Frauen gehören heute zum Bild in der Politik. Auf dem landwirtschaftlichen Parkett sind sie aber noch in der Minderzahl. Die Schreibende sprach mit drei Bäuerinnen aus drei Ländern, die sich als Vertreterinnen ihrer Landesorganisationen auf europäischer Ebene einsetzen.
Zweimal jährlich treffen sie sich in Brüssel an der Versammlung des European Milkboard EMB. In dieser Organisation sind Milchbauernorganisationen aus 16 europäischen Ländern vertreten. Das EMB setzt sich für Regulierungen im Milchmarkt und für eine nachhaltige Milchwirtschaft ein. Es fordert klare Leitplanken, damit die Preisverhandlungen auf Augenhöhe mit den Abnehmern stattfinden.
Das grosse Ganze
An den Versammlungen macht man sich auch Gedanken zur Gesamtlage der europäischen Landwirtschaft. Die drei Bäuerinnen sind stolz darauf, was sie auf ihren Höfen erarbeiten. Für sie reicht das aber nicht, damit die Landwirtschaft eine Perspektive hat. Sie kämpfen für die Zukunft der Familienbetriebe.
- Sieta van Keimpema (59) aus den Niederlanden vertritt das Dutch Dairymen Board DDB. Sie bewirtschaftete mit ihrem Mann Arno bis vor zwei Jahren einen Milchwirtschaftsbetrieb mit 80 Milchkühen plus Aufzucht. Das Motto der Mutter von drei Söhnen: «Wir müssen für unsere Rechte und Freiheiten kämpfen, denn was man verliert, bekommt man nicht wieder zurück.»
- Danielle Warmerdam aus Luxemburg vertritt «die faire Milch» Luxemburg. Die 52-jährige Mutter von drei Kindern bewirtschaftet mit ihrem Mann René 130 ha mit Ackerbau und 145 Milchkühe plus Jungvieh. Ihr Motto: «Sich voll und ganz für nur eine Sache engagieren. Denn bei Leuten, die gleichzeitig in verschiedenen Organisationen sitzen, weiss man nie genau, für welche Interessen sie gerade sprechen.»
- Vanessa Langer aus Frankreich kam durch ihre Anstellung beim EMB in Kontakt mit landwirtschaftlichen Themen. Die 31-jährige Übersetzerin sah darin eine sinnvolle Aufgabe und fühlte sich sofort am richtigen Ort. Sie bewirtschaftet seit drei Jahren mit ihrem Partner Adrien 215 ha in den Ardennen, ein Betrieb mit 60 Milchkühe plus Aufzucht und 150 ha Ackerbau. Ihr Motto: «Wenn niemand etwas macht oder sagt, werden die Missstände in der Landwirtschaft einfach fortgeführt, mit dramatischen Konsequenzen.»
Woher nehmen Sie Motivation für Ihr couragiertes Engagement?
Vanessa Langer: «Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Mit diesem Grundsatz bin ich aufgewachsen. Wenn man etwas ernsthaft anstrebt, findet man immer die Energie und einen Weg, dies zu erreichen. Unser Erfolg mit der fairen Milch in Frankreich ist zudem hoch motivierend.»
Danielle Warmerdam: «Mein Engagement für die faire Milch Luxemburg ist eine Abwechslung. Da meine Kinder jetzt gross sind, kam mir diese Arbeit sehr gelegen. Und die vielen positiven Reaktionen, aber auch der Erfolg meines Engagements, motivieren mich jeden Tag aufs Neue.»
Sieta van Keimpema: «Aus Liebe zum Landleben bekomme ich Energie und Motivation, um mich mit Kraft dafür zu engagieren. Mein Mann und ich haben immer intensiv am Küchentisch diskutiert, was sich ändern müsste, damit die jungen Bauern wieder eine Perspektive hätten. Ich habe einige Zeitungsartikel über die Milchwirtschaft veröffentlicht und wurde deshalb gebeten, in den Vorstand einer Milchviehhalter-Organisation beizutreten. In der Folge war ich eines der Gründungsmitglieder des EMBs. Auch diese Grundidee dazu entstand an einem Küchentisch. Die ersten Erfolge unterstützen die Motivation, aber die Erfahrung lernt, dass man sich nicht darauf verlassen kann, dass nun schon alles gut geregelt wird.»
Mussten Sie als Frau lernen, sich in der «landwirtschaftlichen Männerwelt» durchzusetzen?
Danielle Warmerdam: «Ich war an der landwirtschaftlichen Schule das einzige Mädchen in der Klasse. Dort habe ich fürs Leben gelernt. Ich hatte immer ein gutes Verhältnis zu allen Jungs. Aber ich habe nie mit den Jungs mitgetrunken.»
Vanessa Langer: «Mein Partner und ich kämpfen für die gleichen Ziele. Jeder mit seinen Voraussetzungen und Fähigkeiten. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man immer ernst genommen wird, wenn man sich ehrlich für eine gute Sache engagiert. Wir brauchen faire Rahmenbedingungen, damit die Jungbauern eine Zukunft haben.»
Sieta van Keimpema: «Wenn jemand seine Grenzen mir gegenüber überschreitet, weise ich ihn darauf hin. Die schlimmsten Drohungen zeige ich bei der Polizei an, was zum Glück nicht häufig vorkommt. Wenn man Missstände aufdeckt, tritt man auf Zehen, die manchmal sehr mächtig sind, und die Macht wird dann gegen dich verwendet. Es spielt dann keine Rolle, ob du Mann oder Frau bist.»
Sehen Sie den Erfolg Ihrer Arbeit?
Danielle Warmerdam: «Mir macht diese Arbeit richtig Spass. Ich bin zwar durch und durch Landwirtin, aber der Zeitpunkt, als wir die faire Milch gestartet haben, war für mich optimal. Inzwischen sind wir in ganz Luxemburg bekannt.»
Sieta van Keimpema: «Wenn alle am gleichen Strang ziehen, ist alles möglich, so können wir etwas bewegen. Schliesslich weiss jeder Bürger, wie wichtig einheimische Lebensmittel sind. Und die Bürger stehen hinter uns. Dies zeigt sich jeweils bei Grosskundgebungen.»