Vor gut eineinhalb Jahren nahmen das ETH-Spin-Off Yasai und die Schweizer Agrargenossenschaft Fenaco die Vertical-Farming-Pilotanlage in Betrieb. Seit dem 1. Februar 2022 wird das Vorhaben als «Innosuisse»-Forschungsprojekt weiter vorangetrieben: Mit Leistungen im Wert von rund einer Million Schweizer Franken kann Yasai zusammen mit Spezialistinnen und Spezialisten der ZHAW, der Agroscope und der Fenaco sämtliche Anbau- und Arbeitsprozesse der Vertical Farm optimieren. Damit sollen Ausbeute, Qualität, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit der Anlage verbessert werden.
Neue Geschäftsfelder für die Landwirtschaft
[IMG 2]Im Sinne des Genossenschaftszwecks engagiere sich die Fenaco, Schweizer Landwirtinnen und Landwirte bei der wirtschaftlichen Entwicklung ihrer Unternehmen zu unterstützen. Dazu gehöre auch die Prüfung und Erschliessung von neuen Geschäftsfeldern, sagt Daniel Schwab vom Warengruppenmanagement Gemüse der Fenaco Landesprodukte und Projektmanager Vertical Farming: «Mit der Vertical-Farming-Anlage in Niederhasli wollten wir unter anderem prüfen, ob diese Art der Produktion beispielsweise als Ergänzung zur klassischen Gemüseproduktion auf Landwirtschaftsbetrieben eingesetzt werden kann.»
Die Vorstellung war, dereinst bestehende, aber leere Agronomiegebäude umzunutzen und solche Anlagen einzubauen, die Mengen zusammenzuführen, um dann mit einer Gesamtmenge auf den Markt zu treten. Um anbautechnische, betriebswirtschaftliche und marktbezogene Aspekte zu beleuchten, wurde auch ein sogenanntes Soundingboard bestehend aus Seeländer Gemüseproduzenten einberufen: Der Kontakt zur Praxis auf dem Feld oder in den Gewächshäusern ermöglicht einen Wissenstransfer und Austausch zwischen Technologen und Anwendern und soll schlussendlich helfen, eine Lösung zu entwickeln, die am Markt gut aufgenommen wird und sich auch tatsächlich durchsetzt.
Unrealistisch im Kleinformat
Allerdings stellte sich der Ansatz der Vertical Farm auf einem Landwirtschafts- oder Gemüsebetrieb ziemlich bald als nicht realisierbar heraus. «Als wir begannen, zusammen mit Yasai intensiv über Standort, Infrastruktur und Investitionskosten zu diskutieren, realisierten wir relativ schnell, dass es noch nicht möglich ist, auf Landwirtschaftsbetrieben im Kleinformat Vertical Farming zu betreiben», erklärt Daniel Schwab und ergänzt: «Der Schlüssel zu einem rentablen Betrieb liegt bei der Skalierung und Automatisierung der Prozesse.»[IMG 3]
Sogar die Anlage in Niederhasli mit 1’200 Quadratmetern Anbaufläche auf einer Bodenfläche von 320 Quadratmetern dürfte idealerweise noch grösser sein. Das Start-up plant denn auch bereits grössere Anlagen. «In Schlieren ist die erste vertikale Farm der Schweiz geplant, die in ein Wohnquartier integriert wird», sagt Marc Zahran, Co-Gründer und CEO von Yasai. Ab 2026 sollen dort in einer rund 8 Meter hohen Halle auf einer Anbaufläche von 2’600 Quadratmetern Kräuter und Blattsalate angebaut und auch direkt vor Ort verkauft werden.
Daneben verfolgt Yasai an Standorten mit bereits vorhanden Logistikzentren auch die Integration von sogenannten XL-Vertical-Farms mit Anbauflächen von über 10’000 Quadratmetern. «Denn erst mit der Skalierung kommt mehr Rentabilität zurück und die Volumen sind dann auch dort, wo sie sein müssen, um den Markt im grossen Stil mit Produkten aus der Vertical Farm zu beliefern», erklärt Marc Zahran.
Nebennutzen für Landwirtschaft
Durch Vertical Farming werde in der Schweiz die Möglichkeit geschaffen, Importe abzulösen und eine ganzjährige Versorgung aus der Schweiz zu gewährleisten, erläutert der Yasai-CEO weiter und ergänzt: «Unser System ist keine Konkurrenz, sondern komplementiert die einheimische Produktion.» Die Produktion konzentriert sich aber vorerst auf Kräuter. Blattgemüse und Beeren sind zwar in Planung, trotzdem bleibt der Gemüseanbau wie bis anhin vor allem Sache der klassischen Gemüseproduzentinnen und Gemüseproduzenten.
Bei der Zusammenarbeit mit Yasai habe sich nämlich auch gezeigt, dass es im Bereich Gemüse noch einiges an Input brauche, sagt Daniel Schwab: «Wir wollten nie Kräuter vermarkten – das ist nicht unser Kerngeschäft.» Bis man aber so weit sei, Gemüse in solchen Vertical Farms anzubauen, brauche es noch viel mehr Forschung und auch Zeit.
Trotzdem ist die Idee des Vertical Farmings für die Landwirtschaft nicht gestorben: So kam beim Austausch mit den Gemüseproduzenten unter anderem die Idee des Anbaus von Jungpflanzen zur Sprache. «So könnten wir in der Vertical Farm theoretisch Setzlinge anbauen, die ins Gewächshaus oder in den Boden kommen», meint Yasai-CEO Marc Zahran. Für Gemüseproduzentinnen und Gemüseproduzenten wäre dies sicher ein spannender Ansatz, da für die Betriebe beim Bezug von Jungpflanzen eine grosse Abhängigkeit von einzelnen Anbietern besteht. Die Frage sei schlussendlich, wie bezahlbar solche Setzlinge für die Gemüsebetriebe dann seien, meint Daniel Schwab.
Grundsätzlich dürften sich für die Schweizer Gemüseproduktion im Bereich Vertical Farming in der Zukunft aber trotzdem allfällige Synergien auftun: «Für klassische Produzentinnen und Produzenten, die beispielsweise an Industriezonen angrenzen und denen sich die Chance bietet, leerstehende Industriehallen zu nutzen, könnten diese Möglichkeit nutzen, diese Art der Produktion beispielsweise ergänzend zum Hauptbetriebszweig zu betreiben», erklärt Daniel Schwab. Und so dann auch von den Erfahrungen von Yasai profitieren.