Westschweizer Medien haben kürzlich das Thema übertriebener Margen im Detailhandel wieder aufgenommen. Basierend auf gehackten Daten aus dem Darknet wurde berichtet, dass Migros und Coop deutlich überhöhte Margen auf Milchprodukten haben sollen. Schon länger Kritik in dieser Sache gibt es vom Schweizer Tierschutz STS, der eine Querfinanzierung billiger Produktlinien über Labelware vermutet. Uniterre fasst die «Absurdität des heutigen Systems» in einer Mitteilung folgendermassen zusammen: «Es lässt Bäuer(innen) ausbluten und erlaubt es anderen, sich auf dem Rücken der Konsument(innen) zu bereichern». Würden Coop und Migros ihre soziale Verantwortung wahrnehmen und ihre Gewinnspannen senken, könnten Produzenten besser entlöhnt werden, ohne dass dadurch die Konsumentenpreise steigen, ist die Bauerngewerkschaft überzeugt.
Forderung nach einer Liste
Die vorherrschende Stellung der Detailhändler führe zu ungleichen Verhandlungspositionen und zu einem inakzeptablen Mangel an Transparenz innerhalb der Lebensmittelkette, fährt Uniterre fort. Nicht selten seien auch Sammel- und Verarbeitungsstellen in der Hand des Detailhandels. Im Zuge der Umsetzung der Erklärung zum Schutz der Rechte von Kleinbäuer(innen) sei daher eine Liste mit illoyalen und illegalen Handelspraktiken zu erstellen.
Verbote gibt es schon im Ausland
Nach Meinung von Uniterre sollte mit dieser Liste ein Verbot dafür eingeführt werden, Lebensmittel unterhalb der Herstellungskosten einzukaufen – unabhängig davon, ob sie aus Produktion oder Verarbeitung, von kleinen oder mittleren Betrieben stammen.
In Spanien oder Italien sei solches Verbot bereits gesetzlich verankert. Das ermögliche eine Anpassung der Produktionskostenentwicklung, dass Bäuer(innen) oder Konsument(innen) unlautere Handelspraktiken aufdecken können und schaffe Transparenz über die Gewinnspannen entlang der Wertschöpfungskette.
Es gäbe eine rechtliche Grundlage
«Direktzahlungen dürfen nicht länger dazu dienen, skandalös niedrige Preise zu rechtfertigen, von denen nur die Detailhändler profitieren», findet die Bauerngewerkschaft. Während Europa grosse Fortschritte mache, hinke die Schweiz hinterher.
Dabei habe die Schweiz 2018 der Erklärung zum Schutz der Rechte von Kleinbäuer(innen) (Undrop) zugestimmt. Darin werden unter anderem Staaten dazu verpflichtet, mit den erforderlichen Massnahmen sicherzustellen, dass nicht-staatliche Akteure wie etwa Unternehmen diese Rechte achten und stärken. Zu den Rechten gemäss Undrop gehören:
- Das Recht auf Informationen, sogar wenn diese momentan unter dem Schutz des Geschäftsgeheimnisses stehen.
- Das Recht auf freie und aufgeklärte Beteiligung an allen Entscheidungen und Projekten, die Bäuer(innen) betreffen.
Es wäre die Verantwortung der Politik
Die Schweizer Politik verhalte sich mit der offiziellen Zustimmung zu Undrop und ihrem Handeln in der Realität widersprüchlich, heisst es bei Uniterre weiter. Denn man unternehme nichts, um sie umzusetzen. Es sei an der Zeit, dass Gesetze erlassen werden, um die Transparenz und effektive Beteiligung sowohl der Landwirt(innen) als auch der Konsumentenschaft an der Ernährungspolitik zu gewährleisten. Uniterre sieht hier die Politik in der Verantwortung.
Uniterre stellt die rhetorische Frage, ob Migros und Coop nicht Handelsunternehmen mit Sitz in der Schweiz wären. «Wir erwarten vom Bund, dass er Massnahmen ergreift, um die Erklärung über Rechte von Kleinbauern und -bäuerinnen vollständig umzusetzen», so die Forderung.