Zu Spitzenzeiten wird Agrometeo 1300 Mal täglich aufgerufen. Kantone, Berater und Landwirte nutzen das Onlinetool um sich über den aktuellen Krankheitsdruck und den bestmöglichen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu informieren.
Die ganze Schweiz ist abgedeckt
Ein über die ganze Schweiz verteiltes Netzwerk aus 178 Wetterstationen misst alle zehn Minuten Parameter, wie Temperatur, Windgeschwindigkeit oder Blattnassdauer. Aus diesen Daten werden Modelle erstellt, die die Gefahr einer Infektion mit Krankheiten bestimmen. Aufgrund des Modells zeigt Agrometeo auf, zu welchem Zeitpunkt PSM am besten eingesetzt werden sollen. Für sieben Insekten, Pilze und Bakterien, die Obstbäume oder Reben befallen, werden solche Prognosemodelle erstellt.
Paradebeispiel Apfelschorf
Im Obstbau ist Apfelschorf eine der wichtigsten Krankheiten. Der Pilz verursacht Flecken auf Blättern und Früchten. Äpfel mit nur einen einzigen Schorffleck können nicht mehr als Tafelobst verkauft werden.
Mit Hilfe von Agrometeo kann Apfelschorf aber effizient bekämpft werden. Die sexuellen Sporen des Pilzes verbreiten sich im Frühjahr, allerdings nur bei Regen. Werden zur Richtigen Zeit, also kurz vor einem Niederschlag, Fungizide ausgebracht, kann die Infektion stark abgeschwächt werden. Das führt einerseits zu weniger Ertragseinbussen für die Landwirte, andererseits können die Spritzungen später im Jahr reduziert werden.
20 Prozent Einsparungen
Zusätzlich dokumentiert Agrometeo Beobachtung von Insekten und phänotypische Entwicklung der Kulturen. Auch diese können hilfreich sein, auch im Getreideanbau.
Ein weiterer Anwendungsbereich ist die blattflächenbezogene Dosierung. Die Berechnung der optimalen Menge ist zwar kompliziert, das Onlinetool vereinfacht die Abschätzung aber. Nicht nur die optimale Menge kann berechnet werden, sondern auch Brühmenge und Sprühereinstellungen. «So können bis zu 20 Prozent PSM pro Saison eingespart werden», erklärt Pierre-Henri Dubuis, Phytopathologe bei Agroscope.
Vereinfachung für die Bauern
Die Vorteile der Anwendung sind eindeutig. Die Schwierigkeit ist aber die Anwendung der Modelle in der Praxis. Die Website soll auch für die Landwirte benutzerfreundlicher gemacht werden. Bisher waren die Strategien sehr detailliert und umfassend in PDF Dokumente beschrieben. «Neu sollen nicht mehr fünfseitige Berichte sondern ganz gezielt auf die Praxis ausgerichtete, kurze Empfehlungen aufgeschaltet werden», sagt Pierre-Henri Dubuis, Phytopathologe an der Agroscope. «Landwirte sollen sich mit weiteren Anregungen bei uns melden», so Dubuis weiter.
Wie nachhaltig ist die Digitalisierung wirklich?
Am Dienstag diskutierten Fachleute an der 11. Ökobilanz-Plattform der Agroscope im Reckenholz über die Möglichkeiten, die die Digitalisierung und Automatisierung in der Landwirtschaft aufdeckt, aber auch über die Risiken und Probleme.
Zur Digitalisierung und Automatisierung der Landwirtschaft wird im Moment viel geforscht. Datenbanken beispielsweise zu Bodenbeobachtungen oder Navigationstools für Maschinen, sind schon länger in Anwendung, anderes, wie Drohnen oder Roboter kommen immer mehr auf.
Die Digitalisierung verhilft zu mehr Effizienz, etwa in Bezug auf höhere Erträge oder Reduktion von Pflanzenschutzmitteln. Ausserdem können Akteure besser unterstützt werden und Prozesse vereinfacht. An der 11. Ökobilanz-Plattform wurde aber auch viel negative Kritik an dieser Entwicklung geäussert. So wird befürchtet, dass Datenschutz nicht genügend gewährleistet werden kann. Ausserdem werden ältere Generationen oder gar ganze Teile der Welt gänzlich von diesem Richtungswechsel ausgeschlossen; Die finanziellen Mittel fehlten, nicht alle hätten Zugang zum Internet, nötiger Hardware und Ausbildung. In der Schweiz übe die Digitalisierung Druck aus, auf Landwirte, die diesem Trend nicht folgen wollen. Sie könnten die nötige Effizienz nicht mehr erreichen, hiess es.
Viel diskutiert wurde die ungezielte Generierung von Daten. Viele Informationen werden gesammelt, ohne die Absicht diese je in der Praxis zu gebrauchen. Die Herstellung dieses "Datenmülls" ist aufwändig und braucht sehr viel Energie. Die unbeantwortete Frage im Raum blieb denn auch, ob die Digitalisierung wirklich ein positiver Trend ist und tatsächlich den Einfluss der Landwirtschaft auf die Umwelt verbessern kann.