Martin Jakober spuckt in die Hände, die er mit Klebeband stabilisiert hat. Er geht in die Hocke und schnauft ein paarmal kräftig aus. Seine Hände liegen nun am Stein, und als die Spannung am höchsten ist, eine Ader steht an seiner Stirn hervor, hebt er den Stein hoch.
Zuerst nur bis über die Schulter und nach zweimal Atmen mit einem Ruck hoch über den Kopf. Es ist geschafft, der 85 kg schwere Stein ist oben. Ein wahrer Kraftakt.
«Ich finde, es grenzt schon fast an ein Wunder, dass ein Mensch einen 83 kg schweren Stein so hoch heben kann und dann auch noch fast 4 m weit werfen», sagt Martin Jakober. Das sei die Motivation, die ihn zum Steinstossen antreibe.
Auf dem Bauernhof aufgewachsen
Martin Jakober ist auf dem Bauernhof seiner Eltern in Stalden im Kanton Obwalden aufgewachsen. Schon immer hat er dort viel mitgeholfen und tut dies auch heute noch.
Den Betrieb führt nun sein Bruder Daniel Jakober. Es ist ein Milchwirtschaftsbetrieb mit 20 Milchkühen. Die Familie geht im Sommer mit ihren Kühen auf die Alp auf den Glaubenbühlenpass zwischen Giswil und Sörenberg.
Landwirt und Landmaschinenmechaniker gelernt
Martin Jakober hat zuerst Landmaschinenmechaniker gelernt und dann noch die Ausbildung zum Landwirt absolviert. Heute lebt er mit seiner Familie auf dem Betrieb seines Bruders.
Warum Steinstossen?
Und wie kam er zum Steinstossen? Jakober erzählt, er habe erst spät damit angefangen. «Mit 28 habe ich an einem offenen Wettbewerb mitgemacht. Da hat es mich gepackt und nicht mehr losgelassen.»
Grösster Erfolg am Eidgenössischen Schwingfest in Zug
Seither hat er an vielen Wettkämpfen teilgenommen, mit Erfolg. Den grössten Erfolg erzielte er letztes Jahr am Eidgenössischen Schwingfest in Zug. Dort schaffte er es, den 83,5 kg schweren Unspunnenstein 3,69 m weit zu werfen und kam damit auf den vierten Rang.
«Das war schon ein grossartiges Gefühl vor einem so grossen Publikum und mit so vielen Kameras, die auf uns gerichtet waren in der Arena das Finale zu bestreiten», sagt Martin Jakober.
Steinstossen ist normalerweise ein Nebenschauplatz
So viel Aufmerksamkeit für die Steinstösser, das ist schon speziell. Normalerweise finden die Wettbewerbe ausserhalb der Arena statt. Nur an Eidgenössischen Anlässen dürfen die Finalisten in die Arena.
So geht Steinstossen
Steinstossen ist ein Schweizer Nationalsport. Das Prinzip beim Steinstossen ist nicht schwer. Man nehme einen schweren Stein, hebe ihn auf und werfe ihn soweit man kann.
Fürs Steinstossen dürfen die Sportler Anlauf nehmen vor dem Abwurf. Steinstosswettbewerbe finden meist im Zusammenhang mit einem Schwingfest statt.
Je nach Fest wird aber ein unterschiedlicher Stein gestossen. Jede Region hat ihren eigenen Stein.
Der berühmteste davon ist der Unspunnenstein. Dieser ist 83,5 kg schwer. Seine Berühmtheit erlangte er dadurch, dass er bereits zwei Mal gestohlen wurde. Das erste Mal war 1984. Damals haben ihn jurassische Separatisten entwendet, um ein politisches Statement zu setzen. 2001 gaben sie ihn wieder zurück, versehen mit eingemeisselten Europasternen. Doch bereits 2005 wurde der Stein wieder aus einer Ausstellung gestohlen und ist bisher nicht mehr aufgetaucht. Seither stossen die Sportler mit einem Ersatzstein.
Nebst dem Unspunnenstein gibt es u. a. den 64 kg schweren Berner Stein, den Mythenstein, sowie jeweils einen 40-kg-Stein und einen 20-kg-Stein.
Sieg am Berner Kantonalen Schwingfest
Am Bernisch-Kantonalen Schwingfest in Münsingen 2019 durfte Martin Jakober sogar den Sieg einheimsen. Dabei warf er den 64 kg Schweren Bernerstein 4,08 m weit. Dieser Erfolg kommt nicht aus dem Nichts.
Jakober trainiert fleissig
Martin Jakober gibt zu, dass er fünf Mal pro Woche trainiert. «Für mich ist klar, dass wer vorne mit dabei sein will, auch dementsprechend viel Einsatz geben muss», sagt der Steinstosser.
Dabei sind fünf Trainingseinheiten im Kraftraum Standard.
Mit dem Stein trainiert Jakober nur einmal in der Woche. «Steinstossen ist ein Kraftakt, der den ganzen Körper braucht», sagt er. Besonders gefordert seien dabei die Beine und der Rumpf.
Fürs Trainieren hat sich der Obwaldner einen eigenen Stein aus der Emme geholt, dieser ist 95 kg schwer.
Ernährung mit viel Fleisch
Es erscheint auch logisch, dass ein Mann der einen so schweren Stein aufheben und werfen kann, kein «Spränzel» sein kann.
Martin Jakober bringt auf eine Grösse von 1,88 m 113 Kilo auf die Waage.
Nebst dem Training achtet Jakober auch sehr auf seine Ernährung. «Ich esse viel Eiweiss, also vor allem Fleisch», sagt er. Sein Lieblingsessen sind grosse amerikanische Rindssteaks und dazu Kartoffeln.
Mentaltraining ist wichtig
Martin Jakober hat keinen persönlichen Trainer. Er arbeitet jedoch mit verschiedenen Beratern zusammen. Bei den Schwingern ist das Thema Mentaltraining in den letzten Jahren immer wichtiger geworden. Wie sieht das beim Steinstossen aus?
Martin Jakober antwortet:
«Steinstossen ist wie jeder andere Sport. Da muss man innert 10 Sekunden den gesamten Trainingsablauf abrufen können. Dann muss es einfach ‹bolä›».
Um dies zu können, sei Mentaltraining auch für ihn sehr wichtig. Besonders schwer sei ihm die Konzentration am Eidgenössischen in Zug gefallen: Denn als starker Schwinginteressierter und grosser Wicki-Fan, konnte er fast nicht anders als beim Schlussgang mitzufiebern.
Importiert Youngtimer-Traktoren aus Kanada
Martin Jakober investiert sehr viel Zeit in seine Steinstosser-Karriere. Trotzdem ist es ein Amateursport und Jakober kann nicht vom Sport leben.
Im Berufsleben interessiert er sich für alte Traktoren. Dazu hat er in den letzten zwei Jahren ein Unternehmen gegründet: Die Firma Farmequipment importiert Youngtimer-Traktoren aus Kanada und Amerika. Martin Jakobers Frau Patricia kommt nämlich aus Kanada. In der Provinz Ontario bewirtschaftet ihre Mutter zwei Landwirtschaftsbetriebe.
Familie Jakober reist oft nach Kanada
Etwa fünfmal im Jahr reisen Martin und Patricia Jakober mit ihren Kindern Dwayne und Lewis nach Kanada. Dort haben sie eine kleine Wohnung und ein Auto. Denn oft reist er im ganzen Land umher und fährt auch bis in die USA, um dort Traktoren zu besichtigen und zu kaufen.
Angefangen hat alles mit einem Ford-Traktor
Um die Maschinen und Traktore transportfähig zu machen, hat Jakober in Kanada auch eine kleine Werkstatt, was er in der Schweiz nicht hat.
Angefangen hat alles damit, dass er für sich selber einen alten Ford-Traktor mit nach Hause bringen wollte. Doch ehe er diesen gekauft hatte, war er schon weiterverkauft. Und so läuft das heute noch.
Jakober erhält entweder den Auftrag, nach diesem und jenem Modell Ausschau zu halten oder er kauft sie selber und verkauft sie dann in der Schweiz.
Ford, John Deere und Massey Ferguson sind sehr gefragt
Sehr gefragt sind dabei alte Modelle von Ford, John Deere, Massey Ferguson oder IH.
Besonders Freude hat Jakober an dem Oliver 1855. Diesen hat er für Oliver Turtschi in die Schweiz geholt, der mittlerweile ein Freund geworden ist. Dies sei der einzige solche Traktor in der Schweiz. Er habe ihn per Zufall auf dem Weg von Pennsylvania nach Ohio gefunden.
«Mit jedem Fahrzeug, das ich in die Schweiz gebracht habe, verbindet mich eine Geschichte.»
Einmal hat er einen kleinen Rasentraktor an einen Jungen im luzerner Seetal verkauft. Noch jetzt frage der ehemalige Besitzer aus Kanada, ein alter Mann, regelmässig, wie es dem Jungen mit seinem Rasentraktor ergehe. Solche Rasentraktore seien auch sehr beliebt, sagt Jakober. «Die gibt es in der Schweiz schlicht und einfach nicht.»
Nächstes sportliches Ziel ist Appenzell
Ob der Steinstosser lieber ganz in Kanada leben würde? «Nein, auswandern möchte ich momentan nicht, aber ich brauche beides», antwortet Martin Jakober. Es sei die Abwechslung, die ihm gefalle. Damit Jakober auch in Kanada trainieren kann, hat er dort einen eigenen Stein.
Sein nächstes grosses Ziel ist die Teilnahme am Eidgenössischen Jubiläumsschwingfest in Appenzell. In der ersten Qualifikationsrunde hat Jakober es auf den 2. Rang geschafft. Wir wünschen ihm viel Erfolg!
Steckbrief Martin Jakober
Wohnort Stalden OW
Jahrgang 1985
Grösse 1,88 m
Gewicht 113 kg
Lieblingsessen Amerikanisches grosses Lendensteak mit Baked Potatoes
Grösste Erfolge 4. Platz am ESAF 2019 in Zug (3,56 m), 1. Rang am Berner Kantonalen 2019 in Münsingen (4,08 m), vier Siege an Regional- und Kantonalschwingfesten, 8. Platz am ESAF 2016 in Estavayer, 7. Platz Unspunnenfest 2017.
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