Am 10. März 2020 brach auf dem Grundhof ein neues Zeitalter an. Mittendrin stand die 23-jährige Muotathalerin Mirjam Schmidig. 115 Milchkühe mussten lernen, dass sie ab sofort nicht mehr im 20-plätzigen Melkkarussel gemolken werden, sondern von zwei De-Laval Melkrobotern VMS V300. Zuvor hatten die Kühe eine Angewöhnungszeit von einer Woche bekommen, in der sie im Melkroboter zwar nicht gemolken wurden, aber ihr Kraftfutter abholen konnten.

Ob das wohl je was wird?

«Das haben sie schnell begriffen», erzählt die junge Frau. Aber ab dem 10. März 2020 galt es ernst, das Melkkarussell wurde stillgelegt. Mirjam Schmidig und mit ihr die übrige vier-köpfige Frau- und Mannschaft des Grundhofs ­versuchten es den Kühen begreiflich zu machen, dass sie ab jetzt einen der zwei Roboter bitte auch zum Melken betreten sollten. «Tagelang trieben wir die Kühe in die zwei Roboterboxen», erinnert sie sich. Die Ersten begriffen es schnell, aber es dauerte zwei Wochen, bis sich alle mit dem Roboter anfreundeten. «Damals fragte ich mich, ob das wohl je was wird», erinnert sie sich. Nach zwei Wochen erhielten nur noch einige spätlaktierenden Kühen Nachhilfe-Unterricht in Sachen Roboter und nach erfolgtem Akzeptieren stiegen die Milchleistungen an.

«Es ist viel ruhiger im Stall als vorher mit dem Karussell», hat Mirjam Schmidig bemerkt. «Ich möchte keinesfalls zurück», betont sie. Mensch und Tier seien inzwischen entspannter und bei der Arbeit auf dem Hof sei man flexibler.

Ihr Beruf stand früh fest

Aufgewachsen ist Mirjam Schmidig im Muotathal in einer nichtbäuerlichen Familie. «Mein Dädi hielt bis ich drei Jahre alt war drei Kühe und einige Geissen», erinnert sie sich. Dann gab Vater Schmidig den kleinen Pachtbetrieb auf. Als kleines Mädchen verbrachte sie viel Zeit auf dem Bauernhof von Mutters Cousine und dann war ihr Vater zwei Sommer auf der Alp, und auch sie war oft dort oben. «Schon als Sechsjährige wusste ich felsenfest, dass ich mein Leben auf einem Bauernhof und mit der Arbeit mit Tieren verbringen will», erinnert sie sich, dies trotz der Tatsache, dass die Familie keinen eigenen Bauernhof besitzt. Später, in den oberen Klassen der Schule war sie sich ihres Wunsches von der Kindheit nicht mehr sicher und machte deshalb Schnupperlehren als Floristin und Coiffeuse, «aber das war nicht mein Ding», wie sie schnell feststellte. Weiter schnupperte sie auf einen Hof mit Obst und dann auf einen Bio-Bauernhof mit120 Milchschafen und 30 Muttersauen in Küssnacht am Rigi. Dort machte sie schliesslich das1. Lehrjahr, das zweite auf einem Milchbetrieb mit 40 Braunvieh- Kühen in Wollerau SZ. Das dritte Lehrjahr machte sie in Oberkirch LU, wo sie Braunvieh, Jersey und Tiroler Grauvieh molk und auch mit den 60 Zuchtsauen arbeitete. «Ich hatte es auf allen drei Betrieben sehr gut und überall einen sehr guten Familienanschluss», erinnert sie sich.

 

Mirjams Tipp: Ruhe bringts

Nervosität überträgt sich auf das Vieh. Das spürte ­Mirjam Schmidig bei der Umstellung auf den Melkroboter. Sie blieb ruhig, auch als eine Kuh das Melkaggregat zum zehnten Mal zu Boden schlug. Und sie weiss: ­Unruhe vergrössert den Stress und das gibt nur Mehrarbeit. Am Ende akzeptierte auch diese nervöse Kuh den Roboter.

 

550 Kühe sind zuviel

2015 schloss sie als Landwirtin EFZ ab und arbeitete dann zwei Jahre auf demselben Betrieb, wo sie das erste Lehrjahr machte, sie hatte dann aber doch das Gefühl, ein Hof mit so richtig vielen Kühen wäre eine gute Erfahrung. Den Milchbetrieb mit 550 durchnummerierten Kühen ohne Namen fand sie in Münstermaifeld in Deutschland. «Ich lernte dort viel über Kuh-Krankheiten, aber dieser Hof war dann doch eine Nummer zu gross für mich» fand sie und so kehrte sie nach einem halben Jahr in die Schweiz zurück. Seit April 2018 arbeitet Mirjam Schmidig auf dem Grundhof. Heute ist sie zuständig für die Melkroboter, den Futterschieber, für die Kälber, Jungvieh, Rinder, und sie macht Ablösung im Kuhstall. «Ich mag den Umgang mit Tieren, fahre aber inzwischen auch gerne Traktor», erzählt sie und fügt hinzu «mir fehlt nur noch etwas die Routine». Zu ihren Aufgaben gehört es, den Hof auf Instagram unter «grundhof_boezberg» zu bewerben.

Sie teilt ihre Freude mit

«Wir machen unsere Arbeit auf dem Grundhof gerne und teilen diese Freude», begründet sie ihre Motivation. Auch auf Facebook (Grundhof Bözberg) teilt sie Bilder vom Hof. Sehr beliebt sind Bilder von Kälbern, Bilder von der kleinen Herde Iberico-Schweine sowie alle Natur- und Stimmungsbilder vom Hof. Viele Leute sollen sich ein Bild machen, wie ein Hof mit 110 Hektaren Land, 170 Stück Rindern,300 Schweinen, Kaninchen und Zwergziegen läuft. Deshalb macht der Grundhof mit bei Stallvisite, setzt Lockpfosten wo «Nagelprobe», «Powergras» und «Hackordnung» draufsteht. Mirjam Schmidig wirkt gerne auf dem Grundhof, hat Freude und gibt diese auch gerne weiter.