«Das revidierte Jagdgesetz ist ein fortschrittliches Gesetz»

Am 20. August 2020 hielt das Ja-Komitee seine Medienkonferenz ab. Die Revision verbessert gemäss Komitee den Schutz für Biber und Luchs. Es sei klar festgeschrieben, dass die Bestände von geschützten Wildtieren nicht gefährdet werden dürften. Das revidierte Jagdgesetz schaffe klare Regeln für Eingriffe bei geschützten Arten und stärke den Natur- und Artenschutz.

Lorenz Hess, Nationalrat BDP (Bern), betonte, dass mit der Revision der Bund die Finanzierung von Arten- und Lebensraumschutz und Zugvögel- und Wildtierreservaten unterstütze. 300 Wildtierkorridore werden neu ausgeschieden und geschützt. «Das ist das erste Mal, dass die Schaffung und Pflege der Wildtierkorridore gesetzlich verankert wird. All dies sind übrigens langjährige Forderungen der Gegner, die mit dem Referendum nun gefährdet werden», sagt er. Zudem mache er darauf aufmerksam, dass jegliche Massnahme gegen eine geschützte Tierart dem Verbandsbeschwerderecht unterstehe. Naturschutzverbände könnten also immer Einsprache erheben.

Kein Abschussgesetz

«Das neue Gesetz greift nicht primär mit Abschüssen ein, sondern es baut die Finanzierung der Präventionsmassnahmen und der konfliktminimierenden Vergütungsmassnahmen massiv aus, und die Wildtierkorridore werden mit der Revision endlich gesichert», sagt Maja Riniker, Nationalrätin FDP (Aargau).

Für Markus Ritter, Präsident des Schweizer Bauernverbands SBV und Nationalrat CVP (St. Gallen), ist die Revision eine Möglichkeit zur Regulation von Grossraubtieren, was einen besseren Schutz für Nutztiere bietet. «Das revidierte Gesetz ist ein Nutztier-Schutzgesetz, und nicht ein Abschussgesetz», sagt er.

Konflikte würden zunehmen

Franz Ruppen, Nationalrat SVP (Wallis), erklärte, dass sich der Wolf ohne Regulierung massiv vermehren werde und somit Konflikte zwischen Mensch und Wolf zunehmen würden. Am stärksten seien Schafzüchter betroffen. Mehrere hätten angesichts der Übergriffe in geschützten Weiden den Betrieb bereits aufgegeben. «Ich bedaure diese Entwicklung und hoffe auf eine Annahme des Jagdgesetzes, damit Schafzüchter und Touristen in den Alpenregionen wieder eine Perspektive haben», meint er.

«Aushebelung des Artenschutzes»

An der Medienkonferenz vom Montag, 17. August 2020 nahm das Nein-Komitee gegen das revidierte Jagdgesetz Stellung. Die Revision sei ein völlig unverständlicher Angriff auf viele geschützte Wildtierarten. Die Übertragung der Kompetenzen vom Bund hin zu den Kantonen würde zu willkürlichen Entscheiden führen und den Schutz des Bergwalds, der Landwirtschaft und der Biodiversität beeinträchtigen.

Laut Nik Gugger, Nationalrat EVP (Zürich), sei das neue Gesetz ein missratenes Gesetz. Er würde nämlich den Umgang mit dem Wolf in der Schweiz nicht pragmatisch regeln, sondern den Artenschutz schwächen. Ursprünglich hätte eine Revision das Zusammenleben von Wolf und Mensch in Berggebieten verbessern sollen, neu seien zahlreiche geschützte Arten wie Biber, Graureiher oder Luchs angegriffen.

Grenzenlose Abschussmöglichkeiten

«Der neue Artikel 7a sieht zwar Einschränkungen vor. Diese sind aber dermassen offengehalten, dass sie faktisch grenzenlose Abschussmöglichkeiten für Kantone ermöglichen», sagte Daniel Jositsch, Ständerat der SP des Kantons Zürich und Jurist. Dieser Artikel erlaube Abschüsse, die je nach Gusto der Kantonsregierungen freigegeben werden. Das sei eine klare Aushebelung des Artenschutzes.

Greta Gysin, Nationalrätin der Grünen (Tessin), sieht die Revision nicht als Kompromiss an. Einzelabschüsse von Wölfen, die Schäden anrichten, seien heute schon möglich. Mit den neuen Kantonskompetenzen werde ein nachhaltiger Schutz seltener Arten über Kantons- und Landesgrenzen hinweg verunmöglicht.

Der FDP-Nationalrat (Solothurn) Kurt Fluri steht für den Ausbau des Herdenschutzes ein. «Der Bauernverband soll Lobbying für Herdenschutz machen, statt für ein untaugliches Abschussgesetz», meint er.

Wichtig für die Stabilität von Ökosystemen

Angesichts des Artenschwunds und des Klimawandels sei die Revision einfach nicht zeitgemäss, meint Christophe Clivaz, Nationalrat der Grünen (Wallis). Luchs und Wolf hätten eine wichtige Rolle für die Stabilität von Ökosystemen in Wäldern, und damit zusammenhängend für den Schutz vor Lawinen und Steinschlägen. Ausserdem regulierten sie Reh- und Hirschbestände, die im Zusammenhang mit der Naturverjüngung des Waldes und der Biodiversität stehen.

Eine missratene Vorlage

Auch das jagdliche Nein-Komitee mit über 100 Jägerinnen und Jägern meldete sich zu Wort. Das neue Gesetzt bringe nur marginale Verbesserungen für Wildtiere und deren Lebensräume, schwäche den Artenschutz aber erheblich, schreibt das Komitee in einer Medienmitteilung. Während das bisher geltende geltende Jagdgesetz ein seit über 30 Jahren bewährter Kompromiss sei, mit dem die Jägerschaft gut leben konnte, könne man die neue missratene Vorlage nicht akzeptieren.

 

37 % Pro, 53 % Contra

Gemäss der am 14. August publizierten Tamedia-Umfrage stimmen 37 % für ein Ja, und 53 % für ein Nein. Ein grosser Teil der Befragten hat sich aber noch nicht festgelegt.