Die Vorbereitungen sind gemacht, jetzt müssen die Früchte an den Obstbäumen nur noch reifen – und geerntet werden. Während der Erntezeit in den Obstanlagen kann es zu intensiven Arbeitsspitzen kommen. Bei privaten Obstbaumbesitzern werden je nach Kapazität und Bedarf nicht alle Früchte abgelesen und verwertet. Laut einem SRF Beitrag gehört aber gefallenes Obst, sowie Obst an den Bäumen ausschliesslich dem Eigentümer und darf ohne Rücksprache nicht verwertet werden. Ziel ist es, die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren und das Fallobst optimal zu verwerten.
Die Aktion «Gelbes Band», welches in Süddeutschland bereits etabliert ist, will dieser Situation vorbeugen. Mit der Kennzeichnung durch ein gelbes Band werden Passanten eingeladen, sich an der Ernte der Bäume zu bedienen.
Ursprung der Idee
Bereits während den Weltkriegen wurden gelbe Tücher im Zeichen der Solidarität und der Verbundenheit gegenüber den Soldaten eingesetzt. Der mit Glückwünschen beschriebene Stoff wurde an Gartenzäunen befestigt. Die gemeinnützige Idee lehnt sich somit an diesen Ursprung an. Wie SRF berichtet, hat sich die Deutsche Online Plattform «Mundraub» dem Thema von ungenutztem Obst bereits angenommen und verlinkt die Bevölkerung gekonnt mit den willigen Produzenten.
Skeptische Stimmen seitens des Schweizer Obstverbandes
«Mitglieder des Schweizer Obstbauverbandes führen professionelle Betriebe, die interessiert sind, ihr Obst selbst zu ernten und zu verkaufen.» Der Schweizer Obstverband (SOV) ist eher skeptisch gegenüber der Idee. Christian Schönbächler, Leiter Kommunikation und Marketing des SOV, würde die Initiative des gelben Bandes für seine Mitglieder nicht als Empfehlung aussprechen. Die Ernte durch Passanten oder durch die allgemeine Bevölkerung könnten die empfindlichen Abläufe der Hoch-& Tiefstammbäumen stören, so Schönbächler. Auch stellt sich rasch die Frage, wer für allfällige Unfälle haften würde. Bei jedem Baum müssten Gefahrenschilder angebracht werden, was für den Produzenten einen Mehraufwand bedeutet.
Chance für das Zusammenbringen zwischen Bevölkerung und Landwirtschaft
Für kleinere Betriebe käme diese Ernteaktion eventuell eher in Frage. Gerade weil man eine Entkopplung zwischen der Bevölkerung und der Landwirtschaft beobachten kann, so Schönbächler weiter. «Um diese Lücke zu schliessen ist es immer gut, die Menschen auf die Höfe zu holen, deren Fragen zu beantworten und dafür zu sorgen, dass Sie eine Idee davon bekommen wie das Obst oder Gemüse vom Feld auf den Teller kommt.» Das Potential vom Selberpflücken könnte für ihn also ein engerer Kontakt zwischen Produzenten und der Bevölkerung bedeuten.
Qualität soll wertgeschätzt werden
Auch Hanruedi Wirz, Kirschenproduzent und Vorstandsmitglied des SOV aus Reigoldswil reagiert auf die Idee mit Vorbehalt. Unser Ziel ist es, mit Qualitätsfrüchten den Konsum und Absatz zu steigern. Mit dieser Aktion würden wir dem Qualitätsgedanken einen schlechten Dienst erweisen, so Wirz. In Einzelfällen könnte eine bilaterale Vereinbarung zwischen Eigentümer und Abnehmer getroffen werden. Wirz befürchtet zudem, dass die Bevölkerung die Idee in einer Umfrage befürworten würden, in der Praxis jedoch nur von einem kleinen Personenkreis beansprucht werden.
Wie sieht es im Gemüsebau aus?
Markus Waber vom Verband der Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP) erklärt auf Anfrage, dass solche Ideen prinzipiell schon willkommen seien. «Wir wollen Food-Waste natürlich auch reduzieren, aber sichere Absatzkanäle sind in der professionellen Gemüseproduktion zentral». Unsere Mitglieder sind professionelle Gemüsegärtner, die ihre Felder gut managen, ist Waber überzeugt.
Auch stellen sich organisatorische Herausforderungen. Der Transport zum Feld, die Abfallregelung und das Bereitstellen von Sanitäranlagen sind beispielsweise Punkte, die genau besprochen werden müssten, so der Mediensprecher des VSGP. Man könne jedoch nicht für alle sprechen und die Idee aus Deutschland sei nicht ganz mit der Situation in der Schweiz vergleichbar.
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