Bunt sind jetzt die Wälder, leer des Bauern Felder und der Winterschlaf beginnt … Das Kalenderblatt des «Kunterbunt-Monats» ist auch schon wieder umgedreht und so bleiben am Kalender noch zwei Blatt bis zum Neustart ins 2024. Der Oktober mit seiner warmen Farbenpracht ist für mich der Inbegriff von kunterbunter Lebensfreude, Genuss und Dankbarkeit.
Das Erntedankfest hat Tradition
In vielen Regionen ist es Tradition, am ersten Sonntag im Oktober (heute jedoch auf den ganzen Monat verteilt) einen Erntedankgottesdienst zu feiern. Dabei wird die kunterbunte Ernte von Äpfeln, Birnen, Trauben, allerlei Gemüse, Brot, Most und Wein, in Körben, Leiterwagen oder Harassen wunderschön präsentiert. Eine wirklich schöne Tradition, um innezuhalten und unseren Feldern, Äckern, Bäumen, Sträuchern und Rebstöcken für die alljährliche Ernte zu danken. Im Dank eingeschlossen sind natürlich auch die Bauernfamilien, die jahrein und jahraus die Lebensgrundlage für eine erfolgreiche Ernte hegen und pflegen.
Das Erlebnis von der Saat bis zur Ernte bzw. von der Ernte bis zur Saat hat kürzlich ein Pfarrer herrlich amüsant vorgeführt, indem er einen Apfel kurzerhand verzehrte und die Apfelkerne zum Gedeihen der Erde übergab. Das symbolische Beispiel des Samens, aus welchem wieder neues und mehrfaches Leben entsteht, hat die Zuhörerschaft berührt. Mich hat es ein wenig an einen kürzlich besuchten Morgen «Schule auf dem Bauernhof» erinnert, wo der Bauer das Beispiel mit dem Getreidekorn machte. Ein anwesender pensionierter Öpfelpuur hat dann aber im Anschluss an den Gottesdienst noch für eine Richtigstellung gesorgt. Beim Apfelkern funktioniere das nämlich nicht mit dem In-die-Erde-Stecken und Abwarten. Diesem müsse man zuerst einen Winter vorgaukeln beziehungsweise ihn gut befeuchtet in der untersten Schublade des Kühlschranks für mindestens vier bis sechs Wochen ruhen lassen. Übrigens, ich probiers aus und werde Sie, liebe Leser(innen), auf dem Laufenden halten.
Alle konzentrieren sich auf den schwarzen Punkt
Unsere Frau Pfarrer hat letzten Sonntag am Suppezmittag im voll besetzten Gemeindesaal ein weisses Blatt Papier mit einem schwarzen Punkt in der Mitte präsentiert. Alle sollten sich Gedanken machen, wie sie das Gesehene in ein paar Sätzen umschreiben würden. Fazit: Grossmehrheitlich haben sich alle auf den schwarzen Punkt fixiert und das viele Weiss wurde nicht wahrgenommen. So ist es leider tagtäglich, denn wir lassen uns von den schwarzen Punkten, von den vielen schlechten Informationen in Bann ziehen. Dabei haben wir doch das Privileg, auf einem riesigen weissen Blatt zu leben. Es geht uns gut, wir haben alles und noch viel mehr. Es ist höchsten Zeit, der Zufriedenheit zuliebe, dass wir den schwarzen Punkt, den «Flüügeschiss», wegwischen und uns auf unser Glück konzentrieren. In diesem Sinne: Bunt sind jetzt die Rebenblätter, endlich herbstlich wird das Wetter, Sauerkraut und Leberwurst, sauren Most für den Durst, bald leuchten viele Kerzlein, höchste Zeit zum Zufriedensein. Von Herzen wünsche ich Ihnen allen eine friedvolle Adventszeit.
Zur Person
Virginia Stoll ist Geschäftsführerin des Schaffhauser Bauernverbands. Sie schreibt für die Rubrik «Arena» im Regionalteil Ostschweiz/Zürich der BauernZeitung.