"Wir wollen durch gute Kontakte mit Entscheidungsträgern des Landes die Interessen unserer Branche in die richtigen Bahnen lenken", erklärt Beat Wampfler die Ziele dieser Gruppe. Wampfler ist nicht nur Chef-Veterinär des Nationalen Pferdezentrums in Bern, er ist auch Präsident der Vereinigung Pferd. Jener Gruppierung, die sich ausserhalb reglementarischer Organisationen in Sport und Zucht für das Wohl der Pferde einsetzt. Die Vereinigung Pferd hat politisch bereits heute nationalen Einfluss und war im Hintergrund schon mehrmals aktiv. Die Idee, diesen Einfluss zu verstärken und eine parlamentarische Gruppe zu lancieren, hatte Vanessa Jenni Lincoln. Die Agronomin und Pferdewissenschaftlerin leitet die Geschäftsstelle der Vereinigung Pferd und weiss, wie man sich in der Wandelhalle Gehör verschafft.
Offene Ohren wünscht sich die Pferdebranche in verschiedenen Gebieten. Sei es, die einzige autarke Pferderasse der Schweiz, den Freiberger und damit auch das Nationalgestüt aufrecht zu erhalten. Oder eine Eindämmung der zahlreichen Restriktionen, die das Halten von Pferden in der Landwirtschaftszone erschweren.
Um die parlamentarische Gruppe ins Leben zu rufen, hat die Vereinigung Pferd ins Pferdemusical Knie eingeladen. Und wenn der Vorstand dieser Vereinigung ruft kommen illustre Gäste. So waren zahlreiche National- und Ständeräte dabei. Die neue Gruppe gewann vier Parlamentarier: SVP-Präsident Albert Rösti, FDP-Ständerat Damian Müller, SVP-Nationalrätin Andrea Geissbühler und BDP-Nationalrat Hans Grunder.
Bedürfnisse ins Parlament bringen
"Eine solche parlamentarische Gruppe ist eher ein ideeller Anschluss", relativiert Vanessa Jenni die Bedeutung und weist darauf hin, dass solche Gruppen kein offizielles Organ der Bundesversammlung darstellten. Dennoch verfolgt die Vereinigung Pferd mit der Gruppe klare Ziele. "Wir wollen ein Sprachrohr für das Pferd in der Politik haben", resümiert Beat Wampfler. Auf nationaler Ebene gibt es viele Bedürfnisse der Pferdefreunde, die von den Sport- und Zuchtverbänden nicht abgedeckt werden, so etwa die Raumplanung.
"Hier sehen wir Handlungsbedarf", verdeutlicht Jenni die Hoffnungen, die man in diese Parlamentarier setzt. Ständerat Damian Müller sieht die Aufgaben der Gruppe ebenfalls politisch. "Wir wollen die Interessen der Pferdebranche vertreten, aber auch die ethischen Grundsätze respektieren", gibt sich der Luzerner entschlossen.
Was ist die Vereinigung Pferd?
1956 schlossen sich die Gemeinschaft für das Pferd und der Verein Freunde des Schweizer Pferdes zur Vereinigung Pferd (VP) zusammen. Damals ging es darum die Schweizer Pferde in der Armee erhalten zu können. Nach und nach gewann die Vereinigung Pferd an politischer Bedeutung dank guten Kontakten ins Parlament und konnte mehr und mehr Einfluss nehmen. In den vergangenen Jahren machte sich die VP in erster Linie für die Pferdehaltung in der Landwirtschaftszone im Rahmen der neuen Gesetzgebung rund um die Raumplanung stark und hatte auch Erfolg. Heute gelten auch der Schutz und die Förderung der Freibergerrasse - ein bedeutsames Schweizer Kulturerbe - zu den Kernkompetenzen der VP. Die VP unterstützt Projekte für das Nutztier Pferd, für den Freiberger und möchte das Engagement im Bereich Pferd-Jugend vertiefen. In Zusammenarbeit mit den etablierten Vereinen und Verbänden will die Vereinigung gemeinsam für das Pferd einstehen.
Immer mehr Pferde
Die Notwendigkeit dieser Gruppe kommt auch statistisch nicht von ungefähr. Das Institut Equestre National IENA liess unlängst an einer Pressekonferenz verlauten, dass es 225'000 aktive Reiter in der Schweiz gibt. Laut Wampfler hat sich in den letzten 30 Jahren die Zahl der Pferde in der Schweiz auf über 100'000 Equiden verdoppelt. Diese Entwicklung ist aber auch eine Tendenz weg vom Nutztier, hin zum Heimtier. "Das gibt eine starke Branche mit neuen Absatzmärkten sowie einer guten Nachfrage und das ist sicherlich positiv."
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Beat Wampfler ist Präsident der Vereinigung Pferd. (Bild Sacha Jacqueroud)
Doch wie in anderen Bereichen auch, hat die Medaille eine Kehrseite. Eine Gesellschaft, die hoch sensibel auf das Wohl der Tiere achtet, will aufgeklärt und befriedigt werden. Das bringt neue Herausforderungen mit sich. Etwa die Vereinbarkeit von Pferdewohl und Spitzensport. Ein Thema, dass auch der Schweizerische Tierschutz aufgegriffen hat und im Herbst mit dem Workshop "Pferdegerechter Sport" zusammen mit Pferdesportlern thematisiert.
Das ist ein heisses Eisen, denn auf der einen Seite gilt es, die Pferde vor übermässigem Gebrauch und Verschleiss zu schützen, anderseits "muss man das Bewusstsein stärken, dass Pferde wie Menschen auch das Bedürfnis nach Bewegung und Abwechslung haben", unterstreicht Wampfler und ergänzt schmunzelnd: "Wir können ja schlecht im Aaretal eine Serengeti-Wüste machen, um Wildpferde zu halten. Der Mensch hat das Pferd domestiziert und sollte es nun auch entsprechend als Sozialpartner so wahrnehmen, wie es pferdegerecht wäre." Und hier sieht auch Damian Müller Aufklärungsbedarf, was ein Pferd wirklich ist und wie man seine sozialen und natürlichen Bedürfnisse abdeckt und in welchem Rahmen der Mensch Partner sein darf oder sogar sein soll.
So mag das Format einer parlamentarischen Gruppe zwar ideeller Natur sein. Die Pferdebranche aber braucht ein Sprachrohr, um die grossen Themen anzugehen. Albert Rösti, Damian Müller, Andrea Geissbühler und Hans Grunder dürften sich darauf einstellen, dass diese Gruppe klare Ziele verfolgt. Und Damian Müller liess schon verlauten, dass bald noch mehr Parlamentarier dazustossen werden.