Im Auftrag des Parlaments arbeitet der Bundesrat derzeit an einer Revision der Pflanzenschutzmittel-Verordnung (wir berichteten). Die Vernehmlassung dazu ist abgeschlossen und wird derzeit ausgewertet. Zu den Kernpunkten der Revision gehört ein Angleichen des Schweizer Rechts an jenes der EU: «Wirkstoffe sollen hierzulande als genehmigt gelten, wenn sie es in der EU sind», schreibt der Bundesrat, wobei Ausnahmen möglich blieben. Auch sollen PSM erleichtert zugelassen werden können, wenn in einem EU-Mitgliedstaat ein identisches Mittel bewilligt ist.
Haltung «nach wie vor sehr kritisch»
Dem Parlament gehen diese Anpassungen offenbar zu wenig weit. Neben der Motion, die der Bundesrat mit obiger Revision erfüllen will, hat die Wissenschaftskommission des Nationalrats (WAK-N) eine weitere Vorlage in die Vernehmlassung geschickt. Sie gehört zur Anfang Jahr angenommenen, parlamentarischen Initiative (Pa. Iv.) unter dem Titel «modernen Pflanzenschutz in der Schweiz ermöglichen». Auch sie will die Übernahme von Zulassungsentscheiden aus der EU und deren Mitgliedstaaten sicherstellen. «Die Kommission ist zu dem Schluss gekommen, dass die Haltung des Bundesrats zum Kernanliegen dieser Pa. Iv. nach wie vor sehr kritisch scheint», heisst es im erläuternden Bericht der WAK-N.
Später koordinieren
Eine Mehrheit der Kommissionsmitglieder sei deshalb der Meinung, dass das Parlament jetzt «die Federführung im Gesetzgebungsprozess» übernehmen sollte. Man gehe davon aus, dass eine Koordination mit der Umsetzung der Totalrevision der PSM-Verordnung auch zu einem späteren Zeitpunkt noch möglich ist.
Maximal 12 Monate bis zur Zulassung
Der Vorschlag der WAK-N strebt eine Änderung im Landwirtschaftsgesetz an: Genehmigungen und Zulassungswiederrufe von Wirkstoffen sollen zur gleichen Zeit wie in der EU erfolgen. Ein maximal 12 Monate dauerndes, vereinfachtes Verfahren soll für PSM möglich sein, die in an die Schweiz grenzenden EU-Mitgliedstaaten, den Niederlanden oder Belgien zugelassen sind. Bei diesen müsse, so die WAK-N, lediglich das Risiko für jene Bereiche in der Schweiz beurteilt werden, für die es hierzulande abweichende rechtliche Bestimmungen gibt. «Mit dieser Einschränkung ist sichergestellt, dass die betroffenen PSM für ähnliche landwirtschaftliche Bedingungen wie in der Schweiz beurteilt wurden.»
Vorgaben aus dem Ausland anpassen
Um für die Anwender(innen) möglichst einheitliche Vorschriften zu schaffen, seien die Vorgaben (z. B. zum Gewässerabstand) zu vereinheitlichen. Sähe ein EU-Mitgliedstaat bei einem PSM 5 Meter als Minimalabstand vor, würde dies auf 6 Meter angepasst, um ins hiesige System mit entweder 6, 20, 50 oder 100 Metern vorgeschriebener Distanz zu passen.
«Zahlreiche problematische PSM»
Es gibt zum Umsetzungsvorschlag der WAK-N diverse Minderheitsanträge. Einige Kommissionsmitglieder wollen demnach überhaupt nicht auf die Vorlage eintreten. Sie befürchten, dass durch die Neuerungen «zahlreiche problematische PSM» auf den Schweizer Markt kommen. Dies, ohne eine angemessene Möglichkeit zu haben, die von ihnen ausgehenden Risiken beherrschen zu können. Andere Minderheiten verlangen, Zulassungen aus Belgien und den Niederlanden nicht als Basis für das vereinfachte Verfahren hierzulande anzuwenden.
Die Vernehmlassung zu dieser Pa. Iv. dauert bis Anfang Dezember 2024. Anschliessend folgt die Beratung im Parlament und die Anpassung des Landwirtschaftsgesetzes.