Er hat lange überlegt und es dann doch gewagt. Bruno Murer ist Landwirt und Forstwart. Der 37-Jährige arbeitet bereits «eine halbe Ewigkeit» oder 17 Jahre im Wald. Ob und in welcher Form er den elterlichen Betrieb Zuestall bei Allenwinden ZG weiterführen möchte, musste erst reifen. Den Betrieb hatte er zwar bereits 2015 übernommen, vorerst aber in einem grösseren Pensum als Forstwart und Berufsbildner bei einer Korporation weitergearbeitet.
Geplant als Einmannbetrieb
Zusammen mit seiner Frau Nadja, die beiden haben drei Kinder im Vorschulalter, haben sie sich vor rund zwei Jahren für eine grosse Investition in die Milchwirtschaft entschieden. Unterdessen ist die Braunviehherde seit gut drei Wochen im neuen Stall.
Gross, hell, gut in die Landschaft eingegliedert und mit einem hohen Mass an Automatisierung kommt er daher. Letzteres war Murer wichtig. Denn geplant ist, dass er den knapp 20 ha grossen Betrieb mit den 35 Milchkühen alleine führt. Wochenendablösungen und einen Tag pro Woche, wenn sich Murer in erster Linie um die Kinder kümmert, macht sein mittlerweile pensionierter Vater. Seinen Nebenerwerb hat Bruno Murer kürzlich aufgegeben, von einigen Spezialeinsätzen abgesehen. Bäuerin Nadja Murer arbeitet an rund zwei Tagen die Woche als Primarlehrerin.
Natur- und Landschaftskomission vor Ort
Murer sieht sich als Milchbauer. Der Neubau musste aber erst reifen. «Anfänglich haben wir auch einen Umbau des bestehenden Anbindestalls ins Auge gefasst», sagt Murer. Der 40-jährige Stall, in dem nie grössere Ersatzinvestitionen anstanden, ist aber auf beiden Längsseiten verbaut. Auf der einen Seite ist es eine Durchgangsstrasse, auf der anderen Seite käme man sehr nahe ans Wohnhaus.
Das war auch einer fast zehnköpfigen Delegation der Natur- und Landschaftskommission einleuchtend, bei einer Begehung vor Ort. «Nach dem Studium der Pläne waren sie noch skeptisch», sagt Murer. Vor Ort wurde das Vorhaben dann «als gutes Projekt» gewürdigt.
Das Baubewilligungsverfahren ging so relativ schlank durch. Bruno Murer und sein Bruder, gelernter Zimmermann und Bauführer, erklärten damals die Idee mit einer Erweiterung auf der Längsflucht, entlang der Durchgangsstrasse.
Hanglage im Stall für Starkniederschläge
Apropos Strasse: der neue Stall folgt auch bezüglich Höhenprofil dem Relief der Strasse. Oder anders gesagt, es ist ein Stall mit Hanglage. «Das Gefälle im Liegebereich beträgt 2,5 Prozent», präzisiert Murer. Der Stall ist so auf der einen Seite 90 Zentimeter höher. Nebst der Einpassung in die Landschaft soll die Massnahme bei Starkniederschlägen, welche in der Region nicht selten sind, dienlich sein.
Natürlich wurde viel einheimisches Holz verbaut. Der Stall ist auf der Südseite komplett offen. Murer ist gespannt auf den ersten Winter, pfeift der Wind bei ihm in der Hügelzone auf rund 700 m ü. M. doch zügig.
Eigenen Strom ausnützen
Der Stall ist 45 Meter lang und 18 bzw. 22 Meter breit. Auf dem Dach produziert eine 27-kWh-Anlage Strom. Geplant war eigentlich mehr, die Exposition des Daches wäre optimal. «Der interne Strom liess aber nicht mehr zu», begründet Murer die ungünstigen Umstände an seinem Standort. Zur Stromspeicherung bzw. besserer Ausnützung des Eigenstroms wurde in einen Solarboiler, einen Eiswasserkühltank und Stromspeicher investiert. Das Ganze läuft zusammen mit den vier Wohnungen auf dem Betrieb über ihren Versorger unter «Zusammenschlüsse zum Eigenverbrauch», kurz ZEV.
Elektrischer Futtermischwagen
Gebaut haben sie schliesslich für so viele Kühe, wie es Futterangebot und Nährstoffbilanz ermöglichen, also für 35 Kühe und einen Stier, der in der Herde mitläuft. Aktuell ist der Bestand noch bei 27 Kühen. Dazu kommen 50 Legehennen, zwei Pensionspferde und ein gutes Dutzend Kälber, etwa die Hälfte zur Aufzucht, die andere Hälfte wird ausgemästet. Die Aufzucht macht ein Betrieb im Muotatal. Für zusätzliche Arbeit sorgen 110 gepflegte Hochstamm-Kirschbäume. Um die sechs Tonnen Brennkirschen werden an die Brennerei Etter geliefert.
Futterlagerung und Beschickung des Mischers findet vollumfänglich im alten Stall statt. Mit dem elektrischen Futtermischwagen – einem langen Kabel sei Dank – überwindet der Landwirt die rund zehn Meter zwischen altem und neuem Stall.
Heuraum haben Murers rund 800 m3, dazu noch 200 m3 Silo für Gras und ein Maissilo (40 m3), im Aussenbereich des alten Stalles. In die Ration kommen so Grassilage, Heu, Biertreber, Mais oder Zuckerrüben und Milchviehfutter im Melkroboter. Im Sommer holt sich die Herde einen Drittel des Bedarfs auf der Weide.
Fitness, Langlebigkeit und gute Gehalte angestrebt
Der Stallschnitt liegt bei rund 7500 Kilo, die Lebensleistung bei 27 000 Kilo. Mit verbessertem Tierkomfort und Melkroboter liegt eine Steigerung drin.
Für Murer sind aber nicht Höchstleistungen das erstrebenswerte Ziel, sondern Fitness, Langlebigkeit und gute Gehalte. Die junge Familie hat in den Jahren seit der Betriebsübernahme bewusst nicht in den Stall investiert. Ein paar Tränkebecken im Stall und Iglus für die Kälber waren die Ausnahme. So gesehen kann der alte Anbindestall guten Gewissens umgenutzt werden, etwa für Werkstatt oder als Abstellplatz für Fahrzeuge.
«Auch ein Umbau des alten Stalles hätte rasch um die 800 000 Franken gekostet», blickt Murer auf die Evaluation zurück.
Der neue Stall, PV-Anlage und neue Wasserfassungen mit Reservoir inklusive, wird etwa 50 Prozent darüber zu stehen kommen. Dreieinhalb Hektaren, gleich an den Stall angrenzend, sind in Hanglage und werden beweidet. Das wollte Bruno Murer so belassen, weshalb auch ein Weidetor für den Roboterstall geplant ist. Weiden sei ein natürlicher Trieb des Rindviehs.
Roboterfrage war klar
Spatenstich war im Februar, gebaut wurde bis in den September. Eigenleistungen konnte Murer vor allem bei der Stalleinrichtung erbringen, wo er Boumatic-Händler Peter Schmid, der nur einige hundert Meter von seinem Hof entfernt geschäftet, zur Hand ging. Aus arbeitswirtschaftlicher Sicht war der Melkroboter prioritär.
Die Milchkühe möchte Murer alleine versorgen können, und dennoch Zeit für die junge Familie haben. «Laufen tun sie ja heutzutage alle», sagt Murer über die Wahl des Anbieters. Angeschaut haben sie fünf Modelle und sich schliesslich eben für Boumatic aus dem Dorf entschieden.
Auf das Wichtigste reduzierte Technik
Gegen 20 Roboter der hellblauen Marke sind in der Schweiz in Betrieb, heisst es. Tendenz steigend. Das System habe ihn überzeugt, es sei verständlich aufgebaut und auf das Wichtigste reduziert. «Man sieht den Milchfluss quasi bis zum Tank», so Murer. Als einziges System wird von hinten gemolken (siehe Bild und Kasten). Melkroboter inklusive Weidetor gibt es für knapp 200 000 Franken.
Im Angebot war zudem ein Futterzuschieber inbegriffen. «Den hätte ich sonst wohl nicht gekauft», gibt Murer zu. Bereits nach einigen Tagen war aber klar: Hergeben würde er den «Ranger» im Wert von rund 15 000 Franken nicht mehr. Morgens verteilt er das Futter mit dem Mischwagen, danach ist für ihn die Fütterung eigentlich für 24 Stunden erledigt, zumindest in der kalten Jahreszeit. Was übrigbleibt auf dem Futtertisch, bekommen die Galtkühe.
Was sind die ersten Erkenntnisse nach den ersten drei Wochen im neuen Stall? «Die Kühe haben sich überraschend schnell an den Melkroboter gewöhnt», sagt Murer. Anfänglich musste er bei zehn Kühen nachhelfen. Heute sind es nur noch deren zwei. Auch in einem Stall mit gutem Kuhkomfort seien fitte Kühe im Vorteil. Und von diesen möchte er möglichst viele.
Gemolken wird hier in einer «offenen» Box
Im Boumatic-Melkroboter wird die Kuh durch die Hinterbeine gemolken, was an Side-by-Side-Melkstände erinnert.
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Dieses System biete direkte Vorteile für das Melken, das Tierwohl und den Schutz des Melksystems selbst, schreibt der Anbieter. Die Kuh sei entspannt und leide nicht unter der visuellen Ablenkung durch Armbewegungen, die sie zum häufigen und schnellen Melken ermutigen. Der Milchviehhalter kann Kühe bei Bedarf von einer sicheren und bequemen Position aus manuell melken oder behandeln.
Durch das robuste System aus Edelstahl und das Melken von hinten werde die Kuh möglichst davon abgehalten, «gegen oder auf wichtige Systemkomponenten zu treten». Erhältlich ist auch ein Doppelboxsystem, also zwei Einheiten, wo die Kühe mit freier Sicht und dennoch nebeneinanderstehen. Die Milch jeder einzelnen Zitze wird untersucht und analysiert. Die Daten werden auf allen mobilen Geräten des Bauern angezeigt und liefern Erkenntnisse über Milchqualität und Kuhgesundheit.
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