Lediglich knapp neun Prozent aller 2.23 Mio Hochstamm-Feldobstbäume, ohne Nussbäume und Kastanien, sind unter dem Label Hochstamm Suisse zertifiziert. «Wir sind eben absatzorientiert, Ziel ist ein Mehrwert für die Produkte», erklärte Geschäftsführer Pierre Coulin. Er sprach vor rund 50 Teilnehmern der 10. Schweizer Hochstammtagung an der Liebegg. Rund 1300 Miglieder zählt der Verein Hochstamm Suisse.
Biofrüchte vom Hochstamm
Künftig dürfte der Anteil Label-Bäume aber steigen, denn für einige Produkte seien die Rohstoffe knapp. «Wir suchen mehr Bio-Betriebe und mehr Bäume. Gefragt sind Äpfel, Birnen, aber auch Zwetschgen, vor allem Hauszwetschgen und Fellenberg.» Grosses Potenzial sieht er auch für Kastanien- und Nussbäume, so für neue Produkte aus Marroni und Nüssen.
Nach einem leichten Aufschwung der Anzahl Hochstammbäume seit 2010 sind diese in den letzten Jahren wieder rückläufig, besonders stark in den Kantonen Bern, Zürich, Luzern und Baselland.
Schwierig bei Kirschen
Schwierig sei der Absatz vor allem für Produkte aus Kirschen-Hochstämmern, betonte Coulin. Tafelkirschen von solchen Bäumen seien, weil zu kleinfrüchtig, im Handel nicht mehr erwünscht. So seien viele Früchte in der Verarbeitung gelandet, der Markt für Kirschenkonfi oder Kirschenjogurt sei aber sehr beschränkt. Hochstamm Suisse versuche, dass wieder mehr Kirschen als Tafelware abgesetzt werden könnten. «Die Grossverteiler und die Konsumenten sollten erkennen, dass Kirschen vom Hochstammbaum zwar kleiner, aber geschmacklich viel besser sind», meinte Coulin. Er habe Verständnis für die schwierige Lage der Kirschenbauern, vor allem weil diese auch mit der Kirschessigfliege konfrontiert seien. Es wäre aber bedauerlich, wenn Hochstamm-Kirschbäume gefällt würden. Vor Jahren seien viele Zwetschgenbäume verschwunden, und nun würden die Früchte dieser alten Sorten fehlen.
Bienen bei Bedarf bestellen
Blühende Hochstammbäume sind nicht nur eine Augenweide für viele Leute, sondern ein Schmaus für Bienen. Über deren Bedeutung orientierte der Aargauer Imkerpräsident Andreas König. Allein im Aargau mit 11000 Bienenvölkern mache der Bestäubungswert gegen 14 Mio Franken jährlich aus. Gerade Steinobst, also auch Kirschbäume, bräuchten oft mehr Bienen zur Bestäubung als vor Ort vorhanden seien. Bei Kernobst hingegen genüge die Dichte. Die Aargauer Imker bieten deshalb eine Vermittlung von Bienen für die Bestäubung von Steinobst an. «Landwirte können zeitgerecht den Bedarf melden, dann verstellen wir Bienen vor Ort, innerhalb einer vernünftigen Distanz», erklärte König. Er mahnte die Landwirte mit Biodiversitätsförderflächen zur Vorsicht, wenn Hochstammbäume darauf stehen. Beim Spritzen der Bäume sei darauf zu achten, dass die Wiesen nicht in voller Blüte stünden, und so zur Bienenfalle würden.
Bienenfreundliche Landwirtschaft
Sehr zufrieden ist König mit dem Pilotprojekt im Aargau für «bienenfreundliche Landwirtschaft». Die Beteiligung der Bauern sei hoch, und schon viele Massnahmen wurden umgesetzt, beispielweise keine Mahd bei Bienenflug oder Verzicht auf Mähaufbereiter und Mulcher. Wenn die Ziele des Projekts - sinnvoll, zahlbar und umsetzbar - erreicht würden, sollen die Erkenntnisse später national in die agrarpolitischen Massnahmen aufgenommen werden, hofft König.
Im Anschluss konnten die Teilnehmer verschiedene Obstsäfte und Destillate aus Hochstamm-Früchten degustieren.