Phosphor ist ein wichtiger Bestandteil von Pflanzendünger. In der Natur kommt Phosphor gebunden als Phosphat vor. Aber auch in der Abfallwirtschaft fällt Phosphor an, Klärschlamm zum Beispiel enthält grosse Mengen davon. Seit 2006 ist der direkte Einsatz von Klärschlamm wegen der möglichen Belastung mit umweltschädigenden Reststoffen als landwirtschaftlicher Dünger verboten. Er wird verbrannt, deponiert oder kommt in die Zementproduktion. Das wird sich allerdings bald ändern, denn ab 2026 ist die Rückgewinnung des im Klärschlamm enthaltenen Phosphors gesetzlich vorgeschrieben.
Klärschlamm-Trocknung in der Ostschweiz
In der Ostschweiz haben sich vor 15 Jahren die Obstverwertung Landi Aachtal, der Zweckverband Abfallverwertung Bazenheid (ZAB) und der Abwasserverband Altenrhein (AVA) zur Klärschlamm-Interessensgemeinschaft Ost (KIGO) zusammengeschlossen, um die Klärschlammentsorgung in der Ostschweiz zu koordinieren. Aktuell sind die Verbände daran, das Phosphorrecycling gemeinsam zu forcieren.
Der ZAB sammelt bereits seit mehreren Jahren Erfahrung mit der Phosphorrückgewinnung. Im sankt-gallischen Bazenheid soll die aus dem Mineralisierungsprozess anfallende Asche mit einem nass-chemischen Verfahren biologisch aktiviert, getrocknet und granuliert werden. «Ziel ist es, ein Produkt herzustellen, welches den handelsüblichen Dünger ersetzen kann», sagt der Vorsitzende der Geschäftsleitung des ZAB, Claudio Bianculli. Das Verfahren hat die Labor- und die Pilottests erfolgreich abgeschlossen und ist technisch erprobt.
Start ab 2022
Aktuell erfolgt die technische Planung, damit die Unterlagen für das Baugesuch erarbeitet werden können. «Wenn alles rund läuft, sollen ab 2022 beim ZAB die entsprechenden Anlagen in Betrieb genommen werden», stellt Claudio Bianculli in Aussicht. Geplant ist eine Betreibergesellschaft mit den Partnern Tiermehl Extraktionswerk AG, der Landi Aachtal und dem Abwasserverband Altenrhein.
Bianculli geht davon aus, dass pro Jahr rund 20 000 Tonnen Endprodukte mit einer Phosphordüngerkomponente produziert werden können. Diese setzen sich aus der Summe von 25 000 Tonnen Klärschlamm-trockensubstanz und rund 10 000 Tonnen Tiermehl zusammen. «Wichtig ist, dass qualitativ und bezüglich Granulierung ein homogenes Produkt hergestellt werden kann», betont Bianculli. Denn auch der Phosphor aus Klärschlamm enthält Spurenelemente wie Zink und Kupfer, weist jedoch bei Cadmium wesentlich tiefere Werte auf als die handelsüblichen Industriedünger. Zudem müssen die Pflanzen den recycelten Phosphor aufnehmen können.
«Pyrophos» in Altenrhein
Parallel zu den Aktivitäten des ZAB wird beim Abwasserverband Altenrhein (AVA) seit einigen Jahren ein alternativer Aufbereitungsweg verfolgt, bei dem Phosphor aus Klärschlamm zurückgewonnen wird. Geschäftsführer Christoph Egli sagt, man sei immer noch in der Pilotphase und es werde bis zum Projektabschluss noch einige Zeit dauern. Das Projekt trägt den Namen «Pyrophos», hergeleitet aus den beiden Begriffen Pyrolyse (Umwandlung) und Phosphor.
Daran beteiligt sind der AVA, die Fachhochschule Nordwestschweiz, die Firma CTU aus Winterthur, das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) und die Landor. Ähnlich zum Verfahren des ZAB wird der Klärschlamm thermisch behandelt, allerdings erst unter Sauerstoff-limitierenden Bedingungen. Auf diese Weise kann der Phosphor bereits im frühen Verfahrensstadium bioverfügbar gemacht werden. In der Nachverbrennung fällt nebst dem phosphathaltigen Produkt Energie in Form von Wärme an, welche für den Eigengebrauch und im lokalen Fernwärmenetz verwertet werden könnte.
Priorität bei Synergie-Projekt
Christoph Egli betont, es sei sinnvoll, dass die Stossrichtung im KIGO-Verbund, in dem auch der AVA vertreten ist, prioritär am Standort Bazenheid liege. Er sagt: «Das Synergie-Projekt beim ZAB birgt unter anderem durch die bestehende Anlagetechnik diverse Standortvorteile.» Für Bazenheid spreche zudem die Nähe zur Tiermehlfabrik. Beim Tiermehl besteht ebenfalls die Pflicht zur Phosphorrückgewinnung ab 2026. Egli kann sich aber durchaus vorstellen, Erkenntnisse aus Pyrophos in das Verfahren des ZAB einfliessen zu lassen und dass sich die beiden Verfahren im Verbund mittel- oder langfristig ergänzen könnten.
Geplant ist noch in diesem Jahr die Gründung einer Aktiengesellschaft «P-AG». Diese soll sich laut Egli der Vermarktung des mineralisierten Produkts annehmen. Aktionäre werden die KIGO-Partner und die Tiermehlfabrik sein. Der Schweizer Phosphordünger wird vermutlich teurer sein als Importdünger, dafür aber sauberer, sprich weniger mit Schadstoffen wie z. B. Cadmium oder Uran belastet. Egli sagt dazu: «Bei unseren Bestrebungen zur Phosphorrückgewinnung stand und steht stets das Produkt ‹Dünger› und dessen Produktqualität im Vordergrund.»