Naturschutzorganisationen haben bereits während der Beratungen in den Räten ein Referendum angekündigt. Aus ihrer Sicht führt die Gesetzesrevision zu einer inakzeptablen Schwächung des Artenschutzes. SP und Grüne kündigten am Donnerstag noch im Rat an, das Referendum zu unterstützen.
Biber und Luchs bleiben verschont
Geschützte Tiere dürfen gemäss dem revidierten Gesetz zur Bestandesregulierung abgeschossen werden. Im Gesetz nicht genannt werden indes der Biber und der Luchs; beide wurden vom Parlament gestrichen.
Das Gesetz gibt dem Bundesrat allerdings die Kompetenz, weitere geschützte Tierarten für die Bestandsregulierung zum Abschuss freizugeben. Möglich ist dies auf dem Verordnungsweg.
Die aufgelisteten Tiere dürfen zum Abschuss freigegeben werden, bevor sie Schaden anrichten. Ein Einschreiten soll möglich sein, wenn Massnahmen zur Verhütung von Schäden alleine nicht genügen und ohne Quantifizierung des Schadens.
Die Landesregierung hatte zwar ebenfalls vorgeschlagen, Wölfe zu schiessen, bevor Schaden entstanden ist. Allerdings hätte sie ausdrücklich spezifizieren wollen, dass grosser Schaden droht und dieser ausschliesslich mit zumutbarem Schutz nicht verhindert werden kann.
"Wolfsbestand wird wachsen"
Trotz der Streichung dieses Zusatzes in den Räten ist die fragliche Bestimmung mit der Berner Konvention vereinbar, auch wenn dies nun auf den ersten Blick nicht mehr erkennbar ist. Das schreibt das Bundesamt für Umwelt (Bafu) auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Denn die Berner Konvention lasse Abschüsse ausdrücklich zu, bevor ernster Schaden eintreffe. Der Bundesrat werde über die Ausführungsbestimmungen in der Verordnung den Schutz der betreffenden Population sichern und die Anforderungen an den Herdenschutz klären.
"Der Wolfsbestand in der Schweiz wird so auch mit dem angepassten Jagdgesetz wachsen, aber gebremst und gesteuert. Und die Wölfe werden scheu bleiben und Herdenschutzmassnahmen respektieren", schreibt das Bafu.
Noch hängig ist ein Antrag des Umweltdepartements von 2018 bei der Berner Konvention, den Wolf von "streng geschützt" auf "geschützt" zurückzustufen. Laut Bafu soll vor dem Entscheid der Bestand der Wölfe in Europa erhoben werden. Der Ständige Ausschuss der Berner Konvention lehnte 2006 einen gleichen Antrag der Schweiz ab.
Abschüsse im Schutzgebiet
Uneinig waren sich die Räte bis fast zuletzt, ob Wölfe bei Notwendigkeit auch in Jagdbanngebieten - neu Wildtierschutzgebiete genannt - gejagt werden dürfen. Die zurzeit 42 Schutzgebiete haben eine Fläche von rund 1500 Quadratkilometern, was etwa der Fläche des Kantons Luzern entspricht. Sie sollen helfen, seltene und bedrohte Säugetiere und Vögel sowie deren Lebenswelten zu schützen.
Die Jagd ist dort verboten - ausser, es sei zum Beispiel für die Erhaltung der Artenvielfalt oder zur Verhütung von übermässigen Wildschäden nötig. Dann sollen nicht geschützte Tiere abgeschossen werden dürfen. Einig waren sich die Räte, dass dies auch für Steinböcke gelten soll.
Der Ständerat wollte die Jagd in Schutzgebieten von Anfang an auch für Wölfe ermöglichen, der Nationalrat zunächst nur für die Steinböcke. Erst in der dritten Runde der Beratungen wendete eine bürgerliche Minderheit im Nationalrat das Blatt und schloss sich - mit 92 zu 91 Stimmen bei 2 Enthaltungen - dem Ständerat an.
Befürworter argumentierten, die Wölfe könnten sich in den Schutzgebieten unkontrolliert vermehren, wenn es keine Regulierungsmöglichkeit gebe.
Gegner wiesen vergeblich darauf hin, dass die Schutzgebiete auch Rückzugsort für Wölfe sein sollten und das Streifgebiet der Rudel grösser sei als die Jagdbanngebiete. Mit Blick auf das Referendum warnten sie davor, mit einem allzu stark aufgeweichten Schutz für Wölfe das Fuder zu überladen.
Jagdprüfungen nach altem Recht
Bei der Regulierung von geschützten Tierarten im Allgemeinen setzte in der Einigungskonferenz der Nationalrat den Zusatz durch, dass die Erhaltung regional angemessener Wildbestände gewährleistet sein muss. Der Ständerat hätte auf die Präzisierung verzichten wollen.
Den Inhalt der Jagdprüfungen können die Kantone weiterhin selbst festlegen. Nachdem sich die Räte über eine gegenseitige Anerkennung der Jagdprüfungen und auch eine Harmonisierung nicht einigen konnten, blieben sie auf Antrag der Einigungskonferenz beim geltenden Recht.
Der Bundesrat hätte eine Vereinheitlichung und auch eine gegenseitige Anerkennung der Jagdprüfungen gewünscht. Ein Kompromissvorschlag des Nationalrates, die Jagdprüfung wenigstens zu harmonisieren, drang ebenfalls nicht durch.
Der Nationalrat stimmte dem Antrag der Einigungskonferenz mit 111 zu 72 Stimmen bei 3 Enthaltungen zu - mit Nein stimmten SP, Grüne, GLP und einige Mitglieder der FDP-Fraktion. Der Ständerat genehmigte den Einigungsvorschlag mit 25 zu 8 Stimmen bei 3 Enthaltungen. Die Vorlage ist bereit für die Schlussabstimmungen.