Agrarökologie klingt vielversprechend und verspricht auch viel. Dass dieses Konzept einen wichtigen Beitrag zur nötigen Transformation von Landwirtschaft und Ernährung leisten kann, wird von verschiedenen Seiten bestätigt. Die Schweiz setze sich aussenpolitisch stark für die Agrarökologie ein, schreiben die Verantwortlichen einer Petition auf Campax:
- Man unterstütze das 10-Jahres Programm zur Förderung nachhaltiger Konsum- und Produktionsmuster von FAO und UNEP.
- Man Beteilige sich aktiv am Aufbau einer Plattform zu agrarökologischen Ansätzen in der internationalen Agrarforschung.
- Die Mehrheit der von der Schweiz international unterstützten landwirtschaftlichen Forschungsprojekte sollen gemäss einem Bericht von Biovision ein agrarökologisches Element enthalten.
- Am UNO-Ernährungsgipfel habe sich die Schweiz für einen Kurswechsel auf Basis agrarökologischer Grundsätze eingesetzt.
- Bundespräsident Guy Parmelin habe am Gipfel betont, es brauche neben technologischen Innovationen auch gesellschaftliche und politische, z. B. in der Zusammenarbeit von Konsument(innen) und Landwirt(innen).
- Die Schweiz sei einer der ersten Staaten in einer neuen Koalition, die agrarökologische Forschung, Politik und Investitionen fördern will.
«In der Schweizer Politik ist dieses klare Bekenntnis zur Agrarökologie aber noch nicht angekommen», schliesst der Aufruf auf Campax. Wer sich der Forderung an Bundesrat und Parlament anschliessen und mehr Agrarökologie im Inland (als Ziel in der Agrar- und Ernährungspolitik und zur Ausrichtung von agrarpolitischen Instrumenten) verlangen will, kann die Petition online unterzeichnen.
Ein offenes, umfassendes Konzept
Was genau eine Ausrichtung auf Agrarökologie heisst, ist nicht so einfach zu beantworten, denn eine kurze und konkrete Definition für Agrarökologie ist schwer zu finden. Sie wird unterschiedlich aufgefasst und umgesetzt, in jedem Fall geht es aber um eine nachhaltige und ökologische Landwirtschaft, wobei auch soziale Aspekte wichtig sind. Biovision orientiert sich an 13 Prinzipien, die in einem Interview am Beispiel des Katzhof im luzernischen Richenthal beispielhaft erläutert werden:
- Kreisläufe schliessen (z. B. hofeigener Dünger)
- Bodengesundheit (z. B. bodenschonende Maschinen)
- Tiergesundheit (z. B. dank angepasster Fütterung bzw. der richtigen Rassen je nach Standort)
- Biodiversität (z. B. dank kleinräumigen Strukturen)
- Synergien nutzen (z. B. die Zusammenarbeit unter Bäuerinnen und Bauern)
- Vielfältige Betriebe (z. B. Diversifizierung des Angebots)
- Gemeinsam Wissen erarbeiten (z. B. in Arbeitskreisen)
- Ernährungsgewohnheiten anpassen (z. B. reduzierter Fleischkonsum)
- Fairness (z. B. in der Preisgestaltung)
- Einbindung von Produktion und Konsum (z. B. in einer Solidarischen Landwirtschaft)
- Natürliche Ressourcen erhalten (z. B. regionales Holz)
- Partizipation (z. B. Mithilfe von Konsumenten)
Biovision sieht in Agrarökologie auch eine Möglichkeit, mit dem fortschreitenden Klimawandel umzugehen:
[EXT 1]
Das Konzept Agrarökologie ist übergreifend, Biolandbau gehört ebenso dazu wie Agroforst und Solidarische Landwirtschaft. Entsprechend ist ein Bekenntnis zur Förderung der Agrarökologie im ersten Moment wenig greifbar – und man kann ihr viel Bestehendes zuordnen.
Der Bundesrat sieht schon viel Agrarökologie
2017 stellte die heutige Ständerätin Adèle Thorens Goumay (Grüne / VD) dem Bundesrat die Frage, wie man das Potenzial von Permakultur und Agrarökologie in der Schweiz am besten nutzen könnte. In seiner Antwort wird klar, dass der Bundesrat viele Teile der Schweizer Agrarpolitik in diesem Zusammenhang sieht.
«Agrarökologie spielt in der Schweizer Landwirtschaft eine zentrale Rolle und wird mit verschiedenen agrarpolitischen Instrumenten gezielt gefördert», schreibt der Bundesrat. Als Beispiele nennt er den ÖLN, Ressourceneffizienzbeiträge und verschiedene Projekte in der landwirtschaftlichen Forschung, die Grundlagen für die bessere Nutzung agrarökologischer Praktiken erarbeiten sollen. Bei der praktischen Umsetzung seien Ressourcenprojekte zentral, mit denen regionale Projekte unterstützt werden.
Es geht weiter
Die Agrarökologie ist also aus Sicht des Bundesrats längst in der Schweizer Agrarpolitik angekommen. Angesichts diverser Krisen und lang bestehender Probleme (z. B. Rückgang der Biodiversität, Klimawandel, tiefe Produzentenpreise, fortschreitender Strukturwandel, hohe Arbeitsbelastung der Landwirtinnen und Landwirte usw.) gilt es aber, dranzubleiben. Vielleicht könnte die Campax-Petition die Regierung daran erinnern.
Informationen, Definitionen und Praxisbeispiele aus aller Welt finden Sie im Agroecology Info Pool von Biovision (auf Englisch).