In diesem Jahr steckten während einer fast zweiwöchigen Periode mit Frost ab Anfang April der Grossteil der Augen an den Reben noch in der schützenden Knospe oder Wolle. Trotzdem zeigen sich nun in gewissen Lagen Frostschäden. Solche Schäden sind eher ungewöhnlich. In der Vegetationsphase, in der die Augen noch geschützt sind, sind die Reben in der Regel in der Lage, beachtliche Frosttemperaturen zu ertragen. Dies würde es an sich erlauben, auf Frostschutzmassnahmen zu verzichten.
Lokal beschränkt
Doch scheinen die über ein Dutzend Frostnächte im April trotzdem ihre Spuren an den Reben hinterlassen zu haben. In Hallau wurde am 5. April mit − 5° C die tiefste Temperatur während dieser aussergewöhnlich langen Morgenfrost-Phase verzeichnet. Mit dem Austrieb bei den Reben zeigte sich in diesen Tagen an verschiedenen Lagen, dass zahlreiche Augen nicht austreiben. «Wir stellen in den südlichen Reblagen von Wilchingen und von Osterfingen Frostschäden auch an den eher spät austreibenden Sorten fest», erklärte der Wilchinger Rebmann Markus Gysel. Und der Schaffhauser Rebbaukommissär Markus Leumann stellt seinerseits fest, dass die Frostschäden recht lokal sind und stark von Lage und Sorten abhängen. Gemäss Leumann sind vor allem die Sorten Chardonnay und Muscaris betroffen.
In diesen Tagen waren die Experten der Schweizer-Hagel-Versicherung daran, in den gegen Frost versicherten Reblagen von Wilchingen und Osterfingen eine erste Abschätzung der Frostschäden vorzunehmen. Beim Riesling-Sylvaner wie auch beim Zweigelt wurden etwas mehr als ein Drittel aller Augen gezählt, welche nicht ausgetrieben haben. Beim Blauburgunder bewegen sich diese Werte zwischen einem Viertel und einem knappen Drittel.
Sehr kalte Januarnacht
Eine mögliche Ursache für diese Schäden sieht Markus Gysel in der Bodenbeschaffenheit: Während die tonhaltigen Kalkböden am Hallauer- und Wilchingerberg eher schwer sind, sind jene im betroffenen Gebiet etwas leichter. Sie konnten deshalb die Bodenwärme etwas weniger speichern. Möglicherweise sind die Schäden aber auch ganz oder teilweise auf die sehr kalte Nacht vom 15. auf den 16. Januar zurückzuführen. In dieser ist das Thermometer in Hallau auf − 17,9° C gesunken. Die Fachliteratur geht davon aus, dass bei Wintertemperaturen unter − 15° C durchaus Frostschäden auftreten können, insbesondere beim Riesling-Sylvaner.
Die verzeichneten Schäden an den betroffenen Reben lassen sich aber durchaus kompensieren, sofern die Rebstöcke in den betroffenen Parzellen eher grosszügig angeschnitten wurden oder wenn zusätzlich eine Frostrute stehen gelassen wurde. «Wir sind nun damit beschäftigt, diese in den frostgeschädigten Parzellen anzubinden», erklärt Markus Gysel auf Anfrage. Damit können fehlende erfrorene Augen durch diese zusätzliche Rute ganz oder vielfach kompensiert werden.
Die Schweizer Hagel nahm erst vor einigen Jahren Frostschäden in ihr Angebot auf. Je nach Region ist eher ein geringer Teil der Betriebe nebst Hagel- und Elementarschäden gegen Frost versichert. Die Zahlen in diesem Bericht beschränken sich auf die versicherten Flächen.
Rund 250 Meldungen
Bei der Hagelversicherung sind bisher über alle Kulturen rund 250 Schadensmeldungen eingegangen: Aus der Ostschweiz, aber auch aus den Regionen Wallis-Genfersee, Nordwest-, Zentral- und Nordostschweiz sowie Zürich. Laut Esther Böhler von der Schweizer Hagel sind vor allem das Steinobst und die Reben sowie auch teilweise das Kernobst auf einer versicherten Fläche von 670 Hektaren mit einem gesamten Versicherungswert von rund 26 Millionen Franken betroffen. «Es wird eine Schadensumme an den versicherten Kulturen mit bis zu fünf Millionen Franken gerechnet, hält Esther Böhler in einer ersten Bilanz fest.