K wie Klima
Vermutlich das dominanteste Thema des Jahres, das auch vor der Landwirtschaft nicht halt macht. Der Greta-Effekt sorgte weltweit für Demonstrationen im Wochenrhythmus. Die klimafitte Landwirtschaft ist aber nicht so einfach herbeizuzaubern, wie das viele Aktivisten und Aktivistinnen gerne sähen. Denn es gibt grosse Zielkonflikte. Die ressourceneffizienteste Landwirtschaft ist nämlich nicht die Tier- und Klimafreundlichste. Grosse Freilaufställe produzieren grössere Ammoniakemissionen als die gute alte Anbindestallhaltung. Und der Biolandbau benötigt pro Kalorie höheren Input an Boden und Arbeit als der konventionelle Ackerbau, um nur zwei Beispiele zu nennen. Dass der Greta-Effekt verpuffen wird wie einst die Schlagzeilen um das Waldsterben, darauf sollte man besser nicht wetten. Die Bauernfamilien merken selber am Besten, dass das Klima nicht mehr dasselbe ist, wie noch vor einer bis zwei Generationen. Die Frühlingstemperaturen im Dezember sind dafür nur das jüngste Beispiel.
L wie Langlebigkeit
Die Kühe sind auch 2019 nicht aus den Schlagzeilen gekommen. Heuer drehte sich die Diskussion nur mehr sporadisch um verklebte Euter an Ausstellungen. Ein entsprechendes Verbot hat der Nationalrat richtigerweise nicht erlassen. Solche Schritte überlässt man besser der Branche. Fast mehr zu reden gaben die Diskussionen um die Langlebigkeit. Soll man diese im Rahmen der AP 22+ mit einem Beitrag honorieren? Die Meinungen sind gespalten. Dass eine ältere Kuh pro Laktation weniger Kosten verursacht, ist theoretisch sonnenklar. Die andere Frage ist dann, ob sie auch bezüglich Fitness mitzuhalten vermag. Entscheidend wird hier sein, dass die Zuchtziele rechtzeitig auf die neuen Erfordernisse ausgerichtet werden, das ist bisher noch nicht überall der Fall.
M wie Marmorierte Baumwanze
Dieser Schädling ist ein gutes Beispiel für die Herausforderungen, die sich der Landwirtschaft stellen. Relativ neu im Geschäft, verursacht die eingewanderte Wanze bereits grosse Schäden, sie führte beispielsweise zur markttechnischen Wertlosigkeit grosser Birnenposten. Der Schweizer Obstverband schätzt die Verluste für 2019 auf bereits 3 Mio Fr. Weitere Millionenverluste dürften im Gemüsebau hinzukommen. Zwar gäbe es mit der Samurai-Schlupfwespe einen natürlichen Gegenspieler, der das Schadinsekt in Schach halten könnte. Das Problem ist allerdings, dass auch diese Wespe ein gebietsfremder Organismus ist. Das heisst, sie muss ein mehrstufiges Bewilligungsverfahren durchlaufen, das mehrere Jahre in Anspruch nehmen dürfte. Hier zeigt sich, wie anspruchsvoll der Pflanzenschutz im gesellschaftlich geforderten biologischen Bekämpfungs-Zeitalter ist. Insektizide stehen keine (mehr) zur Verfügung und bis eine Bekämpfungsstrategie steht, fungiert der Produzent als Risikoträger, der vom Markt bestraft wird.
N wie Nullparzellen
Mit dieser umstrittenen Massnahme wollte der SBV im Zusammenhang mit den hängigen Initiativen auf die Auswirkungen fehlenden Pflanzenschutzes hinweisen. Der Schuss ging allerdings nach geharnischten Protesten aus Biokreisen hinten raus. Die Aktion wurde vom SBV vor der eigentlichen Umsetzung gestoppt. Der Fall zeigt, dass die Landwirtschaft heterogener ist als je zuvor. Dem SBV als Direktor dieses Flohzirkus stehen in den nächsten Monaten weitere heikle Kantengänge bevor, um einen einigermassen geschlossenen Auftritt der Branche in dieser Angelegenheit zu sichern. Diese Geschlossenheit wird es brauchen, um die nach wie vor existierenden gemeinsamen Anliegen durchzubringen, Stichwort Budget zum Beispiel. Hier scheint vorderhand keine Senkungsgefahr zu bestehen, aber das kann sich mittelfristig ändern.
O wie Obergrenze
Die Direktzahlungen sorgen immer wieder für öffentliche Diskussionen, namentlich dann, wenn die hohen Bezüge von Betriebsgemeinschaften oder grossflächigen Grünlandbetrieben im Voralpen- und Berggebiet auf den Plan kommen. In der AP 22+ dürfte sich deshalb wahrscheinlich eine relativ scharfe Begrenzung mit raschem Abbau oberhalb von 150 000 Franken halten können. Exzesse sind zu vermeiden, aber vom Gesetzgeber her Grösse zu bestrafen, wirkt ein bisschen inkonsequent, wenn gleichzeitig stets rationalisierte Betriebe und zügiger Strukturwandel als Erfolgsrezepte präsentiert werden.
Die nächste Folge des Rückblick-Alphabets erscheint morgen.