir noch besser machen könnten.»
Damit meint sie, wie sie noch mehr eigene Produkte vom Betrieb im Restaurant absetzen könnten. Dabei drehen sich die Gedanken beispielsweise um den Bananensplit oder das Schnipo. Wer weiss, vielleicht gibt es Ersteres ab März mit Birne statt Banane. Und vielleicht gibt es vermehrt Rindsplätzli à la Minute, statt zugekaufte Schweinsschnitzel. Die Zeit zum Nachdenken hat ja erst begonnen.
Weitere Informationen zum Hof: www.schnurrberg.ch