Es ist zwar immer noch eine Nische, doch der Markt für Ziegenmilchprodukten nimmt stetig zu. Vor allem die Palette von Ziegenkäse ist gross und wird unter der Marke «le petit chevrier» vermarktet. Auf diesen Zug ist auch die Familie Urs und Elise Hofstetter aus Mont-Tramelan aufgesprungen.
2013 hat der Landwirt den Betrieb von seinen Eltern übernommen und nach und nach die Milchkühe gegen die Ziegen eingetauscht. Heute hält das junge Betriebsleiterehepaar 128 Milchziegen, zirka 30 Jungtiere und vier bis sieben Zuchtböcke auf ihrem Jurabetrieb auf 1100 m ü. M. Für mehr würde das Futter nicht reichen. Insgesamt bewirtschaftet die Familie eine Fläche von 18 Hektaren.
Den Schritt nie bereut
«Wir haben diesen Schritt nie bereut», sagen Elise und Urs Hofstetter einstimmig. Damit man im «grösseren Stil» mit der Ziegenzucht anfangen kann, gilt es zuerst einen Abnehmer für die Ziegenmilch zu suchen. Diesbezüglich hatte die Familie Hofstetter mehr als Glück: «2015 suchte der Milchverarbeiter Emmi anhand eines Inserats weitere Ziegenmilchproduzenten», sagt der Landwirt. Hofstetters bekamen den Zuschlag und konnten im Laufe der Jahre ihre Herde weiter aufstocken. 2018 kam ein weiterer Meilenstein dazu: Es wurde in einen neuen Melkstand mit einem dazugehörenden Futterautomaten investiert.
Eine grosse Investition
«Die Investition von 100 000 Franken hat sich mehr als gelohnt», sagen die beiden rückblickend. «Wir haben dabei die Luxusvariante gewählt», sagt Urs Hofstetter lachend. So bietet der Westfalia-Melkstand Platz für zwölf Ziegen und die Abnahme der zwölf Aggregate erfolgt automatisch. «Bei jeder Ziege können wir sehen, wie viel Milch sie pro Melkung gibt», sagt die Bäuerin mit Fachausweis. Damit die Ziegen überhaupt in den Melkstand kommen, werden sie mit ein wenig Kraftfutter angelockt. Dank eines Chips im Ohr, weiss der Computer genau, wie viel Kraftfutter jede Ziege bekommen darf.
Das ganze Jahr Milch
Für die Milchabnehmerin Emmi ist es wichtig, dass sie das ganze Jahr Ziegenmilch von ihren Lieferanten bekommt. Hier sind auch die Produzenten gefordert: «Normalerweise werden die Ziegen im Herbst «bockig», gitzeln dann nach einer Tragzeit von fünf Monaten im Januar, Februar und März ab.
Im Frühjahr herrscht somit ein Überangebot an Milch, dieses nimmt dann ab August drastisch wieder ab», sagt der Ziegenhalter. Von Mai bis September haben Hofstetters ein Lieferrecht, danach ist die Menge weniger beschränkt.
Ein Schnippchen schlagen
Damit Urs Hofstetter Emmi das ganze Jahr Milch liefern kann, versucht er der Natur und seinen Ziegendamen ein Schnippchen zu schlagen. Mit dem Ziel, dass rund die Hälfte seiner 128 Ziegen schon im Herbst und nicht erst im Frühling abgitzeln sollen.
Denn Emmi bezahle einen saisonalen Milchpreis, der in den Wintermonaten viel höher sei als im Frühling und im Sommer. «Ich lasse nun schon im April und Mai den Ziegenbock zu den Milchziegen und stimuliere so ihre Brunst», sagt der erfahrene Landwirt. Helfe dies nichts, sorge meistens ein fremder Bock für die nötige Stimmung.
Guter Milchpreis
Im Durchschnitt bekommen Hof-stetters für ihre Milch Fr. 1.10 pro kg. Dabei müssen auch die Gehalte von mindestens 3,3 % Fett und 2,8 % Eiweiss stimmen. «Habe ich einen höheren Milchgehalt, bekomme ich einen Zuschlag, erreiche ich die Mindestanforderungen nicht, gibt es einen Abzug», weiss er. Nicht nur die Inhaltsstoffe seien für einen guten Milchpreis wichtig, auch die Milchqualität sei ausschlaggebend: «Keime und Sporen in der Milch führen zu Käseblähungen», zählt der Landwirt die Kriterien auf.
Natürlich könne man mit der Fütterung und mit der entsprechenden Genetik nicht nur den Milchgehalt, sondern auch die Milchleistung verbessern. «Bei der Rasse haben wir uns für die weisse Saanenziege entschieden», sagt der Züchter. Die seien milchreich und unproblematisch. «Gut, einige Gämsfarbige Gebirgsziegen, eine Strahlenziege und ein paar Mischlinge geben den nötigen Farbtupfer in der Herde», sagt Elise Hofstetter lachend.
Im Durchschnitt geben ihre Ziegen pro Jahr und Laktation 750 kg Milch. «Wir haben auch Spitzentiere darunter: Unsere beste heisst Kosmia, ist vierjährig und hat Leistungen von bis zu 1513 kg Milch», sagt der Züchter stolz. Dank Hofabfuhr haben Hofstetters auch nichts mit der Milchablieferung zu tun. «Für eine Pauschale pro Fuhr plus einen Beitrag pro Liter Milch der je nach Einzugsgebiet variiert, holt Emmi bei uns die Milch direkt ab Hof ab. Diese Rechnung stimmt für uns», sagt der Betriebsleiter.
Zucht und Fütterung
Nicht nur bei der Zucht, sondern auch bei der Fütterung könne man die Milchleistung markant steigern. «Während der Vegetationsperiode sind unsere Ziegen tagsüber auf der Weide und werden am Abend und in der Nacht im Stall nur mit etwas Heu nachgefüttert», hält der Landwirt fest. Die typischen Wald-Weiden im Jura seien geradezu prädestiniert für die Weidehaltung. «Unsere Ziegen müssen ihr Futter selber suchen und das viele Laufen geht sicher auch auf Kosten von ein paar Kilogramm Milch», weiss der erfahrene Landwirt.
Konsument fordert auch
Hofstetters sind der festen Überzeugung, dass die Ziegen-Weidehaltung die Zukunft sein werde und dies der Konsument früher oder später auch fordere. «Wir füttern unseren Ziegen auch keine Silage zu. Nur Gras, Dürrfutter und ein wenig Kraftfutter sind die Komponenten.» Um bei dieser Strategie trotzdem auf eine gute Milchleistung zu kommen, sei das Weidemanagement von grösster Bedeutung. «Gutes, frisches Gras ist wichtig für die Ziegen», weiss der Züchter. Aber auch die Gesundheit seiner Herde habe oberste Priorität: «Ziegen mit guten Fundamenten, hochsitzenden Eutern und viel Flankentiefe sind die besten Voraussetzungen für eine rentable Ziegenzucht», sagt Urs Hofstetter.
Bestand ist tuberkulosefrei
Betreffend Gesundheit gilt ihr Bestand zudem auch als pseudotuberkulosefrei. Dies ist eine Abszesskrankheit, ansteckend und unheilbar. Das Bakterium Corynebacterium pseudotuberculosis verursacht hier Abszesse an Kopf, Hals, Schulter, Knie oder Euter der Ziege. «Wir haben diesbezüglich bei unseren Ziegen einen Bluttest durchgeführt, der zum Glück bei allen Tieren negativ ausfiel», sagt der Landwirt. Jetzt achten sie natürlich darauf, dass sie diese Krankheit auch nicht mehr in ihre Ziegenherde einschleppen. Nein, die Hofstetters überlassen nichts dem Zufall: Sei es bei der Tiergesundheit, der Zucht oder bei der Fütterung.