«Oh je», kommentiert Schwester Theresita die Nachricht, dass eine Medienfrau den Gartenrundgang begleitet. «Man weiss nie, was dabei herauskommt», setzt sie nach, und aus ihren blauen Augen funkelt der Schalk. Sie hat früher selber für eine Fachzeitung geschrieben und fotografiert. Heute gibt sie ihr Kräuterwissen nur noch auf Führungen im Kloster Heiligkreuz in Cham weiter. Es ist sowieso das Beste, Schwester Theresita live zu erleben.
Hände mit Rosmarin desinfizieren
«Zuerst desinfizieren alle die Hände», ordnet Schwester Theresita an, nachdem die Gruppe die Klosterpforte passiert hat. Sie zeigt auf einen imposanten Rosmarinstrauch, die Besucherinnen dürfen die Zweiglein mit den Händen überstreifen. Zur desinfizierenden Wirkung breitet sich ein anregender Duft aus. Dann geht es los ins Reich der Heilkräuter, zu Mutterkraut, Mönchspfeffer und Herzgespann.
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Von jeder Pflanze benennt Schwester Theresita Verwendung und Wirkung. Sie kennt Mittel gegen schwere Leiden und gegen Alltagswehwehchen. «Bei einem Insektenstich verreibt ihr die Rückseite eines Salbeiblatts auf der Haut. Aber Achtung, Salbei treibt den Blutdruck in die Höhe.» Johanniskraut sei eine wahre Gelenkschmiere und helfe bei trüben Gedanken. «Aber ja nicht an die Sonne nach der Anwendung, sonst kann es Verbrennungen geben.» Das hat sie am eigenen Leib erfahren, wie so vieles. Sie hat in jüngeren Jahren einige Stunden an der Phytofachschule besucht und seither «ausprobiert, beobachtet, Erfahrungen gesammelt».
Mit 21 Jahren ins Kloster
Schwester Theresita half vor 36 Jahren, den Kräutergarten des Klosters nach Hildegard von Bingens Grundsätzen anzulegen, zuvor wuchs dort Gemüse.
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«Kräuter sind abwechslungsreicher, sie sind so farbenprächtig und duften», erklärt die 75-Jährige ihre Passion. Als sie mit 21 Jahren ins Kloster eintrat, wählte sie den Garten als Arbeitsfeld. «Immer nur in den Mauern drin hocken, wäre nichts für mich gewesen.»
«Woher wisst ihr, ob das eine echte Kamille ist?», will Schwester Theresita während der Führung wissen. Eine der Frauen kennt die Antwort: Sie schneidet die Blüte auf und zeigt den Hohlraum darin – also echt. Auf der heutigen Besichtigungstour gibt es kundige Teilnehmerinnen. Sie absolvieren die Weiterbildung zur Heilpflanzenfachperson an der Heilpflanzenschule in Sattel. «Dieser Klostergarten ist ein Kulturerbe», sagt die Leiterin Brigitte Waser.
Nach der Führung werden die Gäste mit einem Kräutersirup erfrischt. Schwester Theresita macht dazu eine Produktvorführung, sie ist eine höchst glaubwürdige Botschafterin. Die Klosterfrauen verarbeiten die Kräuter zu heilsamen Tinkturen, Tee, Kissen und anderem, das es nebst Handarbeiten im Klosterladen zu kaufen gibt.
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Schwestern aus Südkorea
45 Olivetaner-Benediktinerinnen leben heute im Kloster Heiligkreuz, nur zwei von ihnen sind unter 60 Jahren. Einige Frauen aus Busan in Südkorea verjüngen die Gemeinschaft. Dort befindet sich ein heute selbstständiges Tochterkloster; es entsendet als Zeichen der Verbundenheit Schwestern für Gastaufenthalte nach Cham. Während sie Deutsch lernen, sind sie willkommene Mitarbeiterinnen im Klosterhaushalt und im Garten.
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«Im Kloster werden wir nicht pensioniert, nur herumsitzen wäre sowieso nichts für mich», kommentiert Schwester Theresita ihr Pensum. Doch bei aller Vitalität wird sie nicht jünger und ist froh über den Gärtner, der Arbeit abnimmt. Solange es geht, kümmert sie sich um ihre Kräuter. Und dann?«Es wäre schön, wenn es weitergehen würde», sagt Schwester Theresita. Dann verabschiedet sie sich vom Garten und den Gästen, sie hat weitere Pflichten – jetzt geht es zur Chorprobe.