Agroforst hat in der Schweiz Tradition: Die Wytweiden im Jura, Kastanienselven im Tessin oder der Feldobstbau gehören zu den traditionellen Agroforstsystemen. Unter Agroforst versteht man die Kombination von Gehölzen wie Sträuchern und Bäumen mit Ackerbau oder Viehhaltung auf derselben Fläche.
Moderner Agroforst noch nicht verbreitet
Vom traditionellen lässt sich der moderne Agroforst unterscheiden. Bei diesem werden beispielsweise Nussbäume in Reihen zusammen mit Getreide angebaut. Auch Gemüse und Obst kann so kombiniert werden. Sonja Kay von Agroscope sprach an einer Online-Tagung der IG Agroforst von einem kleinen Agroforst-Boom in der Schweiz. Allerdings sind die praktischen Erfahrungen damit in der Schweiz noch gering. Hier setzt mit ihrem Wissensaustausch auch die IG an.
Verschiedene Kombinationen
Agroforst-Systeme sind äusserst vielfältig. Sie lassen sich aber grob in folgende Kategorien gliedern:
Systeme: Bäume mit Ackerkulturen
Systeme: Bäume mit Tierhaltung
Systeme: Bäume mit Ackerkulturen und Tierhaltung
Aber wozu Agroforst? Für die Landwirtinnen und Landwirte kann ein Agroforst-System der Diversifikation dienen. Statt «nur» eine Ackerkultur können zum Beispiel zusätzlich Nüsse und Früchte oder auch Wertholz geerntet werden. Zusätzlich soll das System eine positive Umweltwirkung aufweisen.
Positive Nebeneffekte von Bäumen
So fördern die Bäume die Biodiversität und bieten unter anderem Vögel oder Insekten Lebensraum. Aber sie schützen mit ihren Wurzeln auch den Boden vor Erosion und können je nach Standort dank des Mikroklimas gar das Wachstum von Ackerkulturen positiv beeinflussen. So können Bäume den Wind bremsen und damit mehr Feuchtigkeit auf dem Acker belassen, was gerade in Zeiten des Klimawandels ein Vorteil ist.
Agroforst bringt Arbeit
Allerdings birgt das System auch Nachteile. So ist einerseits der Initialaufwand mit dem Pflanzen der Bäume hoch. Andererseits sind die Bäume auf der Fläche ein Hindernis, die Maschinen auf dem Feld müssen vorsichtig bedient werden, um nicht die Bäume zu schädigen. Zudem müssen die Bäume gepflegt werden, was einen grösseren Arbeitsaufwand bedeutet.
Netzwerk für den Agroforst
Die IG Agroforst hat zum Ziel, Wissen rund um Agroforstsysteme zu erarbeiten und den Austausch zwischen Landwirten, Beratern und Experten zu fördern. Zudem will sie das Wissen um die traditionellen Agroforstsysteme bewahren und neue Erkenntnisse dazu gewinnen. Lanciert wurde die IG 2011 von Agridea. Die Jahrestagung wird gemeinsam vom Agridea, ZHAW und Agroscope organisiert. Weitere Infos gibt es unter www.agroforst.ch
70 Bäume in zwei Wochen gepflanzt
In der Schweiz liegt die Fläche von modernem Agrofrost aktuell bei rund 200 Hektaren. Ein Bauer, der den Schritt gewagt hat, ist Martin Venzin vom Bio-Hof Wolfenberg in Lufingen ZH. Seine neue Anlage umfasst rund 70 Bäume, die er zusammen mit seinem Sohn im Oktober 2019 mithilfe eines Erdbohrers gesetzt hat. Zwei Wochen dauerte das Ganze. Am meisten Arbeit machte dabei der Schutz vor Mäusen in Form von verzinkten Gittern um die Wurzelballen. Der Aufwand lohnte sich jedoch, bisher hat er keine Mäuseschäden zu verzeichnen.
Die Passanten sind begeistert
«Am Anfang sieht man nur die Arbeit, dann aber das ganze Bild, das man erreicht hat», sagt Venzin. Ihm war es auch darum gegangen, die Landschaft vielfältiger zu gestalten. Er erwähnt dabei neben den immer gleichen Feldern ohne Baumbestand auch die Bauweise in Lufingen mit unzähligen, gleich aussehenden Häusern. Er habe denn auch viele positive Rückmeldungen aus der Bevölkerung erhalten, sagt Venzin. Bereits beim Setzen der Bäume seien Passantinnen und Passanten auf ihn zugekommen, was viele gute Gespräche gebracht habe.
Pilze machten Probleme
Gesetzt hat er, je nach Standort, verschiedene Baumarten wie Sommerlinden, Bergahorn oder Wildäpfel. Als Unterkultur baut er unter anderem Wintergerste an. Die Ackerbaufläche hat 60 bis 70 cm Abstand zu den Bäumen. Venzin setzt auf den pfluglosen Anbau, zum Einsatz kommt ein Flachgrubber.
Langfristige Erfahrungen fehlen noch, aber noch rund einem Jahr zeigt sich Venzin mit dem bisher Erreichten zufrieden. Die Bäume sind bis auf Schadpilzprobleme bei Nussbäumen gut gewachsen und auch die Ernte lief – abgesehen vom Mehraufwand beim Heuen – gut.
Das Ressourcenprojekt «Agro4esterie»
An der Jahrestagung stellte Johanna Schoop von Agridea das Westschweizer Ressourcenprojekt «Agro4esterie» vor. Es will moderne Agroforstsysteme fördern und die Landwirtinnen und Landwirte bei der Umsetzung unterstützen. Durch die Systeme sollen Ressourcen geschützt und die Biodiversität gefördert werden. Die Projekte sollen für die Bäuerinnen und Bauern aber auch wirtschaftlich interessant sein. Zudem sollen neue Erfahrungen für Agroforst in der Schweiz gesammelt werden. Die Landwirtinnen und Landwirte zeigten sich sehr interessiert, wie Johanna Schoop erklärte. So waren ohne grosse Werbung innert kurzer Zeit rund 120 Betriebe mit 890 Hektaren dabei. Erste Pflanzungen fanden 2020 bereits statt. Die Projektdauer beträgt 6 Jahre, das Monitoring wird über 8 Jahre geführt.