Wie keine andere Hunderasse steht der Bernhardiner symbolisch für die Schweiz und für die traditionellen Werte des Landes. Als Rettungshund in den Bergen gilt er als mutig und selbstlos; er trotzt jeder Witterung und ist mit seinem Schnapsfässchen stets zur Stelle, wenn man ihn braucht. Auch als Familienhund zeigt er sich treu.

Fromme Männer am hohen Pass

Die Ursprünge der Bernhardiner-Rasse liegen ein paar hundert Jahre zurück und sind im Wallis zu verorten. Auf dem Grossen St. Bernhard (2469 m ü. M.), der das Rhonetal mit dem Aostatal und dem Piemont verbindet, wurde bereits im Mittelalter ein Hospiz eingerichtet, in dem Zöllner, Pilger, Kaufleute und andere Reisende Zuflucht finden konnten. Geführt wurde diese Unterkunft von Geistlichen, den sogenannten Augustiner-Chorherren, die durch ihr Wirken den Verkehr auf dieser wichtigen Nord-Süd-Achse sicherten.

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Vom Hofhund zum Retter

Ab der Mitte des 17. Jahrhunderts begann man im Hospiz, grosse Hunde zum Schutz und zur Bewachung zu halten. Dazu setzte man auf grosse Bauernhunde aus der Umgebung, die sich in ihrer Grösse und in ihrer Farbe noch stark von den heutigen Bernhardinern unterschieden. Schon bald wurden diese Hunde auch zur Begleitung und zur Rettung von in Not geratenen Reisenden eingesetzt. Hier liegt der Ursprung der Bernhardinerzucht und der Legende vom Bernhardiner als selbstlosem Retter.

Der berühmte Barry

Während sich durch zunehmend gezieltere Zucht ein eigentlicher Vorläufer des heutigen Bernhardiners herausgebildet hatte, verbreitete sich dessen Ruf als ausgezeichneter Retter. Im legendenumwobenen Barry fand diese Entwicklung schliesslich ihren Höhepunkt. Barry wurde im Jahr 1800 im Hospiz am Grossen St. Bernhard geboren und lebte bis ins Jahr 1812 auf dem Pass. Mit den anderen Hunden des Hospizes begleitete er die Marroniers genannten Bergführer täglich beim Abgehen der gefährlichen Wege und rettete dabei – so erzählen es die Legenden – 40 Menschenleben.

Dabei war er deutlich kleiner als seine Nachfahren: Er hatte eine Widerristhöhe von etwa 54 cm und wog zwischen 40 und 50 kg. Heutige Bernhardiner bringen bei einer Widerristhöhe von rund 90 cm gut und gerne 100 kg und mehr auf die Waage.

Barry wird zum Mythos

Im Jahr 1812 wurde Barry auf Wunsch des zuständigen Priors nach Bern gebracht, wo er noch zwei Jahre lebte, bevor er den Alterstod starb. Der Hund wurde ausgestopft und im Naturhistorischen Museum in Bern ausgestellt. «Barry sollte sein eigenes Denkmal sein», schreibt der Historiker Georg Kreis über den zum Ausstellungsstück gewordenen Hund. Barry sollte von Selbstlosigkeit, Aufopferungsbereitschaft und Treue zeugen und diese Werte den Besuchern während einer Zeit der politischen Umbrüche vor Augen führen.

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So wird der legendäre Barry heute im Naturhistorischen Museum Bern gezeigt. Das Präparat wurde mehrfach überarbeitet, wobei Barrys Pose geändert wurde. Während er zu Beginn in einer eher demütigen Haltung zu sehen war, blickt er den Besuchern heute stolz entgegen. (Bild NMBE)

Diese kamen bald aus aller Welt, um den berühmten Hund zu sehen. Besonders der aufkommende englische Tourismus war empfänglich für die Legende vom tapferen Hund aus den Walliser Bergen. Bald wurden Barry Gedichte und Lieder gewidmet, Geschichten über seine Rettungen geschrieben und eine regelrechte Flut an Postkarten mit Bernhardiner-Sujet wurde gedruckt.

Das bekannte Fässchen darf nicht fehlen

Das Markenzeichen des Bernhardiners ist sein Schnapsfässchen. Gerettete sollten sich mit einem guten Schluck Hochprozentigem stärken, heisst es in den Legenden. Tatsächlich ist in manchen historischen Schriften von einem Branntweinfläschen die Rede, welches die Hunde vom St. Bernhard am Hals getragen haben sollen. Fachleute zweifeln aber heute am Wahrheitsgehalt dieses Bildes. Trotzdem sind der Bernhardiner und sein Fässchen im Lauf der letzten 200 Jahre unzertrennlich und zu einem Symbol für die Schweiz geworden. Diesem Umstand hat auch das Naturhistorische Museum in Bern Rechnung getragen: Obwohl nicht historisch verbürgt, trägt Barry in der ihm gewidmeten Dauerausstellung ein Fässchen um den Hals.

«Ein gemütlicher Tscholi»

Seit Barrys Tagen sind über zweihundert Jahre vergangen, in denen sich die Rasse stark entwickelt hat. Der Bernhardiner ist auch längst nicht mehr (nur) in den Bergen anzutreffen; Bilder und vor allem Filme wie die «Beethoven»-Reihe haben die Walliser Hunde weltbekannt gemacht.

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Einen ganz «lebendigen» und lieben Bernhardiner besitzt Regula Löffel, die in Trubschachen diverse Kräuterprodukte herstellt. Sie hat sich für einen Bernhardiner entschieden, weil sie einen typischen Schweizer Hund wollte. Ihr Knutt ist knapp einjährig und zieht regelmässig das Interesse der Leute auf sich: «Die einen kennen die Rasse erstaunlicherweise nicht und fragen nach, während die anderen sich freuen, wieder einmal einen Bernhardiner zu sehen», berichtet Löffel. Dabei muss sie oft ein wenig erklären: «Bernhardiner wachsen in den ersten Monaten extrem schnell. Knutt hat nach einem halben Jahr schon 75 Kilo gewogen und war für sein Alter sehr gross. Dabei hat er noch den Charakter eines jungen Hundes und will mit allen spielen.» Knutt sei «ein gutmütiger Tscholi» und sehr gut sozialisiert, sagt seine Besitzerin. Einzig das «Wächtern» habe er noch nicht so ganz im Griff.

Knutt hat zwei Jobs

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Als Wächter muss sich Knutt auch nicht unbedingt beweisen; seine Talente kann er anderweitig unter Beweis stellen. Wenn Regula Löffel etwa Zutaten für ihre «Chrüterchuchi»-Produkte sammelt, trägt Knutt die Last in einem eigenen Rucksäckchen. Und Knutt hat noch einen zweiten Job: Er ist Markenbotschafter für die Tierfuttermarke TRM, die unter anderem Spezialprodukte für Hunde herstellt. Im Rahmen dieses Engagements wird Knutt an verschiedenen Stationen seines Lebens von einer Kamera begleitet. So ist Knutt nicht nur Markenbotschafter, sondern lässt auch seine Rasse im besten Licht erscheinen.

 

Gesundheitsprobleme hängen häufig mit Zucht zusammen

Wie alle grossen Hunde sind Bernhardiner überdurchschnittlich oft von bestimmten Krankheiten betroffen, wie Tierarzt Gilles Steiner erklärt. In seiner Kleintierklinik S. im bernischen Flamatt betreut Steiner neben vielen anderen Hunden auch mehrere Bernhardiner.

Hüfte und Ellenbogen

Viele mittelgrosse und grosse Hunde kämpfen mit Beschwerden an den Hüftgelenken oder an den Ellenbogen, so auch Barrys Nachfahren. «Hüft- und Ellenbogendisplasien sind für einen Hund schmerzhaft und einschränkend. Diese Gelenkbeschwerden werden durch eine falsche Fütterung, die Aktivität und ein zu hohes Gewicht begünstigt. Die eigentliche Ursache für diese Krankheitsbilder liegt aber in der Genetik eines Hundes; die Veranlagung dafür ist angeboren», weiss Gilles Steiner. Das eigentliche Problem liege in einer viel zu kleinen Population und einer zu intensiven Zucht mit vergleichsweise wenigen Tieren, fährt der erfahrene Tierarzt fort. Werde der Inzuchtgrad in einer Population zu gross, kämen nach und nach auch Genvarianten zum Tragen, die für unerwünschte Effekte verantwortlich seien.

Haltern, welche einer schmerzhaften, chronischen Erkrankungen ihres Vierbeiners entgegenwirken wollen, empfiehlt Steiner, den Welpen bis ins Alter von 12 bis 18 Monaten zu schonen und auf das Gewicht des Hundes zu achten.

Knochenkrebs und Augenlider

Wie viele andere Rassehunde erkranken auch Bernhardiner oft an Knochenkrebs. Auch diese Krankheit sei auf Überzüchtung zurückzuführen, sagt Gilles Steiner. Aus seiner Sicht sei deshalb eigentlich eine Auffrischung des Genpools nötig. Eine Spitzenzucht, die nur von wenigen Tieren Gebrauch mache, fördere die einschlägigen Krankheiten.

Ein weiteres durch die Zucht verursachtes Problem betrifft die Augenlider der Bernhardiner. Durch die Überzüchtung der Rasse kommt es häufig vor, dass Hunde hängende Lider ausbilden, was das Auge schädigen kann. Hängelider müssen operativ korrigiert werden.