«Dankbar Si» heisst der Titel des bedruckten A4-Blattes, das am hölzernen Küchenoberschrank hängt. «Schnittertanz» steht auf dem nächsten und «Üses Jodlerläbe» auf einem dritten. Das sind nicht etwa Rezepte. «Ich nutze die Küchenarbeit, um die Texte von Jodel- und Chorliedern zu üben», erklärt Sandra Bucher dazu.
Seit 15 Jahren lebt Sandra Bucher auf dem Hof Eiholz am Dorfrand von Grosswangen, LU. Sie zog der Liebe wegen hierher. Ihr Mann Franz Bucher ist hier aufgewachsen. Auch sie selbst wurde auf einem Landwirtschaftsbetrieb gross, in Gettnau, als Zweitjüngstes von neun Kindern. «Ein Betrieb mit einem stotzigen Hang, der im Sommer viel Handarbeit abverlangte», erinnert sich Sandra Bucher. «Beim Heuen halfen oft Verwandte von auswärts mit. Manchmal waren wir bis zu 20 Leute am Tisch. Dann gab es die weltbesten Tomaten-Spaghetti meiner Mama.»
Nach der Schulzeit entschied sie sich für eine KV-Lehre auf der Gemeindeverwaltung in Gettnau und machte später die Ausbildung zur Gemeindeschreiberin. 2009 übernahmen sie und ihr Mann den 14-ha Hof vom Schwiegervater. «Das Eiholz war damals noch ein Milchviehhaltungsbetrieb mit Schweinemast», sagt Sandra Bucher. Die Milchviehhaltung gaben Buchers auf und investierten in einen neuen Schweinemaststall.
Schwerpunkt bei den Schweinen
Heute gehören zum Betrieb 450 IP-Suisse-Schweinemastplätze, 190 Hochstamm-Most-Obstbäume und Ackerbau. Franz Bucher arbeitet seit drei Jahren Vollzeit auf dem Hof, zuvor war er in Teilzeit als Projektleiter bei einem einer Lüftungs- und Klimaunternehmen tätig, bei dem er nach wie vor auch Teilhaber ist.
Auch Sandra Bucher ist Vollzeit auf dem Hof. «Ich bekam mit 36 eher spät Kinder und es war für mich klar, dass ich nicht mehr ausser Haus arbeite, solange sie noch klein sind.» Doch sie amtete sieben Jahre als Präsidentin der lokalen Bildungskommission. Inzwischen sind die drei Kinder zwischen 16 und 13 Jahre alt und ihre Mutter hat wieder einen Teilzeitjob angenommen: Seit dem Herbst macht sie die Büroarbeit für eine Immobilienfirma. «Dabei kann ich von daheim aus und flexibel arbeiten.» Zudem ist sie im Verwaltungsrat der Raiffeisenbank Ettiswil.
Auf dem Eiholz ist sie zum einen zuständig für die Administration und die Buchhaltung. Zum anderen arbeitet sie zwei bis dreimal in der Woche in der «Söischür» mit, beim wöchentlichen Wägen der Schweine oder beim Verlad der Tiere, die zum Schlachthof gehen. «Franz und ich sind ein eingespieltes Team», erzählt Sandra Bucher. «Fürs Verladen kommen die Fahrer oft schon um zwei oder drei Uhr morgens. Doch in rund 20 Minuten sind wir fertig und dann geht es wieder zurück ins Bett.»
Tierwohl und Arbeitseffizienz
Das Paar hat 2017 einen neuen Schweinemaststall realisiert, bei dessen Bau das Tierwohl und die Arbeitseffizienz im Zentrum standen. «Es ist eine Freude, dort zu arbeiten und zu sehen, dass es den Tieren gut geht», so Sandra Bucher. Sie hilft beim Misten und Einstreuen oder übernimmt, wenn ihr Mann nicht da ist, die Stallarbeit am Morgen oder am Abend.
Sie mag die Schweine, die rund 90 bis 100 Tage auf dem Hof sind. «Auch bei 450 Tieren merkt man, wie unterschiedlich die Charaktere sind. Ich kann mit ihnen reden und sie reagieren auf meine Stimme.» Denn Sandra Bucher redet nicht nur mit den Mastsauen, sie singt und jodelt auch im Stall. «Nur wenn ich allein bin», meint sie lachend. «Doch es ist schön zu sehen, wie die Tiere ihre Ohren spitzen und ruhiger werden, wenn ich singe.»
Singen und jodeln
Ebenfalls am Herzen liegt Sandra Bucher, die Landwirtschaft nach aussen zu vertreten. Daher absolvierte sie im letzten Jahr den Kurs als Agrar-Scout und hatte anschliessend an der BEA gleich ihren ersten Einsatz. «Das ist eine gute Sache», meint sie. «Wir Bauern werden oft für viele Themen in der Landwirtschaft kritisiert oder verurteilt. Solche Einsätze sind eine ideale Möglichkeit, um zu erklären, was wir tatsächlich machen und aus welchen Gründen wir es tun. Ich diskutiere gern mit den Leuten.»
Allerdings verblüffen manche Fragen aus der nicht-landwirtschaftlichen Welt die Profis. «Eine Kollegin wurde an der BEA gefragt, welche der ausgestellten Kühe denn Soja-Milch gäbe», erinnert sich Sandra Bucher schmunzelnd. Ein Besucher deutete auf einen Stier und fragte, ob das Tier bald ein Kälbchen bekomme. Ein anderer Agrar-Scout musste eine Besucherin beschwichtigen, die sich darüber aufregte, dass die Kühe angebunden waren.
Aufklärungsarbeit machen
Sandra Bucher freut sich, dass sie nun, da die Kinder älter sind, wieder etwas mehr Freiraum hat und auch mal eine Stunde in der Natur unterwegs sein kann. Und sie hat für eine neue Aufgabe zugesagt: Sandra Bucher schreibt künftig in der BauernZeitung regelmässig für die Kolumne «Bäuerinnensicht». Ihr Vorbild sei die frühere Kolumnistin Annelies Häcki, erzählt sie. «Die Frau hat mich beeindruckt und ihre Kolumnen haben mir aus dem Herzen gesprochen. Ich fand mich in vielen ihrer Themen wieder. Noch heute lese sie die Bäuerinnensicht immer als erstes.»
Etwas Respekt habe sie schon vor der Aufgabe, erzählt Sandra Bucher. Doch sie habe bereits den idealen Schreibplatz gefunden. «Nicht im Büro, dort hat es meistens zu viel andere Arbeit.» Doch draussen auf dem Sitzplatz mit der Fernsicht zu sitzen und den ersten Entwurf von Hand zu schreiben, das stellt sie sich sehr stimmig vor.
5 Fragen
Welche landwirtschaftlichen Themen beschäftigen Sie?
Der zunehmende administrative Aufwand in der Landwirtschaft, als Landwirtschaftsbetrieb allen Anspruchsgruppen gerecht werden zu können.
Was würden Sie gern mehr machen?
Wandern und Skifahren.
Ihr Rezept für Entspannung?
Ich bin gern in der Natur unterwegs und lese viel, vor allem Geschichten nach wahren Begebenheiten und Romane.
Welches Kompliment freut Sie?
Ich freue mich, dass ich jeden Mittag beim Essen von meiner Familie ein Danke und ein Kompliment fürs Kochen bekomme.
Welches ist ihr Lieblingslied?
Am Jahreskonzert im März steht der Weidbode-Jutz von Roger Stadelmann auf dem Programm – ein wunderschöner Naturjodel. Seit meiner Jugendzeit begleitet mich Poison von Alice Cooper.
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